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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 191
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No. 191.

Sonntag den 1-4. August.

1842.

LanStaqsverhanVlungen.
Tarlsrnhe, 11. August. 35. öffentliche Sitzung der 2. Kammer. Präsident
Bekk. — Regierungskommission: Staatsrath Frhr. von Nndt, Ministcrialrath
von Marsch all, Hauptmann von Böckh.
Es werden folgende Petitionen vorgelegt: vom Sekretariat: 1) Petition der
Wittwc Maria Anna Kaiser in Bcttmaringeii, Lehcnablösung betr.; 2) Petition des
Carl Ludwig.Egolf und vieler anderer Bürger in Unterschefflenz, Beschleunigung
der Zehntablvsnng betr.; 3) Petition des Gemeinderaths und BürgerauSschuffcs zu
Neckargerau, die Erhöhung des Preises für die gtußbaumaterialien betr.; 4) Peti-
tion vieler Wcinwirthe des Oberamtsbezirks Pforzheim, die Abhaltung des Kirch-
rveihfcstes betr. Bom Abg. Rcttig: aff eine Petition vieler Bürgermeister deS
Bezirks Bonndorf, die Aeußerung des Abg. Wclcker in den 26. Sitzung gegen den
Amtmann von Reichten betr.; b) eine Petition vieler Bürger von Allmaudshofen,
Behla, Döggingcu, Geisingen, Donaucschingcn re., die Gemeindeordnung, ins be-
sondere die staudes- und grundherrlicheu Rechtsverhältnisse betr.; vom Abg. Wel-
cher: 1) eine Petition der Zchntkommission in Mundelfingen, die Ablösung der Pfarr-
zehntcn betr.; 1) Bitte vieler Gemeinde» der Aemtcr Stühlinge» und Bonndorf,
Aufnahme der Brücke über die Wutach iu den Brückenverband betr.; vom Abg.
Sander: eine Petition des Mehlhändlers Wendelin Holl in Mühlburg, seine
Gewerbs- und Vermögensverhältniffe betr.; vom Abg. Wagner: eine Petition
der Mctzgcrincistcr in Freiburg und der Umgegend, die Fleischaccise betr.; vom Abg.
S> e l tz a unfeine Petition der Gemeinden des Amtsbezirks Krantheim, Wicderher-
st-.llung der Straße durch das Bauland nach Miltenberg betr; vomAbg.M örd es:
»H eine Petition des OberrechnungSraths Corneli in ^Carlsruhe als Mitglied der
scjondern Älettgaischen Penstonsstistung und im Namen von 16 Gemeinden des Klctt-
gaues, die Rehabilitirung der eben genannten Stiftung; t>h der Fabrikanten und
Handelsleute in Waldshut, Thiengen, Säckingen und Kleinlaufcnburg, Verbot deS
Hausirhandcls betr.; vom Abg. Baum: eine Petition mehrerer Bürger von Seel-
hach , die Wahluntersuchting »es rFabrMtwen-Völcker betr.; -sm Abg. B a sfr»-'
ma» n: a) eine Petition der Meßgcruteister in Mannheim, die Fleischaccise betr.;
b> eine Pgtitiou dcr Polizcidiener in Mannheim, Gehaltserhöhung betr.; vom Abg.
V jtzstein: n) eine weitere mit 383 Unterschriften versehene Dankadresse (über-
sendet vom Rechtspraktikautcn Sebastian Straub in Stockachh; bh eine Petition vie-
ler Bürger in Möskirch, Dankadresse an die Kammer für Wahrung verfassungsmä-
ßiger Rechte.
Der Präsident zeigt an, daß eine Danksagung von Markdorf für die Bei-
träge der einzelnen Mitglieder zur Unterstützung der Brandbeschädigten eingekom-
men sei.

