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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 192
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Wo. 182. Dienstag den

LasAStagANerlrauUuNMN.
EarlSruhe, 12. August. " .'öffentliche Sitzung der 2. Kammer. Präsident
8ekk. - Regicrungskommission: Geh. Ref. Eichrodt.
Rach Eröffnung der Sitzung nimmt der Al>g. Gottschalk das Wort und äu-
Meine Herren! Der konstitutionelle Burger, und gewiß zum Voraus die Aba.
deS Volkes, nehmen an allen Begebenheiten im Vaterlandc innigen Antheil; sie
nehmen ihn aber UNI so inniger und wärmer, wenn sich die Begebenheiten auf den
«llvcrehrten Regenten und seine liebe Familie beziehen. Deßwegrn, meine Herren,
werden Sie gewiß mit meinem Herzen und Gemütbe fpmpathiffrcn und nicht unter-
lassen können in einer ehrfurchtsvollen Adresse an Se. Königliche Hoheit unfern all-
geliebtcn Großherzog, unsere innigste Theüncchmc an dem Glücke des nahen Ta-
ges an welchem der würdige Thronerbe Badens seine Majorennität erlangt hat,
an den Stufen des Thrones mederzulegen. Sie Alle fühlen es gewiß mit mir,
wie wohithucnd es für das fürstliche Vater- und Mutterherz sein muß, den künfti-
gen Thronerben unter dem Schutze des Allmächtigen auf dieser hochwichtigen Le«
bensstufe so ausgezeichnet angelangt zu sehen. Sic werden sich gewiß nicht weni-
ger mit mir erfreuen, daß dem erhabenen Kronprinzen bei der jugendlichen Kraft
seines erlauchten Vaters noch vergönnet ist, das Leben und sein einstiges Volk zu
genießen und zu betrachten, ehe die schweren Regentensorgen dessen Zeit in An-
spruch nehmen. Sie werden sich ferner erfreuen, daß der hohe Gefeierte mit dem
Iß, d. M. die hochwichtige Stellung betritt, nach dem Geiste nuferer uns allen theu-
rcn Verfassung als erster Bürger deS Landes an unseren vereinigten Arbeiten zum
Wohl des treuen badischen Volkes Antheil zu nehmen. Ich meines Ort freue mich
unendlich über den nahen schönen Tag unseres Regentenbauscs und zwar im Geiste
des Christen und constitutionellcn Bürgers, der seinem über alle Parteien erhabe-
nen Fürsten die erste Liebe, die erste Hochachtung zollt; ich weiß auch, daß das ba-
dische Volk diese Freude theilt und von uns erwartet, daß wir in seinem Namen
die aufrichtige Theiinahme in einer treu ergebensten Gratulationsadresse Sr. Kö-
niglichen Hoheit unserem allverehrten Großherzog entgegen bringen.
Ich stelle daher den Antrag, die hohe Kammer möge sich mit dem Entwurf ei-
ner solchen Adresse beschäftige» und das Weitere beschließen.
Sander. Ich unterstütze den Antrag des Abg. Gottfchalk und schließe mich
seiner Begründung vollkommen an. Gewiß wird Jeder von uns die Freude der
hohen Eltern thcilen, welche sie an den. Tag fühlen werden, an welchem ihr hoher
Sohn, der gerechte Stolz der Eltern, die sichere Hoffnung des Landes, in die Voll-
jährigkeit eintritt, an welchem der hohe Vater die edle Frucht seiner väterlichen
Sorgfalt, die hohe Mutter die schöne Blüthe ihrer eben so zärtlichen als weisen
Erziehung dem Eintritt in das selbstständigere menschliche Lebe» über gibt. — Wir,
denen ein Enkel Karl Friedrichs die Verfassung gegeben hat, freuen uns, in dem
Erbprinz einen zweiten Enkel Karl Friedrichs zu erblicken, dcr unserer Verfassung
für ferne Zeiten Schutz und Schirm sein wird. Wir freuen uns dcr weisen Vor-
schrift unserer Verfassung, wonach der Thronfolger in die Reihen der Volksvertre-
tung als geborenes Mitglied dcr ersten Kammer eintritt. Er wird dadurch in der
Wahrheit des Satzes bestärkt werden, daß unsere Verfassung in ihrem ächtdeutschen,
uralten S-stem der Volksvertretung, die sicherste Stütze des Thrones ist und er
wird dadurch zum Heil des ganzen Vaterlandes als erster Untcrthan die natürlichste
Verbindung zwischen Fürst und Volk bilden und sein. - Wir freuen uns dieses
Tags um so mehr, weil er uns die Gelegenheit gibt, zu beweisen, daß auch bei
einem Zwiespalt rmt den Ministern unsere Gefühle der Ehrfurcht, der Ergebenheit,
der Treue gegen die Krone, fest „nd unwandelbar sind und bleiben.
