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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 299
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No. 299.

Sonntag den 18. Dezember.

1812

Toqsbericht..
Hannover, 11. Dez. Nach der Vcrmäblnng des Kronprinzen
will der König eine Reise nach England antrelen, von welcher schon
früher wohl die Rede gewesen ist. Diese Reise soll aber keinen ande-
ren Zweck haben, als den berühmten Arzt Sir Henry Halford zu een.
sultiren, da der König zu diesem, der früher sein Arzt war, vas größte
Vertrauen bat, während, seit Stieglitz toet ist, der König den deut-
schen Aerzlen wenig Vertrauen schenkt, und oft nur mit Mühe dazu zu
bewegen ist, ihren Anordnungen zu folgen.
Leipzig, 8. Dez. Es bereiten sich hier drei Petitionen an den
Landtag vor; eine um Mündlichkeit und Oeflentlichkeit, eine
um Preßfreiheit und das längst versprochene Prcßgesctz, eine um
Sicherung des literarischen Eigenthums.
Wien, 11. Dez. Unsere StaatsEisenbahnbauten gehen
mit Riesenschritten vorwärts. Auch mit der königl. sächsischen Regff
rung ist nunmehr eine Convention wegen des Baues einer Eisenbahn
von Prag nach Dresden abgeschlossen. Damit wird die Verbindung
des adriatffchen Meeres mit der Nordsee durch die ganze. Läng;
der österreichischen Provinzen als vollendet zu betrachten sein.
So geht das große Werk in stetem For-schreiien seiner Vollendung ent-
gegen, ein wahres Monument nationaler Tüchtigkeit und ruhiger Größe,
ein unvergängliches Denkmal für den kaiserlichen Willen, der es ins
Leben gerufen, für die kräftige Hand, die es vom Anbeginn geleitet
hat und zu Ende führen wird.
Paris, 14. D. z. Nachrichten aus Spanien.
1. Perpignan, 12. Dez. Gestern sind drei Regimenter von Bar-
celona nach Girona aufgebrochcn. Man hat täglich 1000 Arbeiter in
gezwungener Frohne auf^eboten, um die Citsdelle von Barcelona wie-
der au'zubauen. Das Linienschiff Nodney war nach Malta abegan-
gen und nur die englische Fregatte Jnconstante auf der Rhede von
Barcelona zurückgeblieben. Das Dampfschiff Aetna, gestern um 3 Uhr
von Barcelona abgefahren, ist heute früh mit 14 Passagieren zu Port
BendreS crn.Mvffen; ks wird nach Barcelona zurückkehren.
2. Berichte aus Figueras vom 8. Dez. melden, daß am Tage zu-
vor in Barcelona Alles ruhig war und unterworfen; die Entwaffnung
ging emsig voran; schon waren 23,000 Gewehre in den Händen der
Autoritäten; die ganze Provinz war in ruhigem Zustand.
3. Nach Berichten aus Madrid vom 6. Dez. wäre es dort bei-
nahe zu einem Handgemenge gekommen zwischen Republikanern und
Nationalgardisten. Ein freisinniger Poet mit Namen Villergas,
hatte Verse gegen die Regierung und den Regenten an den Straffen-
ecken anschlagen lassen; einige Milizen hieben die Placate mit ihren
Säbeln herunter; darüber entstand Streit, der aber bald wieder bei-
gelegt «ar.
4. Terradas durchstreift die Gebirge von Lamvourdan an der
Spitze einer Bande von 100 Mann, worunter 40 Ossiziere.
— Gras Mole hat gestern Abend seine Salons eröffnet; die Zahl
der ihn Besuchenden war sehr ansehnlich; unter ihnen befand sich der
Herzog von Nemours und mehrere Diplomaten.
— Viele Londoner Blätter tadeln das Verfahren des brittischen
Consuls zu Barcelona und fordern Lord Aberdeen auf, es zu desa-
pouiren.
— Privatbriefen aus Barcelona zufolge, hat das Bombardement
durch Einäscherung einer großen Anzahl von Häusern, Waarenmaga-
zincn und Fabriken, durch Beschädigungen und Zerstörung von Maschi-
nen einen unermeßlichen Schaden angerichtet. Inmitten so großen Jam-
mers befahlen die Generale des Regenten die Wiedereröffnung des
Theaters. Das erste Stück, welches aufgesührt wurde, war, nebst
einem Ballette, der „Tyrann von Padua."
— Am 9. Dez. hat d r Thierbändiger Van Amburg seinen Ein-
zug in London gehalten; er saß in einem mit acht Schimmeln be-

