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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 22
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No. 22

Mittwoch, den 26. Januar.

1842.

Tagesbericht.
Berlin, 20. ^an. Unsere evangelischen Geistlichen haben ein Res-
kript vom Consistonum erhalten, nach welchem sie ihre Gemeinden zu
einer Kollerte für das evangelische Bisthum Jerusalem aufmuntern
sollen. Die Geldsammlungen werden vermuthlich zum Osterfeste an
den Kirchentburen veranstaltet werden.
l""gen türkischen Offiziere, welche noch unter Sultan Mah-
muds Regierung rm Frühjahre 1839 nach Berlin gesandt wurden, um
h.er nn Schooße der europäischen militärischen Bildung sich zu tüchtigen
Artillerieoffizieren auszubildcn, haben in diesem Zeiträume bis jetzt er-
staunensweribe Fortschritte nicht bloß in dem Militärfache, sondern auch
in allen geschätzten europäischen Bildungszweigen gemacht, Musik, Zeich-
neu, Tanzen, Fechten und schwimmen nicht ausgenommen. Mit Herr-
lichcn Nakuranlagen begabt, kamen diese Efendis, in einem Alter von
20 bis, 23 Jahren, eben aus der Militärschule zu Constantinopel, wo
der ganze Lehrcyclus in etwas Arabischem, so viel zum Verstehen des
Korans gerade nöthig war, im Trvmmelschlagen und Maschiren, und
nebenbei in einem sehr dürftigen Unterricht in der Elementargeographie
und der Mathematik bestand.
Paris, 21. Jan. Im Hofe und Zeughause zu Toulon sind solche Un-
ordnungen bei der Verwaltung vorgekommen, daß Admiral Baudin ge-
zwungen ist, mit Strenge und gerichtlich zu verfahren. Trotz der bewun-
derungswürdigen Einfachheit, Klarheit und Pünktlichkeit, mit welcher in
Frankreich über Allcö Buch und Rechnungen geführt wird, schleichen sich
überall die größten Mißbräuche ein und zwar in Folge eines Uebelstandes,
der überall zu Grunde liegt, nämlich: daß auf der einen Seite viel ver-
schwendet und auf der andern gefilzt wird. Die nieder» Beamtengcbalte
sind erbärmlich und winzig; selbst in Paris wird keine Ausnahme gemacht.
Untcrschleise dürfen daher nicht Wunder nebmen.
London, 20. Jan. Der nördliche Theil von London wurde neu-
lich Abends durch sechs bis acht Kerle alamirt, welche in den Straßen
die Nachricht von Ludwig Philipps Tode ausriefen. Sie verkauften
für einen Penny ein kleines Flugblatt von etwa 30 Zeilen, worin es
bieß, daß ein Courier die Nachricht überbracht habe, auf den König
sey geschossen und derselbe höchst wahrscheinlich gctödtet worden; näheren
Nachrichten sehe man ängstlich entgegen. Die Kerle verkauften eine
Masse Ercmplare und erreichten somit ihren Zweck.
— Man erwartet zur Taufe auch den König Ferdinand, Gemahl
der Donna Maria.
OstcnVe, 21. Jan. Se. Maj. der König von Preußen ist ge-
stern Abend gegen halb 3 Uhr hier eingetroffen. Die Ankunft wurde
^urch die Aufwartungen verzögert, die Se. Majestät in Gent und Brügge
von Seiten der Gouverneurs der beiden Provinzen empfing. Der König
^ "ach hinein Eintreffen dahier in daS Hotel des Bains, dessen
Vorderbau zu seiner Verfügung gestellt ist. Er fuhr hierauf
.„tzx/!2,.Palast, wo Sc. Majestät der König der Belgier ihm ein
e. gab. Se. Maj. der König von Preußen hat sich nicht,
soiid-? ^stimmt gewesen seyn soll, gestern Abend schon ein-
geschistt, s r« übernachtet, da die königliche Jacht, der Fire-
m Anaellm? die Ueberfahrt geschehen wird, erst diesen Mor-
Lln frub "U Ungesich unseos Hafens erschienen ist. Die drei Kriegs-
schiffe, das "Nlen'ch ff ^ 84 Kanonen und die beiden
Fregatten WarsPtte und D^dicasive von 58 Kanonen, bleiben aus dev
Rhede. Außerordentlich cs die Menge Fremder, die man seit gestern
Morgen hier bemerkt; besonders sichj man viele Brügger hier.
Haag, 20. Jan. D>a" -aupret immer noch, daß unser Monarch
mit des Königs von Preußen Mcy., auf Höchstdesftn Rückreise ans
Eng'and eine Begegnung haben werde.
Mo Janeiro, 30. Nov. Am 22. d. Hatto der junge Kaiser in Person
dieAuflösung der Kammer vorgenommen. Eines der neuen Gesetze, welche
vonihm sanktionirt wurden, bezweckt die Verbesserung der Strafrechtspflege.

