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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 223
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No. 223. Mittwoch den 21. Septbr. 1842.

KßsLWMMWK LMZM äR.DOISW«IW«LM.
Bestellunqen auf diese Blätter für das mit dem t. Oktober beginnende Quartal wollen für hier und die nächste Umgegend bei der
Redaktion (Illt. ^ 7 nebelt den: Zweibrücker Hof) und auswärts bei den betreffenden Postämtern gemacht werden. Abon-
nementspreis das Vierteljahr mit Inbegriff der Postgebühren bei allen Postanstalten des Großherzog-
thnrns Baden ff. 1. LL kr.

LanDtagsverhKnSlLkngcn.
Carlsruhc, 7. September. 6t. öffentliche Sitzung der zweiten Kammer.
(Fortsetzung.)
Welcher. Ich befinde mich nach ruhiger Ucbcrlegung nicht im Stande, dem
Finanzgesetz meine Zustimmung zu geben. Ich thue dies nicht, um durch das Nein
von meiner Seite eine politische Demonstration zu machen. Ich thue es lediglich
darum, weil zwei Sachen meinerUebcrzeugung durchaus entgegen sind und zwar ein
Ausgabe- und ein Einuahmpostcn. Nach der ruhigsten Uebcrlegung konnte ich mich
niemals davon überzeugen, daß es von meiner Seite als Volksvertreter gut gehan-
delt wäre, weny ich zu dem Militärbudget, zu dieser außerordentlich vermehrten
Last, meine Zstimmung gäbe. Glauben Eie nicht, daß ich hierdurch dieser Kam-
mer, oder der Mehrheit derselben, meinen Freunden, eine» Vorwurf machen will.
Sie meinen cs wohl mit dem Lande, und habe» die Sache eben so gewiffciibaft er-
wogen, als ich. Sie thnn, was ihre Pflicht ist, und ich thue, was die mcinigc
ist, ohne den Gedanken eines Vorwurfs. Ich bin der festen Uebcrzeugung, daß diese
ungeheuere Vermehrung der Militärlast nicht blos, wie die Wnrtenibcrger sich aus-
gesprochen haben, auf die Länge drückender ist, als selbst der Krieg, sondern ich
bin vorzugsweise darum in der Lage, diese Last eine unglückselige zu nennen, weil
sie uns nicht nur keine stärkeren Veriheidigungskräfte bewährt, sondern weil sie die
Vcrthcidigungskräfic des deutschen Vaterlandes, also auch des Landes und des Thro-
nes von Baden schwächt. Neben dieser Ungeheuern Militärlast werden wir nicht im
Stande seine, noch die weitere Last ans das Land zu legen, eine Volkswehr zu
gründen, und ich bin überzeugt, daß wir in unserer besonderen Lage, und zumal
Frankreich gegenüber, nothwcnkig eine Volkswehr haben müssen. Vor allem bin
ich aber überzeugt, daß ein Corps von 16,000 Man» nicht dasjenige ist, was in
der Not!) die Selbstständigkeit des Throns und des Staats von Baden retten kann.
Hiezu bedarf cS wenigstens eines Corps von 30 — 40,000 Mann, welches eine
selbstständig? Macht begründet und erfolgreiche Unterhandlungen, mögluh macht.
Linicntrupen, verbunden mit Landwehr, sind dasjenige, was uns solche Selbststän-
digkeit verleiht, und für rie Berthcidigung des gesummten deutschen Vaterlandes ist
dies noch viel dringender. Durch die "Bewilligung eines solchen Ungeheuern Mili-
tärbudgets ist aber gerade die größere Vertheidigung unmöglich gemacht. Dabei
habe ich übrigens die innige Uebcrzeugung, die ich jcdo'ch hier nicht ausführen will,
daß die Bnndesgcsetze nicht so intrrprctcrt werden dürfen, als ob dies eine bleibende
Last sein soll. Auch batte ich nicht die Absicht, durch mein Nein, selbst wenn ich
so glücklich gewesen wäre, daß die Mehrheit der Kammer dieselbe Ansicht getheilt
hätte, feindselig gegen Regierung und Bund auwtreten. Ich wollte dann lieber,
daß die Sache zu "einer Verhandlung unserer Regicritz^ mit dem Bunde gemacht
worden, und im schlimmsten Fall zu einer buiideSschledsgerichtlichcn Entscheidung
gekommen wäre, gleichwie ich damals, als „ns die Preßfreiheit gegen die Verfas-
sung genouimcu wurde, lieber mir gefallen lassen wollte, was die Macht über uns
verhängte, als selbst mein Ja auszusprcchcn. Das war der eine Grund, warum
ich es nicht über mich gewinnen konnte, durch eine Bewilligung auch »och diese Last
auf das Land zu legen. Ein zweiter Grund beruht auf dem Einnahmengcsetz. Ich
bin der vollkommensten Ueberzeugung, daß die Zeit gekommen ist, wo wir in dem
«Staatshaushalt sparen müssen, und wo unser Volk mit Recht Erleichterung fordert.
