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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 256
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No. 256.

Samstag den 29. Oktober.

1842.

TagSbericht.
-j-* Mannheim, 27. Oct. Die hiesige Abendzeitung No. 251 vom
25. d. M. enthält als Entgegnung auf den Artikel in No. 25V des
Morgenblattes folgenden Aufsatz:
„Mannheim. In No. 250 deS MorgenblaiteS ist ein Artikel
über die nächst bevoistehcnde Bürgermeistenvahl «schienen, der
einiger Berichtigung bedarf.
Es wird in fraglichem Artikel z. B. behauptet, es beabsich-
tigten Viele, vor allem zwei Wahlen mit solchen Candidaten
vorzunehmen, die voraussichtlich die Genehmigung nicht erhalten,
um dadurch die Negierung zu zwingen, den in der dritten Wahl
Gewählten (Herrn Gerbe!) genehmigen zu müssen. Uns, die wir
dem Wahlwesen ziemlich nahe stehen, ist bis setzt von einer solchen
Manipulation nichts bekannt geworden.
Der Verfasser behauptet ferner ganz unrichtig, Herr Basser-
mann sei Landtags-Abgeordneter. Ihm und seinen Abendgesell-
schaften, die sogar die Ansichten und die Stimmung vieler
Bürger genau kennen wollen, sollte doch bekannt sein, was bei-
nahe fedeS Kind weiß, daß nämlich Herr Bassermann am Schluffe
des Landtags, durch das Loos ausgetreten ist. — Oder! ist man
vielleicht seiner Wiedercrwählung schon zum Voraus so gewiß? —
Ob es, wie der Verfasser behauptet, auch Bürger gibt, die
Hrn. Mathy als Kandidaten bezeichnen, wissen wir nicht; das aber
wissen wir, daß Herr Mathy, bei seiner gänzlichen Entfrem-
dung des hiesigen Gemeindewese ns, sich dermalen zu ei-
nem Bürgerimistcr nicht eignete.
Nack unserer Meinung sollte sich Derjenige, der wie der Verfasser
das öffentliche Wirken eines Andern in öffciulichcn Blättern bespre-
chen will, vor Allem genau und gewissenhaft über diese
Wirksamkeit erkundigen, und, wo ihm etwa hierzu der
Wille oder die Gelegenheit gebricht, wie es bei dom Ver-
fasser mit BeuUheilung der derzeitigen Besetzung fraglicher Bürger-
meisterstclle der Fall zu sein scheint, da sollte er lieber ganz
sch weigen.
Ueberhaupt scheint uns der ganze fragliche Artikel einer jener Ge-
burten zu sein, wie sie in Abendgesellschaften und bei sonstigen derar-
tigen Gelegenheiten, gewöhnlich zu frühe folglich unreif, zur
Welt gefördert werde»." —
Der Herr Corrcspondent erklärt also meine Bemerkungen für un-
richtig und jedenfalls zu frühe folglich unreif zur Welt gefördert.
Für uurichtig deßhalb, weil, er der Einsender, dem Wahlwesen nahe
stehe und ihm von der angedeuteten Manipulation nichts bekannt sei,
weil Herr Bassermann, der doch durch das Loos ausgetreten, von mir
noch als Deputirter bezeichnet worden und weil mir die Bekanmschaft
mit den Leistungen des jetzigen Bürgermeisters fehle. Was den ersten
Anstand betrifft, so ist es leider traurig genug, daß es ein Wablwe-
>en oder besser ein Wablun wesen gibt, wobei sich einzelne Bürger
erlauben. Anderen ihre Candidaten aufzudringen, statt, daß die Wahl
frei sein sollte. Ich kann deßhalb und will mich nie rühmen, einer
solcher Wahlfabrik näher zu stehen, als Andere und bin darum
auch der Meinung, daß es bei der Bürgermcisterwahl, wo geheime
Siimmengkbuiig ist, hoch manchen Bürger geben mag, der den Muth
hat, eigenes Fabricat in dis Wahlurne zu legen und wenn es auch
die Inhaber der große» Wablsadrik verdrüßen sollte.
Nückstchtlich des zweiten Anstandes bemerke ich, daß Herr Basser-
mann rvtonsch allerdings von denselben Wahlmäunern, die ihn früher
wählten, schon gewählt ist, und daß cs nur noch an der Abgabe der
Stimmzettel und der Niederschreibung des Protollö fehlt.
Es frägt sich drittens, wer am besten sich um die Leistungen des
jetzigen Bürgermeisters erkundigt und sie selbst beobachtet hat, der Cor-
respondent der Abendzeitung oder ich. Freilich gehört der jetzig? Bür-