spannten Wagen; ihm voran ging eine Truppe Musikanten; es folgten
zehn vierspännige Wagen, jeder mit einem elegant geschmückten Käfig
voll gezähmter Thiere; den Schluß des Zugs machten 50 herrliche
Pfe de.
— Als Beispiel von dem Zustande der Verwaltung in Frankreich
werden im „Journal des Debats" folgende Thatsachen mitgetheilt, die
der „Verein zur Hebung der Moralität" durch seine „Abtheilung für das
Gefängnißwesen" in einer Volkoschrist allgemein bekannt macht: „DaS
Protestiren eines Wechsels lostet gesetzlich 1 Fr. 35 Et., die Ankündigung
einer Exekution gegen die Person 4 Fr. 70 Et., die Huissiers fordern aber
allgemein für erfteres 10 Fr. 40 C., für letzteres 16 Fr. 40 C.
Für die Verhaftnahme steht den Dienern des Handelsgerichts gesetzmäßig
zu: Stewp l und Einschreiben 3^ Fr.. Fiacre 3Fr., Verhaften und Ab-
liefern 60 Fr., Registratur 8 Fr., zusammen 76 Fr. 75 C.; statt dieser
Summe lassen sich die Diener des Handclsgeiichts durchschnittlich 240 Fr.
bezahlen. Auf diese Weise berechnete ein Huissier für einen unbezahlten
Wechsel von 300 Fr. sich 964 Fr. Kosten rc."
London, 10. Dez. Ankunft des chinesischen Vertrages:
Der „Standard" meldet aus Desonport vom gestrigen Tage: Major
Malcolm, Legationssecretair in China, traf heute von dort auf dem
Dampfschiffe „Locusta" hier ein. Er ist der Ueberbringer des von Sir
H. Pöttinger mit dem Kaiser von China adgeschlcffenen Vertrags, wel-
cher die Unterschriften der zu diesem Zwecke nach Nanking abgeschickten
drei Obercommissäre trägt, so wie eines Genebmigungsschreibens vom
Kaffer selbst, worin derselbe sich feierlich verpflichtet, den Vertrag zu
ratificiren, sobald ec dies Actenstück mit dcc Unterschritt der Königin
Victoria versehen zurückempfange. Die Fregatte „Blonde" von 46 Ka-
nonen war mit 2 Millionen Dollars der chinesischen Entschädigungs-
gelder an Bord von China nach England abgesegelt. Major Malcolm
ist heute Vormiltag mit Cvurierpferben nach London abgereist.
— Mit dem Dampfschiff „Hottinger" sind wieder 200 unglückliche
Auswanderer im größten Elende aus Nordamerika zurück in Liverpool
angelangt; das letzte Dampfschiff hatte deren 140 aus New Jork zu-
rückgebracht. Seltene Fälle ausgenommen, ist es den Auswanderern
jetzt ganz unmöglich, in den vereinigten Staaten, die selbst müßige
Hände genug zählen, ein nährendes Unterkommen zu finden.
Madrid, 7. Dez. Die offizielle „Gaeeta" meldet heute die Ue- '
bergabe Barcelona's. Der Regent ist für den 14. d. hier zurückerwartet.
Ancona, 7. Dez. Es scheint, daß in der griechischen Finanzver-
Wallung eine vollständige Reorganisation beabsichtigt wird, da in der
letzten Zeit wesentliche Gebrechen in dem bisherigen System entdeckt
worden sind. Man soll in dieser Rücksicht Frankreich wesentliche Ent-
hüllungen verdanke«.
— Die Zahlungen, welche nächstens an Baiern und später (im
März) an Frankreich, »Heils zur Tilgung der Nationalschuld, thcils
zur Berichtigung der Interessen geleistet werden sollen, setzen den Staats-
schatz in einige Verlegenheit. Die Leistungen an Bayern können leicht
erfolgen, aber kommen die an Frankreich hinzu, so sind außergewöhn-
liche Anstrengungen nöthig.
Constantinopel, 23. Nov. Es heißt, der russische Kaiser habe
ein eigenhändiges Schreiben an den Sultan gerichtet, worin er sein
Bedauern ausdrückc über die Ereignisse in Serbien, über die Art und
Weise, wie die Pforte in diesem Lande vorgegangen sei. Die Pforte,
herßl es darin, habe durch ihre Maßnahmen alle monarchischen Grund-
sätze verletzt und durch eine Revolution, den größte» Feind d r Mo-
narchie, die Zwecke erreicht, die sie daselbst verfolgt zu haben ,cheine.
Aus diesen Worten wollen nun Manche schließen, daß die Absetzung
des Fürsten Michael und die Erhebung des Alexander Georgiewitsch
ein bloß der Pforte zur Last fallender Staatsstreich gewesen sei. In-
dessen soll das Schreiben auch einige Ausdrücke der Mißbilligung hin-
sichtlich der Vorgänge in der Wallach« enthalten.
 
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