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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 178
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https://doi.org/10.11588/diglit.32620#0723

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X«. 178.

Bestellungen anfs Mannheimer Morgenblatk beliebe man für hier und die nächste Umgebung b-n der Redaction, und Auswärts bei demjenigen Postamt,
welches dem Abonnenten zunächst liegt, zu machen. — Den jetzt erst eintrctcndcn Abonnenten werden die Blätter vom <. Juli an, vollständig nachgclicfert. Geeignete
Beiträge werden von Jedermann dankbar ausgenommen; Briefe und Zusendungen sind stets an die: „Rcdaction des Morgenblattes in Mannheim^ zu adrcssiren.
Einrückungen die bei der bedeutenden Auflage des Morgenblattes eine große Verbreitung erhalten, zahlen für die Zeile ans Petit-
schrift oder deren Nauru nur 2 kr. nnd worüber die Nedaction Auskunft zu ertheilen hat 3 kr.

Samstag den 30. Juli.

1842.

Landtagsvcrhandlnngen.
Carlsruhe, 25. Juli. 2<si öffentliche Sitzung der 2. Kammer. (Forts.)
Sander. Zugleich aber auf eine Weise bestritten, daß von diesem Anerkennt-
njß nicht mehr viel übrig bleibt; denn ich wüßte wahrlich nicht, wie man darin
eine Anerkennung des Rechts finden könnte, wenn man einzelnen Mitgliedern die
Ausübung desselben verbieten wollte. Ich glaube daher, daß der Abg. Schaaff,
wenn ihm nicht gerade darum zu thun war, das Recht der Anzeige möglichst zu
verhindern »nd zu beeinträchtigen, nicht im Recht war, dem Abg. Welcher irgend
eine Bemerkung entgegen zu halten. Ich will mich nicht auf diesen einzelnen Fall
cinlaffen, allein cs scheint doch aus den Bemerkungen des Abg. Welcher zu folgern,
daß in dem Amt Bonndorf ein von früher her, fortdauerndes Mißverhältnis gegen
die Amtsuntergebcnen herrscht, und ich wünsche mit ihm, daß man doch endlich ein-
mal von Seiten der Beamten und der öffentlichen Verwaltung davon abstrahircn
möchte.
Schaaff begreift nicht, wie ihn der Abg. Sander so sehr mißverstehen konnte.
Er sei eifersüchtig auf die Rechte der Kammer; er habe nie ei» Recht vergeben und
nie dazu mitgcwirkt, solche zu beschränken; aber wenn er sage, nicht icdcr Abgeord-
nete habe das Recht, aus dem Stegreif einen einzelnen Fall vorznbringen, so sei
dich keine solche Beschränkung, indem die Beschwerde entweder auf dem Weg der
Bitte oder durch eine Motion in die Kammer gelangen müsse.
Der Präsident bemerkt, daß die.Anzeige eines Mißbrauchs »ach §. 67 der Ver-
fassung allerdings nur in Folge einer Petition oder Motion beschlossen werden könne.
Es sei aber üblich geworden, zu interpelliren, um von der Regierung Aufschlüsse
über gewisse Gegenstände zu verlangen. Im Jahr 1831 sei jedoch beschlossen wor-
den, die Regierung vorher von der Interpellation in jEnntniö zu setzen, damit sie
wisse, um was es sich handle, und nöthigcnfalls vorbereiten könne. Dies habe der
Abg. Welcher versäumt.
Wassermann. Die ganze Sache wäre gewiß unterblieben, wenn die Regie-
rung einen andern Weg cingcschlagen hätte. Der Herr Negieruiigskommissär ver-
