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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 280
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https://doi.org/10.11588/diglit.32620#1139

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^o. WO. Samstag den 26. Novembr. 1842.

Tagsbericht.
Baden, 21. Nov. Gestern Morgen wurde der Armcnstock der
hiesigen Hauptkirche aufgebrochen und seiner den Sommer hindurch ein-
gelegten Baarschaft beraubt gefunden. Der Kirchendieb hat sich dem-
nach. wie es scheint, Abends eknschließen lassen, um seinen ruchlosen
Raub die Nacht hindurch gemächlich zu verüben.
Frciburg. Eine gräßliche That, die in dem nahen Ehrenstetten
vor wenigen Tagen verübt wurde, ist hier zur Anzeige gebracht wor-
den. Zwei Södne haben ihren Vater ermordet. Es wird erzählt, daß
sie, nachdem ihre Mutter jüngst gestorben, Ansprüche erhoben hätten
auf die Ausbezcihlung von 50 fl., daß sich aber der Vater des gewei-
gert bade, worauf ste kaltblütig das Entsetzlichste beschlossen. Der Eine
derselben soll die Frechheit so weit getrieben haben, baß er einem
Nachbarn selbst anzeigte, sein Vater liege zu Hause todt, und er
scheine am Blutsturz gestorben zu sein. Man fand den alten Mann,
den Hals durchschnitten, und einen Messerstich in der Brust. Die Thä«
ter sind verhaftet.
Paris, 22. Nov. Zu Neuyork ist eine Dampfbootlinie nach
Marseille organisirt worben. Sechs Steamter sind zu dem Dienst
zwischen beiden Hafen bestimmt; der erste wird am 1. Nov. von Neu-
york abaefabren sein.
— Heute werden vor dem Zuchttribunal die Debatten eröffnet über
die Catastrophe vom 8. Mai auf der Versailler Eisindahn. Die Zahl
der davon betroffenen Opfer stellt sich auf 164; 109 der Verwundeten
sind mit dem Leben davon gekommen.
— Briefe aus Spanien, die über Marseille eingetroffen, erwäh-
nen, daß auch in Valencia Unruhen stattgefunden hätten.
— Privatbriefen aus Algier zufolge, wäre es die Absicht Abd-el-
Kader'ö, den ganzen Winter über die iranzösischen Niederlassungen zu
beunruhigen.
— Ein Privatschrciben aus London von Samstag Abend theilt mit,
daß man daselbst die Nachricht von dem englisch-chinesischen Vertrage
empfangen habe. Es verbreitete sich nun die Nachricht, die englische
Regierung wolle alle disponiblen Streitkräfle aus China nach den Ostin-
dien beordern, um mit allem Nachdruck gegen Afghanistan und mehrere
andere Landstriche jener Regionen aufzutreten.
— Sobald man hier erfahren hatte, was in Barcelona vorgefallen
ist, wurde sofort mehreren Regimentern Befehl ertheilt, in Eilmärschen
nach der Pyrenäengrenze aufzubrcchen. ES sind heute keine weiteren
Nachn'chten aus Catalonien eingegangen.
— Man li st in einem Pvsiscnpt der Malta-Times vom 13.
Nov.: Außerordentliche Depeschen aus Ostindien. Die Medea ist von
Alexandrien angekommen; sie bringt sehr zufriedenstellende Berichte aus
Elina und Ostindien: Cabul ist genommen; alle Gefangene
sind auf freien Fuß gesetzt; Ghuznee ist zerstört worden;
mit China ist Frieden geschlossen; dicChinesen zahlen 21
Mill. Dollars und haben für den richtigen Abtrag dieser
Summe Bürgschaft geleistet; die Engländer werden in
Zukunft auf "gleichem Fuß mit den Chinesen behandelt.
Der Vertrag wurde am 29. August unterzeichnet. Diese
Angaben sind den Bombay-Times am 15. Oclober entnommen.
Die hochwichtigen Nachrichten aus Afghanistan und China sind
Ueberlandpost gekommen, die Briefe und Journale aus Bom«
zum 15. Oct. bringt. Es wurde nämlich an diesem Tage
Dampfschiff Zenobia ein Ertra - Postfelleisen von Bombay
^Suez erpedirt, das von da nach Alexandrien gelangte
^mit dem Dampfboot Medea am 13. Nov. nach Malta
gestern mögetheilte telegraphische Depcsche war aus Mar-
gen.) Der Friedenstrackat mit China ist datirt: NaN-
General Nott hat rin Corps Afghanen, das 12,000
stark war, geschlagen. Hierauf zog er vor Ghuznee, nahm und


