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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 231
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No. 231.

Freitag den 30. Septbr.

1842.

Tagsbcricht.
GernMach, 27. Septbr. Heute früh kam Se. kaiserl. Hoh. der
Erzherzog Johann von Oesterreich von Rastatt her durch unsere Stadt,
dem Vernehmen nach, um sich nach Ulm zu begeben.
Achern, 24. Septbr. Gestern Nacht nach 9 Uhr langten die er-
sten Irren in der neuen Jrrenheilanstalt zu Jllenau an; eö waren die
von Heidelberg, und zwar 45 männliche 4 weibliche; 4 Aufseher ge-
leiteten sie.
Frankfurt, 28. Sept. Se. Durchs, der kaiserl. österr. Haus-,
Hof- und Staatskanzler Fürst v. Metternich nebst Gemahlin und
Gefolge sind gestern hier angekommen und im Gasthof zum „römi-
schen Kaiser" abgestiegen.
— Gestern Mittag wurden hier drei übel berüchtigte Subjecte, die
gegen 3 Uhr in einem Haus auf der Fahrgaffe einen Diebstahl mit
Einbruch verübten, von der wachsamen Gendarmerie auf frischer That
errapvt und nicht ohne den heftigsten Widerstand festgenommcrt?
Stuttgart», 25. Septbr. Mit dem morgenden Tage geht der
NUN schon mehr als 10 Wochen hier versammelteseuts ch e Zolleon-
greß zu Ende.
Berlin, 24. Sept. Wie es heißt, wird der Criminaldirektor Hi-
tzig, welcher die letzten Jahre seines wirkungSrcichen Lebens den Rechts-
verhältnissen der Presse und den literarischen Eigenthumsverhältnissen
gewidmet bat, eine höhere Stelle in unserer Censurverwaltung bei der
bevorstehenden neuen Organisation derselben übernehmen, und es ließe
sich grade von ihm, der die juristische wie die literarische Seite stets
zu gleicher Veiechtigung herauskehrcn würde, hier ein wohtthnendcr
Einfluß erwarten.
— Vorgestern gab sich in der Nähe des stettiner Eisenbahnhoses
ei» junger reicher Edelmann aus Preußen, ein Herr v. St., auf eine
sehr überlegte und ruhige Weise den Tod durch zwei Pistolenkugeln,
die er zugleich gegen Kopf und Herz abschoß. Die Verzweiflung über
seinen physischen Zustand soll die Veranlassung zum Selbstmord gewe-
sen sein.
Wie», 23. Septbr. Wir haben sehr viele Einzelberichte über die
Vorgänge in Serbien: aber sie alle constatiren nur das Factum der
Absetzung und Versagung des Fürsten Michael und seines Anhanges,
lassen dagegen über alles Andere völlig im Unklaren. Nur das Eine
scheint roch unbezweifelt, daß die Parteien des unglücklichen jungen
Fürsten entweder aus Verblei düng auf die gegebenen Anzeichen eines
hereinbrechenden Unglücks nicht geachtet habe, oder daß sie von der
ganz gehont vorbereiteten und völlig verschwiegen gehaltenen Revolte
wirklich total überrasch! worden sein müsse. Wenigstens scheint Fürst
Michael sowohl, als seine Umgebung ganz ohne jene Mittel über un-
sere Gränze geko-mmen zu sein, welche der auf eine Katastrophe Vor-
bereitete sonst wobt Ln Bereitschaft zu halten pflegt. Dazu kommt als
rin Drutes, daß die Eü pörer sich- selbst den' Rückschritt und der Revo-
lution die Umkehr durch die Erwählung eines neuen Fürsten in der
Person deS älteste« Sohnes Czerny'Georgs, kes jungen, kaum acht»
zehnjähitgen Alexander Prtrowitsch, unmöglich zu machen gesucht haben.
Weitere Thaisachen müssen abgewariet werden.
Paris, 25. Sept. SHps Mostägänem wird vVm 10. geschrieben,
daß Abd-el Kader, nach einem achttägigen Auftnthalte zu Tekedempk,
sein Lager aufgehoben uüb es in deü Thälern des Chcliff aufgrschla»
gen hat. Es sind »m ihn etwa tausend Streiter versammelt, zu wel-
chen in der letzten Zeit noch einige Haufen gestoßen sind, die mehr
durch Furcht dazu gebracht wurden, als durch Anhänglichkeit an eine
lvrtan verlorne Sache. Die Eolonne von Oran unter dem Commando
Generals d'Arbvuvillc sollte sich sofort in Bewegung setzen; die von
Mascara hatte die Offensive ergriffen und General Lamoriciere war
Vorgedrungen, um dem von dem Emir Abd-el-Kader in Person befeh-
ligten Corps den Rückzug abzuschnciden. Die Beni-Menaffer sollen