germeister nicht zu der Bürgerklasse, welche ihre politische Farbe öffent-
lich zur Schau tragen. Dies möchten wir aber an einem Bürgermei-
ster, der öffentlich keiner Parthei angehören darf, wenn seine Wirk-
samkeit segcnbringend sein soll, am wenigsten tadeln. Am mißlichsten
ist nämlich ein öffentliches Zurschautragen der politischen Ansicht, wenn
die Ansichten der Regierung mit der der Gemeinde ober einer großen
Anzahl der Bürger nicht harmoniren, da er als gesetzlicher Präsident
der Gemeinde und Vermittler zwischen der Regierung und der Gemeinde
das nöthige Vertrauen sonst nicht genießt.
Andere Fehler legi man meines Wissens dem Herrn Bürgermeister
Jolly nicht zur Last; denn, wenn es wahr ist, was die heilige Schrift
sagt: „an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen," ft müssen uns die
Umstände: daß die hiesige Gemeindeverwaltung, namentlich das Ge-
mernderechiiungewescn, das Armenwcsen, das Schulwesen u. s. w.
unter der Verwaltung des jetzigen Bürgermeisters, bei welcher er al-
lerdings sowohl von den Gemeinderäthen, als dem Ausschuß und den
Staatsbehörden die bereitwilligste Unterstützung fand, geordnet wor-
den sind, daß die Stadt durch die Ausführung des unter seiner Ver-
waltung entworfenen Pflästcrungöplans sehr an Schönheit gewonnen
hat, daß der neue Friedhof eine Zirde der Stadt ist und die Auffüh-
rung eines neuen Krankenhauses den späteren Nachkommen noch Segen
verspricht u. s. w., daß endlich, ungeachtet vieler widrigen Verhältnisse
es nie zu einem fö-mlichen Bruche zwischen der Staatsbehörde und den
Gemeindebehörden kam zur Ueberzeugung führen, daß wir ihm Umsicht
und guten Willen nicht absprechen können, und es ist allerdings die Fra-
ge, ob die Gemeinde unter solchen Umständen undankbar sein und eine-1
neuen Bürger in die Lehre nehmen soll.
Den Vorwurf, daß meine Bemerkungen zu früh« gekommen s.i-
en, widerlegt derjenige, welcher ihn macht, selbst dadurch, daß er zu-
gibt, daß bei dem Wahlwesen auch schon davon die Rede gewesen
sei. UibrigeuS ist es für eine Wablfabrik allerdings wünschcnswcrther,
daß die Gründe für und gegen eine ft wichtige Wahl erst am Wahl-
tage vorgc-bracht werden, wo keine reifere Ueberlegung mehr möglich
ist und die weniger vorbereiteten Wähler gleichsam durch einen Theater-
coup zur Abgabe ihrer Stimmen veranlaßt werden.
Ob Herr Mathy sich zu einem Bürgermeister wegen dessen
„Entfremdung (!!) des Gemeindewescnö" zur Zeit nicht qua-
lisicire, werden die Wähler entscheiden, welche ihn genaiur kennen,
als ich.
Frankfurt, 27. Oct. Bei der heute stattgehabten Schlußziehung
Oster Klaffe hiesiger Stadtlotterie sind auf die letzten sieben Nummern
folgende Gewinnst? gefallen: Nr. 157L6 10000 fl., Ne. 106L5 2000 fl.,
Nr. 12185 1000 fl., Nr. 2L290 600 fl., Nr. 17753 LOO fl., Nr.
963L 350 fl. und Nr. 23636 LOO fl.
Berlin, 25. Oct. Die bereits erwähnte Crbinctsordre vom Li
Oct. d. I., betreffend die Bestimmung: Daß die in den preußischen
Staaten erscheinenden Bücker, deren Text, mit Ausschluß der Beila-
gen, 20 Druckbogen übersteigt, wenn sowohl der Verfasser als
der Verleger auf dem Titel genannt ist, der Censur ferner nicht
mehr unterworfen sein sollen, jst in dem heute ausgegebenen 22sten
Stück der Gesetzsammlung erschienen.
Bonn, 2L. Oct. Gestern Abends vor 10 Uhr erschien hier der
Himmel, ziemlich gegen Osten, stark geröthet, einen bedeutenden Brand
anzeigend. Von dem alten Zolle aus konnte man das Feuer in seiner
ganzen Ausdehnung auf der andern Nhcinseite wider dem Gebirge se-
hen. Heute Morgen vernimmt man, daß die Commende Ramersdorf
bei Obercasftl abgebrannt ist.
Wien, 23. Oct. Am verflossenen Donnerstage, den 20. Oct.,
hat die feierliche Aufstellung des neuen Kreuzes sammt Doppeladler
auf der Spitze des St. Stcphanusthurmes stattgefunden.
Hamburg, 22 Oct. Mit unfern Neubauten geht es nun rasch
 
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