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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 190
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No. 190

Samstag den 13. August,

1842.

Tagsbcricht.
Carlsruhe, 12. Aug. Nachrichten aus Badenwei'ler zufolge wird
Ihre königl. Hoh. die Großherzogin nächster Tage wieder dahier eintrcf-
fen, und wir dürfen daher der Hoffnung leben, am 15. d., dem Geburts-
tag Sr. Hob. des Erbgroßherzogs, unsere allverehrte Regentenfamilie wieder
in unserer Mitte zu sehen. Es werden indeß wie wir vernehmen, zur Feier
dieses Tages, an dem der Pn'nz in das 19. Lebensjahr treten wird, keiner«
lei Hoffeste stattfinden, da es der Wille unserer höchsten Herrschaften sein soll,
das Geburtsfest des geliebten Sohnes im stillen Familienkreise zu begehen.
Carlsruhe, IO. August. Gestern Abend um 9 Uhr sind Seine Kö-
nigliche Hoheit der Großberzog, in Begleitung Ihrer Hoheiten des Erb-
großherzogs und des Prinzen Friedrich, von Badenweiler im besten Wohl-
sein wieder vier eingetroffen.
München, 8. Aug. Das eherne Standbild Mozarts ist ge-
stern Morgens 8 Uhr auf geschmücktem Wagen nach seinem Bestim-
mungsort Salzburg aus der hiesigen k. Erzgießerei abgeführt worden.
— Seit einigen Tagen befindet sich der Abbö Baillard aus Sion-
Baudemont in Frankreich als Abgeordneter der Schulbrüder der soge-
nannten „trores ixnorantin»" dahier, um über Einführung desselben
religiösen Institutes in Baiern zu unterhandeln. Die „kreres ignoran-
Uns", an deren Spitze Priester als Lehrer und Direktoren stehen, le-
ben mit diesen in klösterlichem Verbände, und ertheilen unter deren
Oberaufsicht und Leitung der Jugend Unterricht. — Als zu!
Berlin, 5. August. Die Hoffnung der hiesigen Lehrer, daß ih-
nen dieselbe Vergünstigung zu Thcil würde, welche den Aerzten und
Naturforschern rc. gestatte! ist, sich nämlich alljährlich zu versammeln,
um durch Vorträge die Sache des Volksschulwcsens zu fördern und
zugleich in dem Verkehr mit entfernteren Standesgenossen Anre-
gung und Belehrung zu finden, ist leider vereitelt worden. Nachdem
nämlich der in der vorbereitenden Versammlung erwählte Vorstand,
an dessen Spitze der Seminar-Direktor Diestcrrveg steht, zuerst beim
Polizeipräsidium und dann beim Provinzial-Schul Collegium die Er-
laubniß zu der erwähnten Versammlung vergeblich nachgesucht, hat er
vom Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medicinalangclegen-
heilen den Bescheid erhalten, daß dem Gesuch aus mehrfachen G>ün-
deu keine Folge gegeben werden könne. Unsere Schulmeister müssen
doch gar gefährliche Leute scin, daß man ihnen, die überdies nicht all-
zuviel Freuden auf E den haben, den kleinen Spaß nicht erlaubt!
Freilich in einer Versammlung von mehreren Hundert Männern können
leicht Sachen zur Sprache kommen, von denen man nicht gerne laut
reden Hort. Andererseits aber ist die Entscheidung der Behörden ge-
rade nicht geeignet, die armen Leute zu gewinnen und freundlich zu
stimmen.
Dres-cn, 5. August. Die immer noch anhaltende Dürre droht
nach und nach immer mehr zur allgemeinen Kalamität zu werden. Ein
neulich eingetretener leider nur einen Tag andauernder Regen hatte die
Erde, mehrere Ellen tief gänzlich ausgedörrt ist, nur wenige
Zoll hinein angeseuchtet. Der Futtermangel ist in einigen Gegenden,
z. B. rm Voigrlande, bereits so groß, daß schon seit längerer Zeit das
Vieh nur das halbe Futter erhält, viele Vieh-Eigcnthümer, nament-
lich die unbemittelten, ihr Vieh schlachten und um jeden Preis verkau-
kaufen, und selbst die bemittelsten und tüchtigsten Landwirthe dem künf-
tlgen Winter rathlos und mit Sorgen entgegensehen.
Hamburg, August. Den abgebrannten Grundbesitzern ist die
Steuer für die Jahre 1842 und 1843 erlassen worden und diejenigen,
welche sie schon vor den Brande bezahlt hatten, haben die Weisung be-
kommen, den Betrag wieder abzuholen.
Paris, 7. August. Eine periodische Zeitschrift schildert den Cha-
rakter des Herzogs von Nemours folgender Maßen. Die RegentS-
srage ist entschieden; diese hohe Stellung wird der Herzog von Nemours
etnnehmen und von jetzt an an der Spitze jener schönen und starken

