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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 193
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https://doi.org/10.11588/diglit.32620#0785

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LanVtagsverhandlungen.
Carlsruhe, 13. August. 37. öffentliche Sitzung der T Kammer. (Forts.)
Bassermann. Die Bürgerschulen seien noch nicht in die Reihe der Anstal-
ten «„getreten, durch welche man in höhere aufsteige, indem man in das Forst-
oder Baufach der polytechnischen Anstalt ohne vorgängigen Gymnasial- und Lyzeal-
Unterricht nicht ausgenommen werde. Der Redner hält dies für ungeeignet, und
weist nach, dag in andern Ländern, z. B. in Bayern und Preußen, zur B ingung
der Aufnahme in höhere technische Anstalten gesetzt sei, daß eine höhere Bürger-
schule absolvirt worden ist.
Posselt glaubt, daß dies geschehen werde, wenn die Bürgerschulen ihren »i-
gentlichen Standpunkt erreicht haben. Die Anstalt in Heidelberg habe ausgezeich-
nete Jünglinge in die polytechnische Schule gesendet, man habe sie ausgenommen,
obgleich sie nicht aus einer gelehrten Mittelschule kamen.
Ministerialrath v. Marsch all bemerkt, es sei nicht der Besuch einer bestimm-
ten Anstalt, sondern nur der Besitz gewisser Borkenntniffe verlangt.
Sander glaubt, daß die Kenntnisse in den alten Sprachen für die technischen
Fächer nicht nothwendig seien. Cs wäre wohl geeignet, den persönlichen Wunsch
des Abg. Baffer,nrnn in einen Wunsch der Kammer zu verwandeln. Der Ober-
studienrath, welcher nichts besseres wisse, als lateinisch und griechisch sei ohnehin
den Bürgerschulen nicht hold.
W/M' in den Lyzeen und Gymnasien nichts als lateinisch und grie-
chisch gelehrt wurde, dann hätten die vorigen Redner wohl recht; allein dem sep
nicht so, besonders bei dem neuen schulplan. Bei den Aufnahme» in die polytech-
nische Schule verlange man auch nicht vorzugsweise die alten Sprachen, sondern
Kenntnisse in jenen Fächern die man dort brauche, Mathematik und Realfächer,
die auf den gelehrten Mittelschulen in großer Ausdehnung getrieben werden. Es
sei ipm aber nicht bekannt, daß der Besuch dieser Anstalten vorgeschriebe» sei; man
verlange nur, daß die Borkenntniffe da seien.
Bassermann wundert sich nicht, daß der Abg. Platz, als Philolog diese An-
sicht babc; allein die Unterrichtsgegenstände auf den Lyzeen seien nicht hinreichend
für die höheren technischen Anstalten; er will nicht, daß die Schüler der Lyzeen
von dieser Aufnahme ausgeschlossen werden, sondern nur, daß man sie nicht allein
sondern auch Diejenigen aufnehme, welche eine vollständige höhere Bürgerschule bc-
^^^Gottschalk wünscht, daß der Lehrplan an den höhern Bürgerschulen so fest-
gestellt werde, daß er sich an die polytechnische Schule anschlicße. Er bittet, baß
dem Wunsch des Abg. Bassermann möglichst Folge gegeben werde.
Posselt glaubt, daß der Abg. Sander in seinem Eifer gegen die alten Spra-
chen das Kind mit dem Bade ausschütte. Er frage, ob künftige Forstmänner und
Architekten ohne einige Kenntniß der alten Sprachen ihre Stelle ausfüllen können.
Sa »der. Es war nicht die Rede davon, den Unterricht in den tobten Spra-
chen in den Lyzeen und Gymnasien zu beschränken, einen Unterricht, der übrigens
für unsere Zeit nichi mehr paffe und die Leute nicht in das Leben bincinführe, son-
dern nur verdumme. Es war vielmehr nur davon die Rede, ob für die in der po-
lytechnischen Schule gelehrten Fächer der gründliche Vorunterricht dort ertheilt werde.
