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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 205
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No. 205.

Mittwoch den 31. August.

1842.

LanVtaqsverhanVlungerr.
Karlsruhe, 19. A»g. 41. öffcntl. Sitzung der 2. Kammer. (Fortsetzung.)
Welcker fährt fort: Ferner iff eine amtliche Citation in meinen Händen,
welche sagt, der Wahlmann N. N. hat mit einem EtdesbelehrungSzeugniß vor Amt zu
erscheinen, ich sage mit einem EtdesbelehrungSzeugniß, denn blos in Criminalsachcn
dürfen solche Eide abgenommcn werden. Es hat sich aber hier wie andcrwäns
nichts ergeben. Die früher erwähnten zwei Criminaluntcrsuchungen und die ganze
Weihe, die ich noch nennen könnte, sind bodenlos; denn nicht eine Spur von Ver-
gehen hat sich gezeigt. Ein chrenwerther Wahlmann bringt in einer Gesellschaft
einem liberalen Geistlichen ein Hoch; er wird von seinem Bürgermeister beohrfeigt.
Die Gesellschaft findet dies unangemessen, entfernt den Beleidiger und der Mann
wird vor Amt geladen wegen angeblicher Injurien gegen den Bürgermeister, der
thn beleidigt hat; er wird dafür noch cingcsperrt und sitzt 5 Tage, bis sich seine
völlige Unschuld ergab. Nun wissen aber doch die Mitglieder der Kammer, daß
angesessene Bürger nimmermehr wegen bloser Jnjurienklagcn verhaftet werden kön-
2" dieser Beziehung besitze ich noch eine ziemliche Munition von Belegen,
" .Vieles Vorbringen. Alles waS heilig ist, wurde zum Werkzeug
polimchcr Leidenschaft und zur Durchführung eines nicht guten politischen Systems
Mißbraucht. Betrachten Sic nun unfern gegenwärtigen Zustand. Glauben Sie,
daß daß System gebrochen ist, dann reichen Sie mit dem Abg. Trcfurt die Hand
deS Friedens. Sind wir frei von solchen Erscheinungen, sind sic mißbilligt und bc-
straft von den Ministern und als etwas unscrm Lande nicht zur Ehre Gereichendes
auSgewicsen, dann — Friede. Werden aber die Heiligthümer unserer Verfassung
die Garantien der persönlichen Freiheit, werden die Moral und das Familienleben
auf diese Weise verletzt, dann ergreifen Sie alle Mittel, die Ihnen zu Gebot ste-
hen, um einem so verderblichen System zu begegnen. Setzen unsere Minister die-
ses System fort, so können die nun bald schon verbrauchten Mitteln nicht mehr ge-
nügen; sic werden weiter gehen, und aus diesen Ungebührlichkeitcn, die ich gerne
als vereinzelte Erscheinungen betrachten möchte, wird sich ein ganzes System von
PaschaiSmus, Spionerie, Denunciation und Mißbrauch der Amtsgewalt ergeben.
So wahr ich ein ehrlicher Mann bin, hach« l«ch die Uebcrzengung, daß dieses Sy-
stem nicht fortgesetzt werden kann, ohne vollends ganz auf den Weg des Bcrbrc-
chcnS zu kommen.
Darum halte ich eS für meine Pflicht, Alles zu thun, daß dieses Symstem ge-
orochen werde, und eine vollkommene Erklärung des Mangels au Vertrauen würde
dadurch begründet sein. Die Kommission hat ans Gründen, die in unfern deut-
schen beschränkten politischen Verhältnissen liegen, sich zu der äußersten Milde und
dem gcmäßigstcn Antrag entschlossen, dem ich auch meine Zustimmung geben will.
Ich kann es aber nicht verhehlen, daß wenn ich einmal davon spreche, ich meine
Ucberzeugung an den Tag legen muß, die dahin geht, daß diese ganze Erklärung
der Kammer, wenn sic von der Mehrheit beschlossen wird, nichts anderes ist, als
eine Berufung an die öffentliche Meinuilg-dcs Volks, und eine Aufklärung des ho-
hen Hauptes, das nicht in unsere Verhandlung gezogen werden kann, über die Lan-
Kesvcrhältnisse.
Es ist auch diese individuelle Erklärung leider nichts weiter als diese«, und wird auch
nicht weiter gelten. Ich schließe mich aber denjenigen Rednern an, welche gesagt
haben, daß sic cs für unmöglich halten, daß der Friede unseres Landes hergestcllt
werde, so lange ein einflußreicher Mann an der Spitze der Geschäfte steht, dessen
Namen ich hier nicht nenne» will.
Ich bin weit entfernt, seinen persönlichen Charakter zu berühren; allein von
seinen öffentlichen Handlungen und seinem politischen Charakter darf ich sprechen,
und in dieser Beziehung habe ich in der Sitzung, die der Auflösung deS Landtags
Aranging, deutlich genug gesagt, daß ich die Grundsätze dieses ManneS durchaus
sVg vcreinbarlich finde mit einem ständischen, freien VerfassiMgsrecht. Deshalb
uns, die wir weiter nichts thun können, unsere ehrliche Ucberzeugung
unt Ruhe und höchster Mäßigung, aber auch mit vollkommener
z^Penhelt Männlichkeit und Beharrlichkeit die Rechte des Volkes wahren.
, - yZsdies die Pflicht, nicht blos für die Freiheit unserer Mitbürger und
^rsniiung, '?udcrn auch gegen den Regenten; vor Allem aber ist cs unsere
Pflicht, wenn wir einen dauerhaften Frieden wollen. Dieser ruht nur auf dem
Recht und un erer Verfassung; wenn diese nicht heilig gehalten wird, so gibt cs
klnen Frieden.
Gottschalk. Der Abg. Bader hat bereits so schön des deutsche» Characters
erwähnt, und ich stunmc darin mit ihm ganz überein. Es läßt sich über das Viele
was in unserer neuesten Zeit sich erreigncte,"Mancherlei sage»; allein ich will nicht
auf Einzelnhciten eingehen. Mit Wehmuth bekenne ich übrigens vor Allein, daß
ich mich in der Sitzung vom 1. Juli gewaltig irrte, als ich glaubte, die Minister
werden heute erscheinen und die fatale Geschichte zum Wohl und Heil des
Landes mit uns abmachcn. Aber nicht nur ich habe mich darin geirrt, sondern
D*chder Abg. Junghanns, der doch hie und da in seinen Ansichten von mir ab-
- „cht ^ hat damals gesagt, die Minister werden kommen und vor den Angrif-
bankt!,» ^-ick beben. Ich frage aber, ob das freie badische Volk eine solche Be-
e- ,,,,,, Tag verdient, wo es brüderlich dem Feind die Hand reichen woll-
te des gemeinschaftlichen Vaterlandes. Uebrigens wollen wir nicht selbst
t^rln " ^at - richten, sondern dem Tribunal der öffentlichen Meinung es über-
lcrveu, Dave; kann ich aber auch nicht umhin, mich dem Bürger anzuschlicßen,