ihre Friedensanträge erneuert, aber General Lamoriciere, nach der Wei-
sung des Generalgouverneurs Bugeaud dieselben nicht angenommen
haben.
London, 24. Sept. Zu Liverpool ist gestern eine furchtbare
Feueröbrunst ausgebrochen; in sieben Stunden verzehrten die Flam-
men Maaren an Werth von 500,000 Psd. Sterl.; dabei kamen 30
bis 40 Menschen ums Leben und viele wurden schwer verletzt; unter
den verbrannten Maaren werden 45,000 Ballen Baumwolle erwähnt.
DaS Feuer brach aus um 4 Uhr Morgens; es dauerte nicht lange
und drei ganze Straßen standen in Flammen, nämlich Crompton-
Street, Formby - Street und Neptune-Street. In Folge der großen
Zerstörung an Baumwolle ist der Preis dieses Artikels bereits merk-
lich gestiegen.
— Während der letzten Tage ist aus Lloyds die Anzeige von nicht
weniger als acht Schiffbrüchcn eingegangen. Noch unerfreulicher sind
die täglich einlaufenden Nachrichten'von Feuersbrünsten in den Provin-
zen, die häufig das Werk frevelnder Brandstiftung sind.
— Ein französischer Postbeamter ist hier eingetroffen,
um mit unfern Poftbehörden wegen Herabsetzung des
Briefportos zwischen England und Frankreich, so wie umgekehrt,
zu unterhandeln, und man darf mit Grund hoffen, daß diese längst
gewünschte und von der britischen Postdireclion wiederholt vorgeschlagene
Verbesserung endlich zu Stande kommen und der Briesverkehr zwischen
beiden Ländern durch Verminderung der enormen Portosätzs bedeutcnv
erleichtert und vermehrt werden wird.
Mavr-rv, 19. Septbr. Aus Mahon schreibt man, daß die Emi-
gration nach Algerien und andere Punkten der nordafrikanischen Küste
m sebr bedenklicher Proportion zunehme.
Athen, 12. Sept. Unsere Oppositionsblätter fahren fort, die
wenigen deutschen Offiziere, die noch in der griechischen Armee dienen,
mit giftigen Artikeln zu verfolgen. Meist hielten eS diese Offiziere nicht
der Mühe werkh, deßhalb Schritte zu thun. Ein Aufsatz des „Zeital-
ters" aber scheint ihre Geduld gebrochen zu haben. In Folge einer
Rücksprache mit dem Redacteur desselben kamen sie in den Besitz des
Manuskripts jenes Artikels. Es war zwar ohne Unterschrift, allein
durch Vergleichung der Schriftzüge fand man, daß dasselbe von einem
griechischen Unterlieutenant des Geniecorps geschrieben war. Der auf
diese Art des Verraths an seinen Kameraden schuldige Offizier wußte
der Aufforderung zu einem Rendezvous auszuweichcn; unterdessen war
aber die Sache ruchbar, und damit sie sich nicht auf ungesetzlichem
Wege ende, ward eine Commission zur Untersuchung eingesetzt. Neue
Nahrung für unsere Opposüionsblättcr; sie fallen jetzt wie bissige Hun-
de über die Fremden bcr und scheuen sich nicht, die absurdesten Lügen
mitzutheilen. Sie lassen den Redacteur des Zeitalters bei Drohung
mit dem Tode zwingen, das erwähnte Concept herauszugeben, wäh-
rend er solches freiwillig den ihn darum ansprechenden zwei deutschen
Offizieren gab. Sie lassen ferner jene» griechischen Unterlieutenant
durch drei deutsche Offiziere mit Pistolen in der Hand aufsuchen, wäh-
rend dieselben ihn nur höflich gefragt und im Fall der Bejahung ihn
ersucht hatten, die Sache auf dem Weg der Ehre auSzumachen. Man
ist jetzt sehr gespannt auf das Resultat der Untersuchung.
Copcnhagcn, 1?- Septbr. Ein Gerücht (welches freilich schon
mehrmals in Umlauf gewesen ist und sich jedesmal als falsch erwiesen
hat) behauptet, daß Dänemark sich mit der Hoffnung auf einen Thron-
erben schmeicheln dürfe. Bestätigte sich dies, so würde allerdings die
Stellung deS Königshauses zum Volk, namentlich in den Herzogthü-
mern, um vieles besser werden, und die jetzt herrschende Spannung
abnehmen, denn es ist natürlich, daß bei der dermaligen Ungewißheit
über die Thronfolge und der Furcht vor dem Erlöschen deü Oldenburg'-
schen Stammes Manche den Blick nach dem Auslände wenden.
 
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