Nach dem Zustand unserer Bürgerschulen sei es ungerecht, ein Examen für die po-
lytechnische schule von denen zu verlangen, welche dort gebildet worden sind.
Trefnrt glaubt, der Abg. Sander werde wohl seinen Antrag dahin modisi-
ziren, daß von der Regierung die einzelnen Bürgerschulen bezeichnet werden moch-
ten, aus denen der Eintritt in die polytechnische Schule ohne vorgängiges Eramen
gestattet sein soll.
Dieser Antrag wird als Wunsch zu Protokoll angenommen.
Technischer Unterricht.
Polytechnische Schule. DotationS-Erhöhung 4,75» ff>
Dieser Posten zerfällt in drei Theile: 1) für Erhöhung der größtentheils noch
unter dem Betrage von 1200 st stehenden Besoldungen der Hauptlehrer, mit Rück-
sicht auf Verdienst und Dicnstaltcr, auf 1500 si. und 1800 fl. ferner Gehaltsauf-
besserungen der Nedenlehrer und Erhöhung einiger Aversen der Fachschule, insbe-
sondere des in 5^0 g, b^g^^^den Aversmns für pie Bibliothek. Für Alldicß be-
rechnet die Direktion der polytechnischen Schule das Bedürfniß ans 4813 fl.,- die
Negierung »"'»nt aber davon, sich auf Vas Nothwendigste beschränkend, nur 2000
fl. in das Budget icihrlich auf. 2) Die beiden Fachlehrer der Ingenieurschule sind
mit 3300 st, bezahlt, sie beziehen hievon aus dem Etat der Oberdirection des Was-
ser- und Straßenbaues, als bier^ ebenfalls beschäftigt, 1750 fl- Dies widerspricht
aber sowohl dem Interesse der schule, die nun einen großen Umfang gewonnen
hat, und somit diese beiden Lehrer selbstständig beschäftigt, als auch der durch pxn
Elscnbahnbau in Geschalten erweiterten Oberbireetion des Wasser- und Straßen-
baues; es wird daher der volle Gehalt dem Etat der polytechnischen Schule allein
-»gewiesen, was eine Mehrausgabe von jährliche» 1750 fl. erfordert. 3) Wird
bür besondere Anstellung eines Sekretärs, der zugleich Bibliothekar ist, ebenfalls
"'egen Gcschäftsoermchrniig ein Gehalt von jährlichen 1000 fl angcsprochcn.
Für das Zeichnnngsatelier werden z» den bisherigen 500 fl. noch weitere 700
ü, gefordert, die Kommission trägt auf Bewilligung dieser Posten an.
k. Gewcrbs unterricht. Zu dem ordentlichen Staatsbeitrag von 6000 st.
werden weitere 1000 fl. verlangt, um sie für Lehrer an solchen Orten -zu verwen-

den, wo der Lehrer nicht aus Ortsangehörigcn dcS GewerbstandcS genommen wer-
de» kann.
Sander bedauert, daß die Regierung das nicht gefordert habe, was von der
polytechnischen Schule als nothwendig verlangt wnrde; besonders, daß nicht mehr
für die Bibliothek ausgenommen wurde, da man den schlecht bezahlten Lehrern nicht
zumuthen könne, selbst die theuersten Werke, deren sie zu ihrem Unterricht bedürfen,
auf eigne Kosten anzuschaffen. Er fragt, wie cs sich mit den aufgenommenen 500
fl. verhalte.
Staatsr. Frhr. v. Rüdt bemerkt, daß nur 500 fl. verlangt worden seien; für
einzelne Werke werden auch besondere Zuschüsse gegeben. Daß nicht noch mehr ge-
fordert wurde, komme daher, weil man möglichst zu sparen suche.
Sander bedauert, daß man gerade die polytechnische Schule hiezu auscrsehcn,
und daß man auch die dringend nöthige Vergrößerung des Gebäudes gestrichen habe.