weist jene gekränkten Leute auf den Weg der Beschwerde bei der'Hähern Behörde.
Da aber die Kränkung sich besonders auf die Wahlgeschichten bezieht und die Ein-
wirkung der Beamten von der ober» Behörde selbst befohlen wurde, so war es von
diesen Leuten ganz verständig, daß sie sich nicht bei den Behörden beschwert haben.
Hätte der Herr Präsident des Ministeriums des Innern seine frühere Verordnung,
die überall mit Dank ausgenommen wurde, wornach die Presse über inländische
Angelegenheiten vollkommen frei gegeben werden sollte, aufrecht zu erhalten gewußt,
so würde auf dem Weg der Prcffe/cin solcher Amtsmißbrauch vor die öffentliche
Meinung gekommen sein, die darüber die beste Richterin ist und man wäre nicht
gcuöihigt gewesen, »nd der Abg. Welcher wäre gewiß froh gewesen, nicht gcnöthigt
zu seui, Ziesen Mißbrauch eines Beamten zur Sprache zu bringen. Wenn min
der Ncknrsweg keine Hülfe verspricht, nnd wenn der Abg. Sander in seinem Bericht
ausführlich klar machte, daß alles, was von Seiten der Beamten geschah, nicht
freiwillig, sonder» auf Befehl geschehen ist, und wenn nichts von demjenigen was
diese Deaiiiten getha,, haben, P arg es auch sein mochte, von der Regicrnngsbank
aus mißbilligt worben ist und auch heute nicht mißbilligt wurde, so frage ich, waS
denn Anderes übrig bleibt, als an den, einzigen Orte, wo das Wort noch frei ist,
die Sache vorzubringen. Ich danke deshalb dem Abg. Welcher, daß er den fragli-
Borfail zu unserer Kcnntniß brachte.
tzrhr. v. R üdt. Ruch der Ansicht, die der Herr Abg. Wassermann geäußert
' ' / !?ßddc eigentlich die ganze Regierung an die Kammer gelangen; denn weil
nach «einer Meinung der obersten Behörde nicht mehr zu vertrauen ist, so gibt er
Jedem das Rtchj, sich an die.Kammer zu wenden. Das Einfachste würde sein,
wenn von «citri, der Regierung ans solche Bemerkungen keine Antwort mehr ge-
geben wnrde^ Was die immer wiederholten Klage» nnd Beschwerden gegen die
d-cnsur betrifft, so widerhole auch ich meinerseits, daß an der Censur-Jnstru.tion
durchaus nichts abgcändert worden ist. und sämmtlichc Ccnsorcn sich nach derselben
zu dcm-huien haben. Wenn aber die Negierung in einzelnen Fallen besondere An-
ordnungen rncksschtlich der Presse trifft, so ist sic dazu durch die Verfassung berech-
nst' Falle könne» auch durchaus nicht vermieden werden. In Beziehung
au, die Wahlangclcgcnheitk» n,„ß ich aber bemerken, daß durchaus nichts weiter
verboten worden ist, als die persönliche Anrühmung oder die persönliche Vcrdäch-
Ngung von Candidatcn anfznnchmcn. Es ist dies eine Pflicht, die wir zur Erhal-
ii ng der Freiheit der Wahlen ausübcn zu müssen glaubten; eine Pflicht die auch
in de,, Nachbarstaaten als solche anerkannt ist, und die jeder rechtlich Denkende an-
erkennen „,uß. Zu einer Mißbilligung des Verfahrens der Beamten habe ich bis
jctzt kdmen Grund gefunden. Immer wirft man die allgemeine Behauptung hin,
cs sei von den Beamten auf die Wahlen cinzewirkt worden. Aber, meine Herren,
e» wurde gegen die Regierung noch ln ganz anderem Maße cingcwikt. Bezüglich
auf die Bemerkungen des Abg. Welcker äußert der Redner, daß sie sich durchaus