Linie von Prinzen stehen. Sein Charakter wird jetzt hervorüeten und
sich heben. Hart in der Nähe des Herzogs von Orleans, den der
Thron erwartete, suchte der Herzog von Nemours mit einer Verle
nung und einem Takte, die ein großes Herz und einen großen 2
stand verkünden, sich von allen öffentlichen Angelegenheiten voll z
fern zu halten. In derselben Schule mit seinem Bruder gebildet, ww
er, reich an ernsten Studien und schönen Kriegcrthatcn, sah man ihn
nie, durch Eifersucht oder Eitelkeit getrieben, seinen Namen und seinen
Einfluß in die Interessen der Politik mischen. Der Herzog von Ne-
mours liebte seinen Bruder und wollte ihm nur dienen. Er besitz teinen
geraden, klaren Geist, eine rasche und sichere Urtheiiskraft, eine ein-
fache, gemäßigte Rednergabe, einen ruhigen Muth, tiefe Kenntnisse der
Kriegskunst, Liebe zu unfern Institutionen, Abscheu vor der Jntrigue
und der politischen Täuschung; diese Eigenschaften besitzt der Herzog
von Nemours, die bis jetzt mehr ahnen lassen, als er früher gezeigt
hat. Seine Nolle als ergebener Bruder ist beendet und die als poli-
tischer Prinz beginnt.
— Den 9. August. Die Deputirtenkammer hat gestern die Wahl
ihrer Secretäre completirt; von den vier Secretären gehören drei zur
conservaiiven Partei. Nachdem somit das Bureau der Kammer consti-
tuirt war, überließ Laffüte den Präsidentenstuhl an Tanzet. Beide,
der Alterspräsident und der gewählte Präsident, hielten Reben an die
Kammer. Laffüte, indem er von dem Tode des Herzogs von Orleans
sprach, brauchte einen Ausdruck, der mit Murren aufgenommen wurde.
Er meint nämlich, der politische Glaube des Landes (der Glaube an
die Dauer der Juliinstüutionen) sei durch die Katastrophe vom 13. Juli
erschüttert worden. Sauzet suchte in seineiMcde über diese Besorgniß
zu beruhigen.
— Heute brachte der Conseilpräsident Marschall Soult den Gesetz-
vorschlag über die Regentschaft in die Kammer; das Projekt hat 6
Artikel; nach Inhalt derselben soll der König mit dem vollendet 18.
Jahre majorenn werden; die Regentschaft wird dem nächsten Verwand-
ten von der väterlichen Seile, der Anrecht auf die Krone hat (gui
investi lies clroits clo Is ro^sutö), und 21 Jahr alt sein muß, anver--
traut; der Mutter des minderjährigen Königs (sei sie Königin-Mutter
oder Prinzessin) verbleibt die Sorge für die Erziehung und die Vor-
mundschaft des Sohnes, vorausgesetzt, daß sie sich nicht wieder verhei-
rathet; in Ermangelung ihrer, geht das Recht zur Vormundschaft auf
die Königin-Mutter von väterlicher Seite über. — Der Gesetzvorfchlag
wird gedruckt und vertheilt.
— Nach der Aussage wohlunterrichteter Personen erfreut sich der
König Ludwig Philipp gegenwärtig (in seinem 69. Jahr) der be-
sten Gesundheit; alle gegenteilige Gerüchte verdienen keinen Glauben.
— Die Minister des Innern, Hr. Duchatel, hat das Weingut
Lagrange bei Medoc um 743,500 Fr. an sich gekauft.
Tunis, 21. Juli. Eine türkische Fregatte, von einer englischen
Corvctte begleitet, mit einem türkischen Abgesandten an Bord, der be-
auftragt ist, dem Bep von Tunis das Ultimatum des Großherrn zu
überbringen, ist hier angckommcn. Die Hauptbedingungen desselben
sind: Der Bep, als Pascha der hohen Pforte, muß sogleich die fttzl in
der Türkei bestehenden Traktate in Vollzug setzen. Es müssen die Han-
delsmonopole aufgehoben werden und die regelmäßige» Truppen von
20,000 Mann auf 1500 herabgesetzt werden, welch letztere Zahl hin-
reichend sei zur Anfrechthaltung der Ordnung im Innern. Sollte der
Regentschaft Gefahr von Außen drohen, so macht sich der Sultan an-
heischig, sie durch seine eigenen Truppen zu beschützen. Der Bsp muß
jährlich über die Ein- und Ausnahme Rechenschaft ablegen; ein Wakil
(Abgesandter) der Pforte ist zu diesem Behufe bestellt. Der (Überschuß
muß nach Konstantinopel gesendet werden. Wie sich hatte erwarten
lassen, will der Bey nichts von diesen Bedingungen hören, und der
Tschausch kehrt unverrichteter Sache zurück.
 
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