Es sei ferner bekannt geworden, daß ein sehr tüchtiger Lehrer ffch gezwungen
sah, an eine ausländische Anstalt zu gehen, weil man ihm einen Unterrichtszwcig,
den er sehr gründlich gab, entzog und ihm einen andern zutheilte. Die Anstalt,
welche eine höhere sein soll, werde immer mehr den Lyzeen gleich gestellt; dies sep
ein Ucbclstand, ein Mißgriff, der noch üble Folgen haben iverdeä- Er wünscht,
daß man auf die Ingenieurschule ein großes Gewicht legen möge, da sie für das
Großherzogthnm gerade der Theil sei, der am meisicn auSgebildet werden sollte,
wenn man an die großen Summen denke, die für Wasser- und Straßenbau ver-
wendet werden. Die Regierung würde sehr wohl thun, einen Privatdocenten zuzu-
laffcn und dadurch die beiden Lehrer zu erleichtern. Würde dies geschehen, so würde
die Mehrausgabe hier nicht auf große Anstände stoßen._ (Forts, folgt.)
Tagsbcrieht.
sZ Heidelberg, 16. August. Der vor kurzem ins Leben getre-
tene Verein der baeischen Bezirks und D>stcikiö-Notare bezweckt zu-
nächst mich, die früher größtentde-ls bestandene sch'oste Stellung der
Amtsrevisoren — den Theilungskommiffären gegenüber — zu beseitigen,
und eine dieustfreunvliche Annäherung und Gleichstellung unter ihnen
herbei; »führen.
Diese Tendenz dürfte nicht nur den BereinSgliedern selbst die schön-
sten Früchte trugen, sondern auch fürs allgemeine heilsam sein, da
früher nur allzu häufig die Parihieen den Nachtbeil mit tragen mußten,
welcher aus einer durch Ehrgeiz und Herrschsucht eutstanvenen Mei-
nungsvcrschie enheit zwischen dem Amtsrcoisor und dem von ihm ab-
hängig gewesenenen Theilun.gSkommiss.ir sich leider oft genug ergeben hat.
Ei» schönes und nachahmungswürdiges Beispiel kollegialer Gesin-
nung und Einigkeit zeigte sich bei der am 14. d. in Heidelberg statt
gehabten Versammlung der Notare aus den Aemtern Mannheim, Hei-
delberg, Lade .bürg, SLwetzmgen und Wieslock, die zum Zweck hatte,
einen Bezirksvorsteber (Correspond enten) zu wählen.
Die Wahl ssil einstimmig auf den großh. Bezirks-Notar Amtsreoi-
sor Bucherer in Schwetzingen als Correspondenten — und als sei-
nen Stellvertreter auf den großh. Bezirks-Notar Amtsrevisor Winther
in Mannheim, beide Männer, die sich durch Wort und Thal
bestrebten, den ihnen aus langjähriger eigenen Erfahrung genugsam
bekannten, darnieder gedrückten Stand der Theilungecommtssäre verbes-
sern und diesen, in i'ö naher Dienstbezichung zu ihnen stehenden Be-
amten, einen unabhängigeren und entsprechenderen Standpunkt erstre-
ben zu helfen.
Diese einstimmige Wahl möge beiden Gewählten beweisen, wie eine
humane Dienstbehandlung überall ihre Anerkennung findet, und cs ble bt
nur noch zu wünschen übrig, daß Beispiele vom Gegenthcil, die
leider hie und da noch aufrauchen, sich von Tag zu Tag verringern
möchten.
Daß dem W'hlakte, der acht deutschen Sitte getreu, ein fröhliches
Mittagsmahl folgte, versteht sich von selbsten. und ebenso, daß es
biebri an Toasten auf das Wohl und G d ihen dos, unter den Au-
spizien der we scn und gereckten badischen Staatsr-gierung zu Stande
gekomm neu Vereins, und auf die Gewählten, nicht ^hlte, welche von
dem dabcianweseuden AmtSrevisor Bucherer mit herzlichen Wollen des
Dankes ausgenommen und erwiedert wurden.
Baden, 14. August. Gestern früh mochten Se. Mas. der König
von Württemberg , der sich fortwähr nd des besten Wohlseins erfreut,
 
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