Landtagsverhandlungcn.
Carlsruhe, 21. Jan. (Fortsetzung und Schluß.)
Je mehr Deutschland sich ausschwinge, desto weniger sei es auf sich
selbst beschränkt, je mehr es sich über seine Nachbarn erhebe, desto of-
fener stehe ihm die Erde in allen ihren Thcilen. So England. Da-
hin müsse es kommen, daß der Deutsche wie der Engländer, die ganze
Welt sein Vaterland nennen könne. Welches nun aber auch die Gründe
der Auswauderungslust sein möchten, die Thatsache sei nun einmal da
und die Regierungen müßten Notiz von ihr nehmen; sie müßten die
Auswanderung zu einem Mittel der Ausbreitung deutscher Nationalität
zu machen suchen; dies könne aber nicht geschehen ohne Seemacht;
ohne sie würden die Auswanderungen statt vortheilhaft, nur nachthei-
lig für Deutschland sein; es würden losgerissene, isolirte Theile der
Gesammtheit bleiben, die in ihrer Jsolirung und Trennung vom Mut-
terland nothwendig über kurz oder lang ihrer Nationalität beraubt
werden müßten. Darum sollten die Regierungen zusammenwirken, um
den deutschen Auswanderungen den Karakter von deutschen Kolonien
zu geben, wie bei den Staaten des Alterthums, wie b'ei England der
Fall sei. Trefurt will den Erörterungen der vorhergehenden Red-
ner über den höher» Gesichtspunkt nichts weiter hinzufügen und sich
auf die Bemerkung beschränken, daß schon der finanzielle Gesichtspunkt
die Regierung bestimmen sollte, das LooS der Auswanderer möglichst
zu sichern, damit nicht so viele als Bettler zurückkebrten.
Sander: Betrübend sei der Gegensatz zwischen früher und jetzt; wäh-
rend in den früheren Zeiten unsere Vorfahren mit dem Schwerte in
der Hand ausgezogen seien und sich Wohnsitze in fremden Ländern er-
kämpft hätten, so gehe der Deutsche jetzt nur in's Ausland um meist
im Dienste desselben und zum Vortheil desselben im Schweiße seines
Angesichts sich abzumühen. Es sei Zeit, den Auswanderungen eine
andere Richtung, eine andere Bedeutung zu geben; es müsse dabin ge-
wirkt werden, daß die Kräfte der Auswanderer für das Mutterland
nicht verloren gingen. Dies werde am meisten dadurch erreicht wer-
den, daß man den Auswanderungen die Richtung vorzugsweise dahin
gebe, wo bereits deutsche Ansiedelungen in einer gewissen Ausdehnung
vorhanden seien; daher schon ein Anhaltpunkt für neue Auswanderer
vorhanden und die Erhaltung der deutschen Nationalität am leichtesten
zu sichern sei. Dies finde in Nordamerika statt: bier bildeten die Deut-
schen bereits eine Macht, und wie man für das Mutterland am besten
durch die Leitung der Auswanderungen nach dieser Richtung hin sorge,
so werde auch von dorther durch die neuen Kräfte, welche man der
Erhaltung deutschen Wesens, deutscher Sitte, deuscher Sprache im frem-
den Welttheil zuführe, der beste Dank zu erwarten sein. Er sei daher
der Meinung und stelle den Antrag: es solle die Kammer den Wunsch
zu Protocoll ausdrücken, daß bei Leitung der Auswanderungen immer
hauptsächlich die Erhaltung und Ausbreitung der deutschen Nationalität
berücksichtigt werde. Knapp spricht für Errichtung von Konsulaten in
Nordamerica, und geg:n d»e Auswanderungen nach Polen, Rußland
und Ungarn. (Übervölkerung sei keine vorhanden, denn suche man
tüchtige Dienstboten oder Ardeitslcute, so fehlten sie, was daher komme
daß Stolz und Müssigang auch die Unteren Klassen ergriffen hätten,
so daß sie sich der Arbeit schämten. Staatsrath Frhr. von Rüdt: Es
sei eine alte Erfahrung m der Weltgeschichte, daß ein Erdtheil dem
andern den (Überschuß seiner Bevölkerung zusende, so habe Eu-
ropa einen großen Theil seiner Bewohner aus Asien erhalten, so Ame-
rika in neueren Zeiten aus Europa. Geschähen diese Ansiedelungen
in großer Masse, so vermöge sich auch die Natioalität der Einwohner
zu erbalten, während, wenn sie in kleinem Moaßstabe und vereinzelt ,
geschähen, sie in der Regel dem Einfluß übermächtiger umgebender Ele-
mente nicht wiederstehen könnten. Diese Erscheinung werde sich auch
jetzt bewähren; wo in Amerika Deutsche in Massen angesiedelt seien,
 
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