Welcker. Ich unterstütze den Antrag des Abg. Gottfchalk und schließe mich
vollkommen den Acußcrungcn der beiden Redner vor mir an. Der Antrag und
jene Acußerungcn entsprechen nicht bloß vollständig meinem Gefühle der Verehrung
und Liebe für Seine Königliche Hoheit und unser hohes Fürstenhaus; ich freue mich
zugleich dieser angenehmen Veranlassung, es offen vor dem Lande zu bestätigen.
Laß durch alle pflichtmäßigen Kämpfe der Abg. gegen manche Minister- und Ver-
waliungshandlungen unsere Verehrung und Liebe gegen unfern hoch über allen
Parteien und constjtutionellen Kämpfen stehenden erhabenen Fürsten und sein Haus
nichts berührt und erschüttert werden.
v. Listtern. Ich Hanke meinem chrenwcrthcn Freunde Gottschalk für den von
thm gestellte» Antrag. Sind auch die Mitglieder dieser Kammer nicht selten ver-
schiedener Meinung u, politischen und anderen Fragen, so sind sie cs doch gewiß
nicht in dem Gefühle der Ehrfurcht und dcr Liebe für unser erhabenes Negentcn-
haus. Sie Alle werden die Freude und die Wonne der Eltern theüen, daß der
Erstgeborene am 15- b. M. die durch die Verfassung festgesetzte Volljährigkeit er-
reicht. Sie alle werden aber auch die hohe Wichtigkeit des Ereignisses darin erken-
nen, daß der großjährige Erbgroßherzog nach der Verfassung in die erste Kammer
eintritt, also mit oen Ständen das Land, die Bedürfnisse und Wünsche des Volkes
kem:en lernt. Ich unterstütze daher den Antrag des Abg. Gottschalk.
Mordes. Ein Antrag, wie der so eben vernommene, bedarf keiner Beant-
wortung in dieser Versammlung, wo Aller Herzen so einmüthig dem verehrten Re.
genten und seinem erhabenen Fürstenhause entgegenschlagen. Mit herzinniger Theil.
nähme spreche daher auch ich nur dieselben Gefühle der Ehrerbietung und Treue
hier ans, und heiße diesen Anlaß zur Darlegung derselben vor den Stufen des
Thrones aus dem weitern Grunde willkommen, weil ich hoffe, daß mit diesem Akte

46. August. 1842.
die Verdächtigungen in die Gesinnungen dcr Kammer für immer zerstört werden,
welche man von gewisser Seite so eifrig ru unterhalten sich bemüht. Eingedenk der
Heiligkeit und Unerreichbarkeit des Staatsoberhauptes haben wir auch bei den leb-
Haftesten Erörterungen mit den Berathern der Krone niemals diesen verfassungs-
mäßigen Grund angetastet und werden ihn stets mit gleicher Ehrfurcht vor der Ma-
jestät deS Monarchen unerschütterlich fcsthalten.
Zunghanns. Auch ich hege die Ueberzeugung, daß da, wo cs sich handelt um
den Ausdruck unserer Liebe »nd Verehrung gegen den allgeliebten Großherzog und
sein erhabenes Haus, alle Mitglieder dieses Hauffs nur Ein Geist beseelt. Ich un-
terstütze daher mit Freude den Antrag des Abg. Gottschaik.
Dcr Abg. Posselt brachte hierauf Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog
ein Hoch aus, in welches die Kammer einstimmte.
Es werden nachstehende Petitionen angezeigt: von dem Sekretariat: Eingabe
dcr Bürgermeister mw GcnieinLkrathsmitgliever von Malsch, Maschenberg, Mühl-
hausen und Rothberg, Amts Wicsloch, Brandholzbczug ans dem Lußhardtwalde
betreffend. Bon dem Abg. Bleidorn: Eine Petition, unterzeichnet von 48 Insas-
sen der Kolonie Hohenwettersbach, wegen Beschränkung der Heiraths-Erlaubniß in
diesem Orte von Seiten des Grundherrn, mit dringender Empfehlung a» die Pe«
titionskonnnission, zur möglichst baldigen Berücksichtigung, da die Lage dieser In-
sassen wirklich eine so traurige und beklagenßwcrthe ist, daß, wenn nicht von Sei-
ten des hohen Staatsministeriums.eine baldige Abhülfe gewährt wird, die Sitt-
lichkeit, Religion und Existenz dieser Kolonie völlig untergraben, und dieselbe dem
tiefsten Elend unvermeidlich Preis gegeben wird. Vom Abg. Gottschalk: eine
Petition dcr Schullehrer des Amts Schönau, um Abänderung mehrerer Paragra-
phen des VolkSschnlgcsetzeS. Vom Abg. v. Iß stein: Iß Eingabe dcr Gemeinderä-
the und Ausschußmitglicder von Schellbrunn, Oberdielbach, Waldkaßcnbach, Lin-
bach und Reckargerach, um schütz ihrer Felder gegen Wildschaden; 2ß Petition der
Metzgerzuuft in Ettlingen, um Verwandlung dcr Schlachtvichaccise in ein Aversum.
