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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 235
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https://doi.org/10.11588/diglit.32620#0955

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Tagsbericht.
Carisrulie. Die neu errichtete zweite Hauptlehrerstellc an der
katholischen Volksschule zu Schutterwald, Oberamts Offenburg, ist dem
Schulkandidaten Franz Joseph Lederle von Ortenberg, bisherigen
Unterlebrer daselbst übertragen worden.
— Der erledigte katholische Schul-, Meßner- und Organistendienst
zu Lippertsreutbe, Amts Ueberlingen, ist dem Hauptlehrer Romuald
Weiß zu Rietbeim, Amts Villingen übertragen, und dadurch ist der
katholische Schul-, Meßner- und Organistendienst zu Rietheim, Amts
Villingen, mit dem gesetzlich regulirten Diensteinkommen von 140 fl.
jährlich, nebst freier Wohnung u >d dem Schulgeld, welches bei einer
Zahl von etwa 40 Schulkindern auf 1 fl. jährlich für jedes Kind fest-
gesetzt ist, erledigt worden. Die Competenten um den letztgenannten
Schuldienst babtii sich durch ihre Vezirfs'chulvisitaturen bei der Bezirks«
schulvifftatur Villingen zu Dürbeim innerhalb 6 Wochen zu melden.
Stuttgart, 26. Sept. Die Verhandlungen des Zoll-Congress.'s
fl d zu Ende und die Abgeordneten reisen bereits ab. Die Resultate
des Congreffes kennt man im Publikum noch nicht mit Bestimmtheit;
doch schein, es, daß in Bezug auf den Zolltarif keine großen Verän-
derungen eintreten wrden.
Mainz, 2. Oct. Die gestern von Frankfurt auf der Taunus-
bahn bierher abgegaugenen k. k. österreichischen Truppen kamen nach
einer Fahrt von nicht mehr als 35 Minuten in Castel an, die
schnellste Fahrt, die auf der Taunusbahn dis jetzt statt hatte.
München, 30. Sept. Das heute erschienene k. Regierungsblatt
Nro. 36 enthält eine köni.,l. Allerhöchste Verordnung, die Einfüh-
rung von Handelskammern betreffend.
Strasburg, 1. Oct. Der hier versammelte Congreß der Ge-
lehrten ist im besten Gauge. Die überwiegende Mehrzahl find Fran-
zosen und Belgier; dock fehlt es auch an Italienern und Engländern
nicht. Von Deutschen sind viele, die man erwartet hatte, noch nicht
vier. Man vermißt ungern die aus den benachbarten deutschen Uni«
versuchen lehrenden berühmten Professoren; einige sollen noch kommen.
Die Stadt, dir B. Hörden, die Gelehrten, alle sind bemüht, das Fest,
das man hier feiert, aus die würdigste Weise zu begehen. Alle Ver-
anstaltungen tragen den Stempel des Anstandes, der Würde, selbst
der Großartigkeit.
Paris, 1. Oct. Man hat in der jüngsten Zeit bei dem Zollamt
zu Loulou große Unterschleife entdeckt, wobei mehrere französische Han-
delshäuser in so fern complicut sind, als es ihnen gelungen war, hoch-
stehende Zollbeamte in ihr Intensse zu ziehen und dadurch unrichtige
Declarationen als gültig durchzusetzen. Dieses Manöver soll schon
über flrben Jahre forkgesührl worden sein, so daß man die dadurch an
Eingangsrechten (meist auf Seivcnwaarcn) defeaudirtc Summe zu ei-
ner Million P d. St. berechnet.
— Die Minister waren heute versammelt, um Mittheilung von
Depeschen, die aus Madrid eingelaufen sind, zu erhalten. Es heißt,
die spanische Regixrnng besorge Unruhen für den Zeitpunkt der zu er-
klärenden Volljährigkeit der Königin Isabelle.
— Hr. Guizot hat die Ernennungsdccrete zu zwölf neuen franzö-
sischen Consulaten in Europa, dem Orient und Amerika unterzeichnet.
London, 29. Sept. Heute fand die Wahl eines Lord-Mayors
von London für das nächste Jahr statt. Concurenten waren: Alver-
man Wood und Albcrman Humphery; der letztere trug den Sieg
davon.
— Gestern hat sich ber Lord-Mayor in großem Cermoniell mit
Mehreren Bcaw.dn der Eity zu dem preußischen Gesandten, Ritter
Dunsen, begeben, um demselben die Urkunde des Bürgerbriefs zu
überreichen, welchen die Corporation der City von London Sr. Maje.
stat dem König von Preußen bei Gelegenheit von Allerhöchstreffen Be-
suche bei der Königin Victoria votirt hatte. Rach erfolgter Uebergabe