der zuerst gesprochen bat. Ich will den Frieden, aber einen ehrenvollen Frieden,
einen Frieden, den das Volk von den Männern seines Vertrauens erwartet. Ich
will nicht wie das geschlagene kriechende Thier seufzen, sondern wünsche, daß auch
der Feind entgegen komme, und brüderlich die Hand reiche; dann will ich ihm zu-
rufen: deckt den Schleier über die Vergangenheit, handelt nur treu gegen das Va-
terland und den Fürsten, aber am treuesten gegen die Verfassung. Nur die Hoff-
nung auf eine schönere Zukunft kann mich beleben, allein ich fürchte, daß die Mi-
nister, die uns heute abermals ausweichen, ihr unglückseliges System nicht verlas-
sen, sondern dabei beharren wolle». Uebrigens tröste ich mich mit der Ueberzeu-
gung, daß das Volk weiß, WaS es von allgemeinen Verdächtigungen zu halten hat.
Solche sind leicht hinausgeschlcudcrt, allein ich frage, ob Männer wir unser Alters-
Präsident v. Jßstcin, Sander, und die vielen Andern solche Anfeindungen verdie-
nen, die ihnen wiedcrfahren sind, »nd fort und fort widerfahren? In der Ausfüh-
rung deS Abg. Böhme habe ich thcilweise die Vcrthcidigung seiner eigenen Person
gefunden Er in seiner Stellung als Beamter hat auch mitgewirkt; allein cs war
nicht seine Schuld, cs war ihm befohlen. Er hätte sich iedoch gegen das Prinzip,
das ja am ärgsten auf die Diener des Staats drückt, kräftig ausfprcchen und ein-
zelnen Männern unter uns, ich darf wohl sagen den Stützen unserer Verfassung
nicht feindlich entgegen treten sollen. Schließlich stimme ich noch als Bürger deS
Vaterlandes in den Wunsch unseres unsterblichen Carl Friedrichs ein, welcher über
ein freies, gesittetes und opulentes Volk herrschen wollte. Von diesem Grundsatz
ausgehend, ist cs das billigste und bescheidenste was wir thun können, wenn wir
UNS dem Kommissionsantrag anschlicßcn.
Richter. Da die Zeit schon weit vorgerückt ist, und was lange währt auch
ermüdet, und ich überhaupt kein Freund von Widcrholungcn bin, so schließe ich mich
einfach den Borträgen für den Kommissionsantrag an, besonders aber dem Vortrag
des Abg. Baffermann, der so ganz ans dem Grund meiner Seele gesprochen hat.
Den Kommissionsantrag selbst kann ich übrigens nicht ganz billigen, weil er mir
viel zu gelind ist und den Handlungen »nb Ereignissen, auf die sich derselbe stützt,
nicht entspricht. Ich verweise nur auf den Vortrag des Abg. Bader, der so tref-
fend unk wahr das ganze System, welches die Negierung befolgt auseinander gesetzt bat'
Ich verweise namentlich auf den Satz in der Motion des Abg. v. Jtzsteitt, welcher
sagt, wenn je ein politischer Mißgriff und rin Unrecht gegen das Volk von den Ra-
then der Krone geschehen ist, so war cs die Erlassung jener Cirkuiarschreibcn. und
die ihnen gegebene Interpretation. Durch diese Vorgänge hat das Volk den Glau-
ben an die Verfassungstreue und Gesctzesliebe der Verwaltung verloren, und ist
dieser verloren, so können die Minister mit Segen nicht mehr wirken. Haben aber
setzt die Minister ihr verderbliches System geändert? gewiß nicht. Sie beharren
fort und fort, auf diesem, wenn ich den Ausdruck brauchen darf, heillosen System
und wir haben durchaus keine Hoffnung, daß sie dasselbe ändern werden. Ich er-
laube mir dcßhalb noch einen Zusatz zu dem letzten Satz des Kommissionsantrag^
vorzuschlagen, etwa so lautend: daß die Hrn. Minister das Vertrauen des Volks
ganz verloren haben, und mit Segen nicht mehr länger in ihrem Amt wirken kön-
nen. Ich glaube nicht, daß den Hrn. Ministern durch dieses Mißtrauens-Votum
zu viel geschieht. Insbesondere hat derjenige Minister, den Jedermann kennt, ohne
daß ich ihn zu nennen brauche, seine Entlassung schon längst verdient Dies ist
die Stimme des Volkes und vor populi vor -lei. (Fortsetzung folgt.)