Vom Abg. Müller: Eingabe dcr Vorsteher sämmtlichcr Handwerkszünfte in Na-
stadt, um Aufhebung der Verordnung vom 14. Juli 1718, den Besuch dcr Wochea-
märkte betreffend.
Von dcr Petitionskommission werden folgende Berichte erstattet:
VoN dem Abg. Leib lein: 14 lieber die Bitte des Kronenwirths Gukgsell In
Freiburg, um Entschädigung für den durch Verlegung dcr Straße am Brcisacher
Thor ihm zugehcnden Vertust. — Antrag und Beschluß: Tagesordnung.
2) Zur Bitte des MbürgcrmeisterS Schreckensuchs zu Ebersingen, Amts Stich-
lingen, für sich und 44 Bürger, die Bcrtheilnng des Bürgergabholzes betreffend.
Da die Petition nur an die Realisirung früherer Kammerbeschlü'ffe erinnert, so stellt
die Komunssion den Antrag, die Petition unter Beziehung auf die früheren Be-
schlüsse dem hohen Staatsministerirm zu überweisen, was von der Kammer ange-
nommen wird.
3) lieber die Bitte des Hogcrichtsadvokatcn vr. v. Wciffeneck z» Freiburg, we-
gen Wiederherstellung des Rckursrcchts in Potzeistrafsachcii, an Großh. Minist«
riuni. Die Koinmission schlagt die Tagesordnung vor.
Nach einer längeren Diskussion beschließt die Kammer, die Eingabe mit Em-
pfehlung den: Großh. Staaisministerimn z» überweisen.^
Posselt berichtet über die Bitte des entlassenen Steueranfsehers Gratzmann
in Karlsruhe, Verleihung einer Pension betreffend. Antrag und Beschluß: Tages-
ordnung.
Züllig berichtet über die Bitte deS Kwchenvorftandes der katholischen Ge-
meinde Hcinsheim, die Pastoration ihrer Kirche betreffend. Der Wunsch der Pe-
tenten, welche nach Siegelsdach, n/. Stunden von ihrem Wohnorte eingcpfarrt
sind um Dotiriing eines Pfarrers scheint gerecht und dringend, und es ist zu hos--
fen, daß die Behörde nicht abgeneigt sein werde, darauf eiuzugehcn. Da dieselbe
aber von dem Staatsministerium noch nicht enthärt ist, so muß die Kommission
auf Tagesordnung antragcn.
v. JH stein: Ich habe die Petition im Auftrag der Gemeinde Heinsheim der
Kammer übergeben, aber ich müßte selbst gegen unsere Geschäftsordnung handeln
wollte ich den Antrag der Petitionskonimiffion auf Tagesordnung bekämpfen, den«
es hat die Gemeinde noch nicht nachgewiesen, daß sie auch bei der höchsten Staats-
behörde enthärt worden ist. Aber es ist die Thatsache richtig, daß die katholische
Gemeinde Heinsheini, 550 Seelen zählend, schon seit mehreren Jahren alles reli-
giösen Unterrichts entbehrt und namentlich die Kinder, aus der Schule kaum Ent«
lassene, weil sic im Winter und bei schlechter Witterung den zwei Stunden lange»
Weg nach Sicgclsbach nicht gehen, mithin auch keine christliche Lehre besuchen kön-
nen; es ist sonach selbst die hohe Regierung aufgefordert, der Bitte der Gemeinde
zu entsprechen, denn die Religion ist die erste Grundlage der sittlichen Bildung des
Volkes und wo der religiöse Unterricht wie in Heinsheim fehlt, da können gute
Folgen nicht daraus erwachsen. Daher ist die Bitte dcr Gemeinde gerecht, durch
einen aus verfügbaren Mitteln der Pfarrei Siegelsbach zu gebenden Zuschuß sie
verbindlich zu machen, Sonntags in Heinsheini Gottesvienst zu halten. Die Ge-
meinde Hcinsheim will jährlich SO fl. dazu geben. Mehr kann sie nicht thun, da
sie arm ist, und für innere Einrichtung der Kirche, zu welcher sie einen Staatszu-
schuß bekommen hat, noch isno fl. Schulden machen mußte. Ich hoffe daher, daß
ihre Bitte nicht vergebens sein wird.
Mehrere Redner unterstützen diesen Wunsch.
 
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