deS reich verzierten Dokuments fand eine Collition im Hause des
Herrn Gesandten statt, wobei der Lord-Mayor einen Toast auf Se.
Maj. den König auöbrachte, der mit wahrem Enthusiasmus ausgenom-
men wurde.
-- Herr Davidson, Verfertiger physikalischer Instrumente, hat auf
der Edinburg-Glasgow« Eisenbahn mir Bewilligung der Direktion
eine Reihe von Versuchen über die Anwendbarkeit dcö Elcktro-Mag-
netismus zur Fortbewegung von Elsenbahnzügen angestellt.
Die Maschine bestand aus sechs kräftigen Batterien, starken magnetischen
Drähten und drei großen Magneten, die an jedem der beiden rottirendeu
Cylinder befestigt waren, durch welche die Achsen ker Näder gehen.
Als man die Metallplatten IN die mit Schwefelsäure gefüllten Ka-
sten tauchte, wurde die schwere, 5 bis 6 Tonnen (90 — 100 Er.)
wiegende Maschine sofort in Bewegung gesetzt, und wenn dies auch
nicht mit reißender Schnelligkeit geschah, so ergab sich doch so viel»
daß dies neue Agens zur Fortbewegung auf Eisenbahnen anwendbar
sei. Eine merkwürdige Erscheinung hierbei war die Größe und der
Glanz der elektrischen Funken, welche die Thätigkeit der Maschine be-
gleiteten.
Marseille, 24. Sept. Gestern fiel in unserer Stadt wieder eine
der französischen katholischen Geistlichkeit so oft vorgeworf-me Intoleranz
vor. Der Schauchuler Darboville, ein geboraer Marseillcr, schon seit
20 Jadren der Liebling des Publikums, ein ausgezeichneter Komiker
UNV unbestritten der rechtschaffenste Mann von der Welt, siel vorge-
stern Morgen bU der Probe eines neuen Stückes piötzlich tvdt um.
Die katholische Geistlichkeit weigerte sich, demselben die gebührenden
letzten Ehren zu erweisen, ungeachtet aller drüige-iden Bitten der Fa-
milie, >o daß am Ende sich dieselbe an das hiesige protestantische Cos«
sistonum wendere, und dem katholischen Leichenzuge wirklich ein prote-
stantischer Prediger folgte, welcher am Grabe unter dem Zulaufe von
mchren tausend Menschen dem Verblichenen eine angemessene Leichen-
rede hielt. Die Entrüstung über dieses intolerante Benehmen ist in der
ganzen Stadt allgemein, und der ganze Scandal kann nur dem ka-
tholischen Priestcrfanatismus aufgebürvet werden. Wahrlich, durch
solche Handlungen entfremdet sich der Klerus immer mehr die Herzen
der neue» Generation.
Constantinopel, 7. Sept. In der Nacht vom 3 auf den 4.
Sept. bat einige Meilen von Constantinopel im Marmorameere ein
schwerer Unfall stattgefundcn. Während nämlich das Dampsboot „Cres-
cent" bei der finstersten Nacht von Smyrna nach Constantinopel fuhr,
stieß letzteres, ungeachtet wenige Augenblicke vorher seine Maschine
zu wirken aufgehört hatte, auf ein ihm entgcgenzekommeacs Segel-
schiff mit solcher Gewalt, daß dieses zertrümmert und niedergeführt
wurde. Augenblicklich ließ der „Crescent" seine Schaluppen ins Meer
nieder und kreiste über eine Stunde an jener Stelle, um die Mann-
schaft zu retten: leider waren alle Anstrengungen fruchtlos, da diese
sämmtlich, so wie das unbekannte Schiff von den Wellen verschlungen
wurden.
Ikom, 23. Sept. Berichte über das Unglück, welches durch das
Regenwetter überall angerichtet wird, gehen von allen Seiten ein; wohl
am schlimmsten ist es Faenza ergangen, wo der Fluß Amoac aus sei-
nen bohen Usern getreten, die ganze Landschaft verwüstet, viele Häuser
umgestürzt (in Faenza selbst achtzehn) und die schöne antike über drei
Bögen führende Brücke eingerissen hat, welche seit der Römerzeit al.
len Stürmen und Fluchen widerstanden, mit den Thücmen, die als
Stadtthor dienten.
In Ravenna, wo gerade Jahrmarkt gehalten wurde, nahmen die
Fluthen ihren Lauf über den Marktplatz, rissen alle Boutiken um und
schwemmten die Maaren mit hinweg. Wie viele Menschen ihren Tod
fanden, war noch nicht bekannt. Lugo, ein gewe'bleicher Ort, verlor
alle seine Mühlen und Räderwerke.
 
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