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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 213
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No. 213.

Freitag den 9. Septbr

1842.

LanStagsBcrhanMungen.
CarlSruhc, 31. Aug. 52. öffentliche Sitzung der 2. Kammer. (Forts.)
Baum fährt fort: Lahr zahlt gerne ohne Weigern und hat an allen Institu-
ten des Landes bisher sein reichliches Scherstein beigetragen, ohne speziell für Labr
viel begehrt oder erhalten zu haben. Ich habe nun nur noch zwei etwaige Ein-
würfe zu beantworten, nämlich l) kann im Interesse der Zeit die Bahn nach Lahr
gelegt werden? Allerdings, es macht eine Differenz von vier Minuten, welche bei
der ganzen Eisenbahnlänge nicht in Betracht kommt; 2) wird wohl die hohe Regie-
rung zu dieser Bitte beistimmen? Ich hoffe cs und bin namentlich deßlvlb der vol-
len Zuversicht, daß dies geschieht, weil ja der hohen Regierung die Mittel zum
Bau bewilligt werden mußten und weil im Interesse des Handels und Verkehrs
diese Mehrausgabe geschehen und dieselbe durch die Errichtung der Bahn nach Lahr
sich reichlich belohnen würde. Ja, ich hege die Hoffnung, daß nicht nur die hohe
Regierung, sondern auch die hohe Kammer eine fleißige, gewcrbthätige, regsame
Bürgerschaft nicht hintansetzcn wird den andern bevorzugten Städten, daß diese
Stadt ebenfalls in die Reihe derjenigen ausgenommen werde, deren Emporblühen
durch Vermehrung der Kommunikationsmittcl bedingt ist, und bewirkt werden soll.
Ich hoffe, daß Sie meinem Anträge beistimmen, der dahin geht:
Die hohe Kammer wolle beschließen, daß der Bahnzug, anstatt von Friesenheim
über Dinglingen nach Ringsheim in gerader Linie zu führen - von Friescnheim
mit Aushebung des Stationshofes und der Postanstalt in Dinglingen, nach Lahr
und von da aus in beinahe gerader Richtung nach Ringsheim gezogen werde. —
v. Neubronn unterstützt den Antrag und dankt dem Abg. Baum für die
gründliche Ausführung desselben.
v. Jtzstcin kennt die Verhältnisse nicht näher, hält aber den Gegenstand für
so wichtig, daß er jedenfalls nähere Erwägung verdiene.
Ministerialrath v. Mar sch all. Die Sache ist in Unterhandlung und Dera-
thung und es wird geschehen, was geschehen kann.
Baum. Es handelt sich gegenwärtig um den Ankauf des Terrains; darum
glaubte ich jetzt schon die Sache anregen zu müssen.
Schaaff. Die Stadt Lahr, eine der ersten Handelsstädte des Großhcrzog-
thums verdient gewiß alle mögliche Berücksichtigung; da ich die Oertlichkeit genau
kenne, so kann ich der gründlichen Motivirung des Abg. Baum vollkommen bei-
treten.
Sander. Es ist richtig, daß die Negierung bei Führung der Eisenbahn die
allgemeinen Landesinterefsen beachtet; diese scheinen mir aber in der Ansammlung
der verschiedenen Lokalintereffcn zu liegen, und bei einer so gcwerbreichen Stadt,