Baum wiederholt die früher von dem Abg. v. Jtzstein gestellte Frage in Be-
treff der Untersuchung wegen der Wabl in Seelbach, Amts Lahr. Die Akten seien
vor 5 Wochen schon an das Ministerium eingescndet worden. Er wisse bestimmt,
l ^ !>ch wirkliche Bestechungen ergeben Habeid »nd glaubt, daß nun andere Ilrwah-
len stattfinden sollten. Wenn die Regierung die Untersuchung nicdcrschlagcn wollte,
io wurde dies kein gutes Licht auf ihre Grundsätze werfen.
v- Jtzstein erinnert, daß er schon zweimal gebeten habe, für Anordnung ei-
E neuen Wahl im Landbczirk Lahr zu sorgen. Seit zwei Monaten sei der Be-
zirk nicht vertreten, und es sei nichts geschehen, um für die Vertretung Anstalt zu
treffen. Die Kammer könne diesem Zustand nicht länger Zusehen, und er glaubt,
daß der Herr Präsident des Ministeriums des Innern nach dem Antrag deS Abg.
Baum handeln sollte.
Mordes bemerkt, daß jedenfalls das Wahlcollegium, in dessen Mitte ein sol-
cher Unfug stattgefundcn habe, übrig bleibe, über dessen Fortbestehen das Resultat
der Untmuchung entscheide. ES könne auch dem Abgeordneten, welcher ausgetreten
ist, nicht frommen, wenn man genöthigt sei, hier so oft über diese Sache zu sprechen.
Staatsr. Frhr. v. Rüdt weist die Aeußerung zurück, als ob die Regierung
vem Mittel der Bestechung nicht abhold sei. Der Abg. Baum spreche wohl nur
» eigene Meinung aus, indem er dem Abg. Völcker andere Gründe zur Abdan-
kung »ntl-rlegte, als dieser selbst angab. Die Wahlen der Wahlmänner gehören
Mchl Zur der Kammer — Den Gegenstand selbst betreffend, sei die Sa-
che all ffch ganz eigener Art. Es ist nicht die Absicht der Regierung, den Gegen-
stand Nlederzuschlagcn phcr die Wahl «ufzuhaltcn. Sic habe die Akten an die ober-
ste Justizbehörde gegeben, um zu benrtheilen, ob sie sich zur weiteren Verfolgung
vor den Gerichten eigne, und müsse die Verfügung abwarte».
- bedauert, daß der Herr Chef des Ministeriums behaupte, die Wahl
^Lahluiänner gehöre nicht zur Compckenz der Kammer, welche doch über die
hervorgehenden Deputirteuwahtcn allein zu entscheiden habe, lieber die
Sache selbst bemerkt er, daß unter dem Ministerium Winter die Ersatzwahlen stets
schneit ungeordnet worden seien, während setzt die Vollzähligkeit der Kammer fast
allein von dem Belieben des Ministeriums abhängen soll.
Mordes widerspricht der Behauptung, daß die mittelbaren Wahlen der Be-
urtheliung der Kammer nicht unterliegen. Das Gegentheil werde praktisch bewie-
st« werden, so oft sich Stoff dazu biete.
„nv weist die Aeußerung, daß er sich unziemlich ausgedrückt habe, zurück
.. daß die Untersuchung in drei Tagen bei Amt erledigt war und
»»^ -««« seit 5 Wochen hier liegen. Er frage, wie lange dies noch dauern
?oti iille pellt Yen Antrag: die Kammer möge die Vorlage der llntersuchungöakten