000,000 fl. llcberschüffe gaben uns die Möglichkeit und legten uns auch zugleich die
Pflicht auf, dieses unser" Volk zu erleichtern, oder einen Anfang mit solchen Er-
leichterungen zu machen. Bei dem geringen Umfang von Rechten, welche die deut-
schen Kämmen, haben, bi» ich entschieden der Meinung, daß sie diese wenigen
Rechte nicht i« der Form von Wünschen in die Hände der Negierung legen, son-
dern solche selbst üben müssen. Dicß sind die beiden Gründe, aus denen ich nicht
ja sagen kann. Daher muß ich mich übrigens gegen eine Mißverständnis' verwah-
ren. Ich habe gesagt, nicht wegen einer politischen Demonstration, also nicht, um
auszusprechen, daß ich zu dem System der Herren Minister kein Vertrauen habe,
verweigere ich das Budget. Glauben Sie aber nicht, aus dieser Acußerung schlie-
ßen zu können, daß ich zu diesem System Vertrauen habe. Dies würde auch ganz
gewiß der Uebcrzeugung der großen Mehrheit der Kammer cntgegcnlaufen. Ich
bin wenigstens entschieden der andern Ansicht. Ein Ministerium, dessen vorzugs-
weise, einflußreiche Stimme sich so weit in der Politik, in Zeit, Ort und Mitteln
vergriffen hat, und so vielfachen Zwiespalt in das Land brachte, dessen Politik so
wenig konservativ und so wenig staatsmännisch ist, und Minister, die wenigstens
der einen Hanplstimme, wenn auch mit Widerwillen, sich anschloffen, nehmen mein
Vertrauen nicht M Anspruch. Die Staatsweishcit eines Staatsmannes, welche wir
hier >n diesem Saale mit dem gu„s ex« auftreten sahen, und welche nun so weit
banquerott ist, daß sie mit dieser Kammer nur durch Zeitungsartikel zu verhandeln

vermag, ist nicht eine solche, welche ich vertraue. Eine Staatsweisheit, welche
sccbst in diesen Zeitungsartikeln sich verthcidigt durch die Wiederholung der Grund-
sätze, die wir so oft hier hörte», welche die Grundsätze einer Stuartischcn und na-
poleonisch-despotischen Rechtlosigkeit der Bürger so weit ausdehnt, daß sic unbe-
dingt jedes Recht, welches selbstständig von Seiten der Beamten und der Bürger
geübt werden will, als eine Verletzung des monarchischen Prinzips erklärt, eine
Staatsweishcit, welche die verfassungsmäßige Verantwortlichkeit unserer Minister
gegen die Landesrepräsentation abläugnet, eine Staatsweishcit, die abermals das
Unglücklichste, was geschehen kann, versucht, nämlich die Entzweiung des Volks
mit der Krone, welche jede pflichtmäßigc Vertheidigung unserer Rechte gegen ein
ministerielles Spstcm als Angriff auf die geheiligten Rechte des Souveräns darzu-
flellcn vermag, welche die Minister wiederum unter den Schutz des unverantwortli-
chen Souveräns flüchtet, und die thcucre Unverletzlichkeit des Fürste» zu einer mi-
nisteriellen Unangreifbarkeit machen will, welche erklärt, daß ein Ministerium, auch
wenn es das Vertrauen des Volks verloren, das Land in's Unglück gebracht und
die Freiheit, so wie die konservativen Interessen gefährdet hat. doch nicht entlassen
werden dürfe, weil dies das monarchische Prinzip verletze; eine solche Staatswcis-
hcit sage ich, hat inein Vertrauen nicht, und ich lege ihr nicht das Geld der Un-
tcrthancn mit Vertrauen in die Hände. Ich stimme aber doch in anderer Bezie-
hung niit denjenigen Herrn, die bei der gleichen Gesinnung und Stimmung mit mir
aus andern Gründen die Steuern nicht verweigern. Ich kenne die Beschränktheit
und Gedrücktheit unserer deutschen Verhältnisse. Ich will den Feinden des konstitu-
tionellen Systems in diesem schwachen Zustande keinen Borwand verschaffen, um
Verletzungen gegen die Verfassung fortbcstehcn zu lassen. Meine feste Ueberzeugung
ist eS, baß, je gemäßigter wir in der Vertheidigung unserer Rechte auftreren, nur
so weniger die Verletzung dieser Rechte auf die Länge dauern kann, und darum
wollte ich mich mit meinem Nein nicht gegen das Ministerium erklären. Ich bin,
wie der Abg. V. Jtzstein, lebhaft von dem Wunsche durchdrungen, daß der Frieden
zurückkehrei, und acht konservativ unsere ganze Verfassung bestehen möge. Ich
wünsche einen Frieden, gegründet auf Recht. Wird dem badischen Lande nicht als-
bald dieses friedliche Recht, — die Freiheit bat dabei nichts zu fürchten, wohl aber
die Ruhe, die Ordnung und der Thron.