wie Lahr, ist das Lokalintereffe mit sehr wichtigen Interessen des Landes verbun-
den. Ist nun schon bewiesen, daß die Bahn ohne große Schwierigkeiten und Ko-
sten über Lahr geführt werden kann, so ist damit das allgemeine Interesse auch ge-
geben, besonders wenn Lahr das thut, was so viele Städte in Frankreich angebo-
tcn haben, nämlich einen Beitrag zu den Kosten leistet. Er unterstützt den Wunsch
des Abgeordneten Baum dahin, daß die hohe Regierung ersucht werde, die Führung
der Bahn über Lahr in nochmalige gründliche Erwägung zu ziehen.
Hoffmann hat gegen diesen Antrag nichts zu erinnern; ein Beschluß der Kam-
mer könnte aber erst gefaßt werden, wenn nähere Untersuchungen vorlicgen. ES
lassen sich allgemeine Interessen denken, welche dagegen sprechen, z. B. die große
Abweichung von der geraden Linie. Sind einmal die deutschen Bahnen fertig, so
könnten solche Krümmungen der unsrigcn Eintrag thun.
Knapp unterstützt den Wunsch des Abg. Baum und schließt sich der Ausführung
des Abg. Sander an. Er hätte gewünscht, daß die Regierung die Vorlagen über
die angestellten Untersuchungen der Kammer mitgethcilt hätte. Er hätte ferner ge-
wünscht, zu erfahren , in wie weit eine neuere Vorstellung der Stadt Kehl in ähn-
lichem Betreff berücksichtigt worden sei.
Bader. Die Petition mit den Akten ist mir gestern zugestellt worden; ich
konnte sie noch nicht lesen und werde später darüber berichten.
Rindeschwcndcr erklärt sich ebenfalls für den Wunsch des Abg. Baum und
bedauert, daß die gepflogenen Untersuchungen nicht vorgelegt werden konnten, weil
sonst die Kammer vielleicht eine entschiedene Ansicht hätte aussprcchcn können. Er
wünscht zugleich, daß für diejenigen Landcstheile, die von der Bahn wenig Gebrauch
machen und doch dazu beitragen, wie die Seeprovinz, noch etwas übrig bleibe. Die-
ser Gegenstand werde übrigens später zur Sprache kommen und er werde sich dann
näher darüber äußern.
Staatsr. Frhr. v. Rüdt. Die Untersuchungen bezüglich ans Lahr wurden mit
bsr ersten Geschäftsnachweisung vorgelegt; die Regierung hat also hier nichts ver-
säumt. Bor definitiver Festsetzung der Richtung werden noch alle Wünsche gehört
werden. Die technische Behörde hat sich dahin ausgesprochen, daß die Richtung über
, r vortheilbaft wäre auf die eingckommcnen Vorstellungen aber wurden neue
Untersuchungen angeordnet. Die Interessen von Lahr liegen uns sehr am Herzen;
jedenfalls wird Lahr eine Seitenbahn erhalten.
Lang wünscht ebenfalls, daß die Bahn nach Lahr geführt werde und bittet die
Regierung, die angeordnete Untersuchung zu beschleunigen. Er protestirt gegen die
Äcußerung des Abg. Sander, daß Lahr einen Beitrag zu den Kosten leiste, was von
kcmer Stadt gefordert werde.
Baum bemerkt dem Abg. Hofsmann, warum denn nur bei Lahr das Lokalin-