Carlsruhe, 22. August. 43. öffentliche Sitzung der zweiten Kammer. (Forts.)
v. Jtzstein hält die Bestätigung dieser Männer durch die Staatsbehörde nicht
für »öthig, da dieselben keine richterlichen Befugnisse haben.
Zittel wollte nur, daß die Stelle als öffentliche von der Negierung aner-
kannt werden und findet gegen den Zusatz des Abg. Rindeschwcnder nichts einzuwcnden.
Der Antrag des Abg. v. Jtzstein wird von Rettig und JunghaniiS be-
kämpft, von Hecker und Mördes unterstützt und der zweite Antrag in folgender
Fassung angenommen: „Jedes dieser Schiedsgerichte besteht aus einer Anzahl in
der Gemeinde — oder in einem benachbarten Orte wohnender, von der Gemeinde
frei erwählter, der Staatsbehörde anzuzeigender Staatbürger.« Der dritte Antrag
wird ohne Bemerkung angenommen.
Zu 4., d. erklärt sich von Stockhorn gegen jeden Zwang, vor einem Schieds-
gericht zu erscheinen, und bezieht sich dafür auf den Bericht von 1837.
Zittel entgegnet, daß die dort angeführten Gründe in dem Bericht alle be-
rückfichtlgt worden sind, und daß ohne die Nöthigung das Institut keine Wirkung
haben würde.
Baum unterstützt den Antrag des Abg. v. Stockhorn, und glaubt, daß der
Schluß des Satzes t>, in Betreff der Sachen, in welchen eine Verzögerung der
Klage ohne Rcchtsnachthcil nicht möglich ist, als überflüssig Wegfällen könnte.
Bek k (welcher den Vorsitz dem Vizepräsidenten Bader übertaffen hat) bemerkt,
daß er früher auch gegen den Zwang war, und zwar allein wegen der Verzöge-
rungen, welche durch die Nöthigung, vor dem Verglcichsgericht zu erscheine», den
Parteien zugehen können. Er habe sich aber durch die im Gericht vorgctragcnen
Gründe beruhigt, unter der Voraussetzung, daß Maßregeln getroffen werden, um
die Nachthcile der Verzögerung zu beseitigen. Die Erfahrungen in andern Ländern
haben dargethan, daß durch diese Einrichtung eine Menge Prozesse verhindert wer-
den, und für diesen großen Vorthcil könne man sich schon etwas gefallen lassen.
Zur Beseitigung der Nachtheile, welche in der Verzögerung des Rcchtsindens lk«
 
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