Finanzministcr v. Böckh. Die Ruhe und Ordnung werden erhalten werden,
meine Herren!
Junghanns. Wir stehen, wie bereits bemerkt wurde, am Ende eines langcu
Streites. Wir werden ihn nicht aufs Neue beginnen wollen. Nicht das System
der Minister ist cs, das uns bei Prüfung des Budgets geleitet hat. Hoch über dem
System der Personen, die der Regierung vorstchen, steht ja die Verfassung. Was
»ns bei der Prüfung des Budgets geleitet hat, war die Rücksicht, ob die einzelnen
Positionen durch die" Nothwcndigkcit geboten, oder ob sie wohlthätig für unser Land
scicn. Unter dem Einfluß dieser Rücksicht sind alle Positionen geprüft und auch an-
genommen worden, und sse ist der Grund, warum wir auch dem vorliegenden Fi-
nanzgcsetz unsere Zustimmung gebe» werden.
Gottschalk. Ich hoffte, daß vor der Annahme des Finanzgesetzes und vor
Bewilligung der Stenern von Seiten der Negierung die Zusage werde gemacht
werden, daß die Wünsche der Kammer, die gewiß auch die Wünsche des Volkes sinv
in Erfüllung gehen, und aus den ersparten Mitteln, von denen gestern die Rede
war, wenigstens die allcrdrmgendsten Bedürfnisse befriedigt werden sollen. Ich habe>
sage ich, von Seiten der Negierung erwartet, doch wenigstens den Schein einer sol-
chen Zusage zu erhalten. I» dem Vertrauen aber, daß die Negierung dennoch die
Wünsche, die in diesem Hause so oft widcrhallteir, deren Nealisinmg aber vielleicht
für den Augenblick ihrem politischen System nicht angemessen scheint, gleichwohl zur
Erfüllung bringen werde, bewillige ich die Steuern. Leicht hätte mein Gemüth ge-
stern auch hingerissen werden können, mit einigen der Mitglieder das Wort um
Herabsetzung der einen oder andern Steuer zu nehmen, allein ich will dcr Negie-
rung die Mittel nicht entziehen, solche Bauten, wie wir sie erwarten, auSjüführe»,
oder den gedrückten Lehrern aufzuhelfen. Der Abg. Knapp hat wohl gesagt, die
Gemeinden, welche Straßen wünschen, sollen ihrerseits auch Anerbietungen machen.
Ich betrachte aber die Sache von einem andern Gesichtspunkt und frage, ob die
Gemeinden deS Rheinthals und in seiner Gegend auf diese Weise behandelt worden
sind? Er kann setzt zufrieden sein, denn die Eisenbahn führt dahin. Den Abgeord-
neten Baffcrmaim erinnere ich daran, daß für den Hasen und den Handel in Mann-
heim schon viel von dem Staat verwendet worden ist. Ich gönne dies dieser Stadt,
wünsche aber auch, daß jener Gegenden, wovon wir gestern sprachen, mehr gedacht
werde. Deshalb und aus dem von dem Abg. v. Jtzstei» angeführten Gründen trete
ich dem Finanzgesetz bei, und spreche wiederholt mein volles Vertrauen aus, cs
 
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