IVo. 1 Samstag, den 1. Januar. 1842,
Tagesbericht.
-j- Mannheim, 31. Dez. Die Freiburger und Oberdeutsche Zei-
tung brachten dieser Lage zwei, von demIFrcihcrrn von Andlaw an
Herrn Staatörath Nebenius erlassene Briefe zur Veröffentlichung,
deren» Inhalt höchst bemerkenswerth ist. In dem ersten vom 13. Dez.
d. I. datirten Briefe desavouirt Freiherr v. Andlaw die hie und da
ausgesprochene Vermuthung, daß er der Verfasser der vielbesprochenen
Broschüre: „Die katholischen Zustände Badens" sey; daß keines der
beigedrucuen Actenstücke mit seinem oder der Scinigen Wissen und Zu-
stimmung veröffentlicht worden; billigt indessen die in genannter
Schrift ausgesprochenen katholischen Gesinnungen. Dann
berichtiget er einige Punkte, die in Bezug auf ihn in Hrn. Nebenius
Gegenschrift angeführt sind, und welche gemachte Vorwürfe in Betreff
von Unterhandlungen und Forderungen, die Frhr. v. Andlaw an die
Nezieruug über kirchliche Gegenstände gerichtet haben soll, betreffen.
Dieses aber sey, behauptet Hr. v. Andlaw, Sache des Herrn Erzbi-
schofs gewesen. Der zweite, vom Mai 1839 datirte Brief betrifft gleich-
falls die entschiedene Zurückweisung des Vorwurfes, als habe Frhr.
v. Andlaw über kirchliche Gegenstände mit der Regierung Unterhand-
lungen gepflogen, gibt indessen über die ganze Sachlage zuwenig ge-
nauen Aufschluß, als daß wir den Brief selbst der Mittheilung werth
halten könnten.
M öskirch, 24. Dez. Vorgestern Nachmittag brach in der Woh-
nung des Bürgers Dominik Knittel hier Feuer aus und griff so schnell
um gch, daß nicht nur dieses, sondern auch noch drei anstoßende Häu-
ser von den Flammen verzehrt wurden. Menschen sind nicht dabei
verletzt und das Vieh gerettet worden.
Cöln, 25. Dez. Nach offiziellen Mittheilungen der oberen Be-
hörden soll unsere Zensur, und darunter auch die der politische» Blät-
ter, letzt in bedeutend gemilderter Weise geübt, und besonders den
Zensoren eine mehr gleichförmige Handhabung ihres Amtes zur Pflicht
gemacht werden.
Düsseldorf, 24. Dez. Vorgestern stürzte die für die Blondin'-
sche Kuiistrcitergcskllschaft im Bau begriffene Bretterbude auf dem Fried-
richsplatze zusammen, als man eben das Dach halb aufgesetzt hatte.
Bedeutende Unglücksfälle haben sich dabei nicht ereignet, wohl aber
sind einige Personen mehr oder weniger gequetscht worden.
— 23. Dez. Reisende, die heute Morgen mit dem Cölnischen
Dampfschiff hier anlangtcn, erzählten, daß in der verflossenen Nacht
zu Evln die Zuckerfabrik der HH. Schleus n er et Heck abgebrannt
wäre.
Paris, 28. Dez. Die Nedacteurs en-Chef der "unabhängigen
Journale haben eine Declaration in Betreff der Vcrurtheilung Dupo-
ty'e erlassen.
— Die Nedacteurs en Chef der unahängigen Journale von Paris
halten Versammlungen. Sie beschlossen einstimmig, daß ihre Blätter
bis zum Schluffe der Session keinen Bericht mehr von den Debatten
der Pairskammer erstatten sollen. Ferner kam man überein, daß in
den sechzehn Journalen, welche sich der Declaration der unabhängigen
Journalisten angeschlossen, der Name keines Pairs mehr angeführt
werden solle.
— Die drei zum Tode vcrurtheilten Mitschuldigen an dem Atten-
tat vom 13. Sept., Quenisset, Colombier und Brazier, haken
die Umwandlung ihrer Strafe in die der Deportation erlangt; man
hat es ihnen bereits angekündigt und sie sollen noch heute nach Mont-
Saint Michel abgesührt werden. — Ein Neffe Colombicrs, dem un-
vernünftige Leute in den Kopf gesetzt hatten, er werde auch noch in
den Prozeß verwickelt werden, Hai aus Angst seinem Leben ein Ende
gemacht. —
— Die Deputirtcnkammer wird beute ihren Präsidenten wählen;
bei Abgang der Post war noch nichts darüber entschieden.