über die Seelbacher Wahlmännerwahl von der hohen Regierung dringend verlangen.
Wassermann unterstützt den Antrag.
Sander glaubt, daß man die Erklärungen des Hrn. Präsidenten des Mini-
steriums des Innern in die Abtheilungen verweisen soll, um über die geeigneten
Schritte zu berathen, wodurch die Kammer durch Vornahme der Wahl in Lahr
vollzählig gemacht werden kann.
Junghanns macht darauf aufmerksam, daß die Sitzungen nur etwa noch 14
Tage dauern; es werde hinrcichen, die Regierung um Beschleunigung der Wahl zu
bitten.
Schaaff glaubt nicht, daß auf dem vorgcschlagenen Wege weiter vorgeschrit-
ten werden soll und hält für genügend, daß die Sache in Anregung gebracht wor-
den ist. Wenn man jede Aeußerung eines Ministers, die mit unseren Ansichten im
Widerspruch steht, in die Abtheilungen verweisen wollte, würde inan sehr weit kom-
men und den Aeußcrungen überhaupt ein gefährliches Gewicht geben. Den Antrag
des Abg. Bau», hält er in dieser Form nach der Geschäftsordnung für unzulässig-
Hecker ist der Ansicht, daß keine Wahl vorgenommen werden kann, ehe die
Untersuchung erledigt ist.
R in d e sch w c nd e r findet kein Interesse dabei, jetzt noch, wo der Abgeord-
nete ausgetreten sei, die Akten zu verlangen; er stellt dagegen den Antrag, die Re-
gierung zu bitten, eine neue Wahl anzuordncn. Dieselbe werde dann erwägen, ob
auch eine neue Wahlmännerwahl vorzunehmcn sei.
Bader unterstützt diesen Antrag, mit welchem sich Baum und Sander
vereinigen.
Staatsrath Frhr. v. Nndt bemerkt, es handle sich zum Thetl um Interpreta-
tion des §. 4t der Verfassung, wonach die Kammern über die Gültigkeit der Wah-
len erkennen, da hier 2 getrennte Akte vorliegen und die Wahlordnung vorschreibe,
was bei Reklamationen zu beobachten ist.
Der Antrag des Abg. Rindeschwendcr wird angenommen.
Mathp über-sibt den-Bericht über das Militärbudget zum Druck.
Sander berichtet über den Gesetzentwurf, die Besteuerung des Runkelräben-
znckcrs betr.
Fortsetzung der Diskussion über das Budget des Ministeriums des Innern. Tit. X.
U n t e r r i ch t s w e s e ii.
Biss ing. Auf dem Landtage von 1840 wurde in der I25sten Sitzung bei
Gclegenheil der Diskussion über mehrere Schullehrer-Petitionen von dem Hrn Prä-
sidenten des Ministeriums des Innern geäußert, daß der Lehrerstand Gelegenheit
habe, seine Wünsche bei L-chülconventen und Schulvisitationen anzubringen. Gleich-
wohl handelt die katholische Kirch ensectwn in directcm Widerspruche mit dieser Er-
klärung, indem sie den Zweck der Wchulconvente allein in die Beförderung der theo-
retischen und praktische» Fortbildung der Schullehrer setzt, aber nicht eine Bespre-
chung von andern, das Schulwesen betreffenden, Gegenständen zuläßt. Ich möchte
daher den Hrn. Präsidenten des Ministeriums des Innern hieniit gebeten haben,
gefälligst dafür Sorge zu tragen, daß demjenigen entsprochen werde, was er hier
in öffentlicher Sitzung vorgetragen hat. Was die wohlbcgründeten Wünsche des
Lehrerstandes betrifft, so enthalte ich mich jetzt, hierauf näher einzugehcn, da ich hoffe,
daß wir bald Gelegenheit haben werden, »ns hierüber zu äußern.
Nur hinsichtlich der pecuniären Besserstellung der Volksschullehrer will ich mir
schon jetzt einige Worte erlauben. Ich will nicht die traurige Lage der Bolksschu!»
lehrer schildern, Sie Alle, meine Herren, kennen sie zu Genüge; Sie Alle werden
mit mir übereinstimmen, daß die kärgliche Besoldung nicht mit dem im Einklang ist
was der Lehrer zu leisten hat, nicht nbereinstimmt mit der hohen Bedeutung seiner
Fnuktionen. Der geringste Taglöhner, der sich eben so hoch steht, wie der Volks-
schullchrer, ist im'Verhältniß zu ihm beneidenswerth, denn er ist unabhängig; er
bekommt für seine Hände Arbeit, wo er will. Sehe ich mich im Budget um, so
erblicke ich überall Anforderungen für Gehaltszulage», von den Amtleute» und Be-
zirksförstern herab bis zu den Stallbcdienten des Landcsgestüts; ja diese letzter»,
welche jetzt schon ungleich besser stehen, als die Volksschullebrer, sollen jetzt in ih-
rem Gehalt von 220 fl. auf 260 fl. besser gestellt werden. Von einer Gehaltserhö-
hung der Lehrer finde ich keinen Kreuzer aufgeführt; gegen sie wird jene Zärtlichkeit
nicht ausgeübt. Wem verdanken wir nächst unfern Ettern mehr, als dem Stande
der Lehrer? Wer hat wohl im Staate einen schwerer» Beruf, als der Lehrer, der
treue Führer der Jugend? Lassen Sic uns daher nicht undankbar sein und auf die-
sem Landtage Gerechtigkeit üben gegen die Hartbcdrängten. Ich trage deshalb dar-
auf an, daß die Kammer zu Protokoll den Wunsch ntederlege, die hohe Regierung
möge das Minimum der Volksschullehrerbesoldung auf 2oO fl. setzen (welches auch
das Minimum der Gensdarmen der untersten Klaffe ist), und wo möglich noch die-
sem Landtage einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorlegen.
Staatsrath Frhr. v. Rüdt bemerkt, daß die Lehrer dem Schulvisitator ihre
Wünsche vortragen können, der davon in seinem Berichte Erwähnung thue. Ein
Wunsch in Betreff der Besserstellung müßte Gegenstand einer besonder» Berathung'
sein; auch die Gemeinden müßten einen Thetl des Aufwandes übernehmen.
Welcker unterstützt den Antrag deS Abg. Vissing im Allgemeinen; wie jeden
dahin gehenden Wunsch, und läßt dahin gestellt, ob etwa eine andere Form zweck-
mäßiger wäre. Er macht darauf aufmerksam, daß das Gesetz den Lehrern zu we-
rig Garantien ihrer Existenz gebe und daß Einzelne aus politischen Gründen auf
geringere Stellen versetzt worden seren.
 
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