zerstörte die Festung. Bei dieser Waffenthat hatten die Engländer nur
22 Todte und 104 Verwundete. General Pollock erreichte Cabul
nach einem beschwerlichen Marsch am 16. Sept. Die Gefangenen
wurden befreit.
Vom französischen Obcrrheine, 21. Nov. Der in Paris
anhängige Prozeß Hvurdequin, welcher so viele Unterschlagungen
von Seite des Beamtcnpersonals offenbart, soll die Regierung veran-
lassen, in den einzelnen Administrationen vielfache Veränderungen und
namentlich eine, die Funktionärs schärfer überwachende Kontrole eknzu-
führen. Der Umstand, daß in Frankreich so selten definitive Anstel-
lungen vergeben werden, ist vielleicht emer der hauptsächlichsten Gründe,
daß sich die Beamten unerlaubte Ncbengefälle zu verschaffen suchen, um
bei einer allenfallsigen Absetzung oder Dienstlosigkeit einiges Vermögen
zu besitzen.
Brüssel, 21. Nov. Gestern Abend hat hier ein höchst tragisches
Ereigniß stattgefunden. Graf Aime Sirey, Sohn des berühmten fran-
zösischen Rcchtsgclehrten, 29 Jahre alt und Familienvater, ist von ei-
nem andern Franzosen, dem Advokaten Hrn. v. Caumartin, getödet
worden. Hr. v. Caumartin war gestern früh von Calis angekommen.
Abends begab er sich in das Conzert des Hrn. Laborde. Beim He-
rausgehen bemerkt - er Demoiselle Kathinka Heinefetter, die in den Wa-
gen des Hrn. v. Sirey stieg, der ihr seit drei Wochen häufige Besuche
machte. Hr. v. Caumartin, welcher früher Dlle. Heinefetter nach Brüs-
sel gebracht hatte, folgte ihr bis zu ihrer Wohnung, wo er mehrere
Gäste beim Souper fand und sich zu ihnen setzte. Später entstand ein
Streit. Caumcrtin schlug Sirey. Dieser erwiederte dieß durch em-n
Schlag mit seinem Stocke, worauf Caumartin einen Degen aus seinem
Stocke zog, seinen Gegner durch die Brust stach und auf der Stelle
lodere. Caumartin ergriff die Flucht, aber die Polizei ließ sogleich die
Thore schließen. Trotzdem entkam er doch aus der Stadt, wurde aber
bereits heute in A-twerpen verhaftet. Es schwebt noch ein Dunkel da-
rüber, ob die Gäste bei dem Morde zugegen waren.
Nach einem Blatte hatte Hr. v. Caumartin, als man ihn zu Tische
einlud, gesagt: ich setze mich nicht neben einen Menschen (seinen Neben-
buhlcr), den ich verachte. Sogleich entstand die Schlägerei; Dlle.
Heinefetter und noch wer andere Damen, die zugegen waren, flehet»
aus dem Zimmer, mit Ausnahme einer schwängern Frau, die in Ohn-
macht fiel. Zwei von den Herren entfernten sich ebenfalls, der Avvo-
kat Davignon und noch ein Lütticher. Außer diesen waren noch zwei
Herren anwesend. Ein Hr. L., der eine Dame herausbeglcitet hatte,
fand Caumartin mit dem blutenden Degen, während Sirey ries: ich
bin verwundet. Ehe die Aerzte ankamen, war er schon todt. — Nach
dem Prccurscur d'Anvers soll Caumartin über Antwerpen nach Holland
entflohen styn.
Madrid, 14. Noo. Am Samstag Abend wurden zu allgemeinem
Erstaunen die Posten verdoppelt, die Garnison trat unter das Gewehr.
Der politische Ehcf verfügte sich zu dem Stadtratb und benachrichtigte
ihn, es scy zur Kunde der Polizei gekommen, daß der Ausbruch einer
Bewegung zu Gunsten der Constitution von 1812 bevorstehe. Drr Ge-
neralcapitän begab sich zu dem Regenten in den Pakast von Buena
Vista. Der Stadtrath blieb bis tief in die Nachf kn Permanenz. Es
blieb indeß alles ruhig.
Amsterdam, 20. Nov. Unsere Regierung hat dem geflüchteten
General Vandersmissen den Aufenthalt in Holland untersagt. Wahr-
scheinlich werden im Laufe der Sitzung der Kammer der Generalstaa-
ten Anfragen über diesen Gegenstand staNfinden, um das Verfahren
der Regierung zu erörtern, das von allen unabhängigen Journalen Ln
heftigem Tone mißbilligt wurde.
London, 18. November. Die Zahl der Feuersbrünste in dm
Provinzen nimmt immer zu, und leider ist der größere Thett das Werk
von Brandstiftungen,
 
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