— Der Herzog von Würtemberg ist in den Tuilerien angekoinmen.
— Baron James v. Rothschild ist zum Großoffizier der Eh-
renlegion ernannt worden.
Toulon, 21. Dez. Es findet in diesem Augenblicke eine große
Truppenbewegung zwischen Toulon und Algerien statt. Es treffen auch
mehrere Dampfboote Anstalten, Truppen an Bord zu nehinen. Es
heißt, die afrikanische Armee solle ganz nach dem Wunsch des General-
gouverneurs verstärkt werden, auf daß dessen Colonisationssystem in
Ausführung gebracht werden könne.
London, 25. Dez. Es ist so eben Nachricht eingegangen von
einem fürchterlichen Unglücksfalle, der sich am Morgen zuvor auf der
von London nach Bristol führenden „Great Western" Eisenbahn zuge-
tragen und acht Menschen das Leben gekostet hat; zwanzig Andere sind
zum Theil schwer verwundet worden. Da« Unglück wurde dadurch
veranlaßt, daß zwischen Twyford und Neading die Erde unter den
Schienen an einer Stelle gerade in dem Augenblicke nachgab, als der
Wagcnzug darüber hinfuhr.
— Man erfährt, daß unsere Regierung ernstlich damit umgebe, die
indische Post künftig über Triest und durch Deutschland gehen zu lassen.
Dies wäre ein neuer Beweis von dem Wunsche derselben, sich an Deutsch-
land enger anzuschließen, und beide Nationen durch ibre gegenseitigen Vor-
thcile miteinander zu verknüpfen. Cs sind wie man hört, Unte> Handlungen
im Gauge, damit besonders auf der Donau ein Verkehr zwischen un-
seren Kauflcuten und den österreichischen Staaten angeknüpft werde,
welcher nicht ohne wichtige Folgen bleiben dürfte.
Madrid, 21. Dez. Der französische Botschafter Hr. von Sal«
vandp, welcher sich seit 9 Tagen in Madrid befindet und bald wieder
nach Paris znrückrcisen soll, hat seine Ercditive noch immer nicht über-
reicht. Wahrscheinlich sogar wird er sie in seinem Portefeuille behal-
ten, wenn die französische Negicung ihm nicht andere Instruktionen
übersendet. Hr. von Salvandy hat seit seiner Anwesenheit bereits 5
Counere abgeschickt; der letzte ging diesen Abend um 6 Uhr ab; es
ist ihm eine Gratisication von 1000 Fr. versprechen worden, wenn er
Bayonne in 38 Stunden erreicht, was jetzt, wo alle Gebirge mit
Schnee bedeckt sind, sehr schwierig ist.
Brüssel, 26. Dez. Zu Herve wurden am 22. dieses Monats
beim Brande eines Bäckerhauscs mehrere Personen welche mit Weg-
bringung der Möbel beschäftigt waren, durch den Einsturz eines mit
Getraide und Mehl gefüllten Speichers begraben; vier derselbe» wur-
den todt und schrecklich verbrannt aus den Trümmern hervorgezogen.
St. Petersburg, 19. Dez. Unser dießjähn'ger Winter ist ei-
ner der merkwürdigsten, den wir seit langer Zeit gehabt. Während
wir im Dezember vorigen Jahrs um diese Zeit schon die strengste Kälte
und den schärfsten Frost hatten, der den ganzen Winter hindurch an-
hiclt, ist in unseren Stadtgärtcn an Schnee nicht zu denken, alle Ra-
senplätze sind noch grün, und überall sprossen Blümchen, so daß ich
heute, in einem Gärtchen aus Wassili Ostrow ein Sträußchen blühen-
der Gänseblümchen, schon halbaufgeblühtcr Primeln, Aurikcln nebst
dazugehörigen grünen Ablegern von Malven, Krauseinünze, Melisse,
Geißfuß gepflückt, und dasselbe in einem Nachen, wie im Mai, über
die vom Eise noch ganz freie Newa einer kranken Dame auf dein eng-
lischen Quai zugesandt.
Constantinopcl, f8. Dez. Die neuesten Nachrichten aus Ale-
xandria, welche die Pforte von ihrem Agenten erhalten hat, lassen
über das gänzlich passive Verhalten Mehemcd Ali's in Betreff der Kri-
sis in Syrien keinen Zweifel. Er sucht Alles zu vermeiden, was die
Verlegenheiten der Pforte unter den jetzigen Umständen vermehren könnte.
Auch hat er die hier vorgeschriebenen Sanüäts-Maßregeln als Norm
für Egypten angenommen.