tcrcffc zurückstchen sollte, während es doch mit dem allgemeinen wenigstens Hand
in Hand gehe und bei anderen Städten berücksichtigt worden sei.
Bader fand bisher keinen Grund die Regierung zu bitten, die Führung der
Bahn nach Lahr in Erwägung zu ziehen. Die Sache sei früher erörtert und Ding-
lingen in die Bahn ausgenommen worden. Jetzt haben sich die Ansichten geändert ;
man richtet seine Augen mehr auf den kleinen Verkehr und in dieser Beziehung
wird eine nochmalige Erwägung am Platze sein. Wenn die Bahn mit dem Auf-
wand an Geld und Zeit, wie der Abg. Baum angegeben über Lahr geführt werden
könne, so stimme er unbedingt dafür; es werde sich dies bei der technischen Untersu-
chung Herausstellen.
Der Antrag des Abg. Daum, die Regierung zu bitten, die Führung der Dahn
über Lahr nochmals in Erwägung zu ziehen, wird einstimmig angenommen.
(Forts, folgt.)

Carlsruhe, 3. September. 56. öffentliche Sitzung der 2. Kammer.
(Fortsetzung und Schluß.)
Der zweite Gesetzentwurf über das Eisenbahnanlehen ist folgender:
Art. 1. Die Etsenbahnschuldentilgungskaffe ist ermächtigt, auf den Grund des
Gesetzes vom Heutigen, ihre Errichtung betreffend, unter Aufsicht und Leitung des
Finanzministeriums eine Staatsschuld von zwölf Millionen Gulden zu contrahiren.
Diese Summe, welche den Verkauf der Schuldpapiere im Nominalwerth voraus-
setzt, ist verhältnißmäßig zu vermindern oder zu vermehren, nachdem der Verkauf
derselben über oder unter dem Nomiiialwerthc stattfinden wird.
Art. 2. Das Anleben ist durch den Verkauf 3'/- oder 4procentigcr, auf den
Inhaber lautenver und von Seiten der Gläubiger unaufkündbarer Partialobliga-
tionen zu machen. Der Inhaber von Partialobligationen kann dieselben bei der
Etsenbahnschuldentilgungskaffe auf seinen Namen einschreibcn lassen. Die Zinsen
werden halbjährlich bezahlt und können nach Wahl der Creditorcn bei allen Großh.
Staatskassen oder in Frankfurt bei dem damit beauftragt werdenden Banquier er-
hoben werden.
Art. 3. Zur allmä!>tigcn Heimzahlung des Anlehens wird ein Tilgungsfonds
festgesetzt, der gleich im ersten Jahre wenigstens ein halbes Procent des Kapitals
betragen, und bis zur vollständigen Heimzahlung jährlich mit sechs Proccnt seines
Betrages anwachsen muß. In den ersten zehn Jahren darf dieser Tilgungsfonds
nicht höher als auf ein Procent mit dem gleichen Zuwachs bestimmt werden.
Art. 4. Der Tilgungsfonds wird zur Rückzahlung einer entsprechenden, durch
das Loos zu bestimmenden Anzahl der ausgegcdcnen Partialobligationen im No-
minalbetrag verwendet. Nach Ablauf der ersten zehn Jahre kann ein größerer Theik
oder das ganze Anlehen von Seiten der Etsenbahnschuldentilgungskaffe aufgekündigt
werden; im ersten Fall find die zur Rückzahlung kommenden Partialobligationen
wie bet Verwendung des Tilgungsfonds durch das Loos zu bestimmen.
Art. 5. Der Anlehensuntcrnehmer hat den Verkaufspreis der Partialobliga-
tionen in den durch das Finanzministerium vor der Begebung des Anlehens zu be-
stimmenden und in das Soumiffionsförmular auszunehmcnden Raten je gegen AuS-
folgung einer entsprechenden Anzahl von Partialobligationen an die Eisenbahnschul-
dentilgungskaffe baar zu bezahlen, auch zur Sicherheit für die Vollziehung des gan-
zen Geschäfts eine Caution von 500,000 st. zu stellen, die nach Einzahlung der er-
sten Hälfte des Anlehens auf 300,000 fl. und nach Einzahlung von drei Vierteln
des Anlehens auf 150,000 fl. beschränkt wird.
Art. 6. Die Summen, auf welche die Partialobligationen ausgcsertigt wer-
den sollen, wie viele von jeder Gattung und mit welchen Zinszahlungüterminer^
wird das Finanzministerium nach der Begebung des Anlehens bestimmen, unter bil-
liger Berücksichtigung der Wünsche des Anlehenüunternchmers.
Art. 7. Die Zinsraten, welche auf den Partialobligbtionen, die der Anlehens-
Unternehmer für jede Ratenzahlung ausgefolgt erhält, am Tage der Zahlung haf-
ten, hat derselbe der Etsenbahnschuldentilgungskaffe gleichzeitig mit dem Kaufpreis
für das Kapital zu vergüten. Ebenso hat die Etsenbahnschuldentilgungskaffe denk
AnlehcnSunternehmer von Partialobligationen, deren Zinslauf erst nach der Ein-
zahlung des Kapitals beginnt, die Zinsraten von da an bis zum Anfang des Zin-
fenlaufs zu ersetzen.
Art. 8. Die Begebung des Anlehens findet im Wege der Concurrenz und Pub-
licität statt, wenn aonchmbare Gebote erfolgen.
Art. 9. Die Concnrrentcn haben ihre Gebote durch Soumiffioncn abzugebcn,
die nach Vorschrift des Finanzministeriums abzufaffen und verschlossen einzureichen
sind.
Art. IO- Die Gebote müssen auf eine bestimmte Summe für je hundert Gul-
den lauten, und können nur angenommen werden, wenn der betreffende Eoncurrcnt
die im Art. 5 festgesetzte Caution noch vor Eröffnung der Soumiffion gestellt hat.
Art. il. Die Soumiffioncn müssen an dem vom Finanzministerium anberaum-
tcn Tage und vor Ablauf der festgesetzten Stunde demselben übergeben werden. Die
Uebergabe geschieht in einer Sitzung des Finanzministerium, zu welcher der Direk-
tor der Amortisationskasse bcizuzichen ist. In Gegenwart fämmtlicher Sonmitten-
ten werden sodann die abgegebenen Soumiffionen unter gemeinschaftliche Siegel
gelegt.
Art. 12. Vor Ablauf von 43 Stunden sind die Soumissionen in einer Sitzung
des Finanzministeriums, zu welcher der Direktor der Amortisationskaffe beizuziehen
 
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