nicht hierher eignen. Das Vertrauen auf die Redlichkeit der Beamten nnd Kolie-
gialbehörocn könne nicht bestritten werden, nnd der Gegenstand sei auch zu unbe-
deutend, als daß hierdurch den Organen der Regierung das Vertrauen entzogen
werden könnte. Wenn der Abg. Sander der Negierung den guten Rath gebe, den
betretenen Weg zu verlassen, das heißt, sich aller Aufmerksamkeit auf das stattfin-
dende Treiben zu enthalten, so wünsche er dagegen, im allgemeinen Interesse, man
möge von der andern Sette dahin wirken, daß die Aufregung und vie Umtriebe
ein Ende nehmen und nicht bei jedem Anlaß wieder in Gang gebracht werden. Die
Regierung wünsche nur Ruhe und Zufriedenheit im Lande, nnd die Zeit sei nicht
ferne, wo man sich überzeugen werde, daß das Geschehene keinen Grund zu Un-
ruhe oder Mißtrauen geben konnte. Die Pflicht der Beamten sei cs aber, aut das
Treiben, das jetzt noch fvrtgehe »nd künstlich unterhalten werde, ein wachsames
Auge zu haben.
Trefnrt kennt die Verhältnisse in Bonndorf nicht und weiß eben so wenig,
daß Beamte sich Leidenschaftlichkeit, Willkühr u. dergl. gegen ihre Untergebenen er-
lauben, besonders gegen Diejenigen, welche eine andere politische Ansicht haben, als
sie. Ohne Beweis glaube er es nicht; wenn dem aber so wäre, so müßte er cS
ini höchsten Grade beklagen. Uebrigcns frage er diese Herren, ob sie glauben, wenn
Leidenschaftlichkeit und Mißtrauen vorhanden sei, daß der bisher betretene Weg und
die bisherigen Verhandlungen geeignet seien, es zu beseitigen; ob die grenzenlose
Herabwürdigung, welche die Beamten in diesem Saale erfahren müssen, geeignet
sei, das Vertrauen wieder herzustetlcn; ob die Geißel die man über ihn geschwun-
gen habe, dazu dienen könnte, sie freundlich und liebevoll z» machen nnd alle Lei-
denschaften in ihren Gemüthern zu ersticken. Dies können Sic nicht erwarten und
wenn Sic ohne Scheu gesagt haben, daß man die Beamten für fähig halte, durch
eine unangenehme Maßregel der Regierung in dem Maße eingcschüchtert zu werden
daß sie nicht mehr die Kraft hätten, ihre Pflicht zu erfüllen, so werden Sie ihnen
doch nicht daß Uebermaß von Erbärmlichkeit Zutrauen, daß sic auch noch vor Ihrer
Geißel zittern. Ben diesem Tone sollte man «blaffen; er verlange von der Re-
gierung und allen Beamten daß sie Ruhe und Mäßigung beobachten, habe auch
allen Anlaß, den sie zu solchen Beschwerde» gaben, nie gebilligt; allein so lange
auf dem Wege fortgeschritten wird, den Sic seit acht Wochen fest unausgesetzt cin-
halten, ist Friede nicht möglich.
Welcker. Der Abg. Schaaff habe auch diesmal, wie schon oft, eine Lanze
zur Verthcidigung der Regierung gegen ihn eingelegt; doch mehr zum Scherz als
znm Ernst, denn was er sagte, habe Heiterkeit verursacht.
Schaaff. Ich sprach im wohlverstandenen Interesse der Negierung und wollte
sie nicht in Schutz nehmen; sic bedarf meines Schutzes nicht.
Welcker. Der Herr Abgeordnete sprach sodann auch von Salbadercic». Wenn
er aber den Verfasser des von mir verlesenen Schreibens kennte, so würde er nicht
glauben daß er Salbadereien schreibe.
Auf den tz. 67 der Verfassung habe ich mich nicht berufen. Es giebt auch un-
geschriebene Paragraphen und so lange cs Volksvertreter giebt, ist cs ihre Pflicht,
das Volk gegen Mißbräuche zu vcrtheidigcn. Der Abg. Trefnrt halte zuweilen,
eine moralische Vorlesung und scheine zu versuchen, die Mehrheit der Kammer in
dem Ilrtheil des Publikums herabwürdigen zu wollen; allein dies werde ihm wohl
nicht gelingen. Von unschicklichen Angriffen gegen die Beamten habe er »ichiü be-
merkt und er habe sich nie. auch im vorliegenden Falle nicht, ein hartes Wort ge-
gen sic erlaubt. Wenn aber ein Mißbrauch stattfinde, so müsse er gerügt werde»,
sonst wachse er fort. Das Vertrauen nehme nicht zu, wenn man gegen Schritte,
die es erschüttern, die Airgen verschließe, sondern wen» sie gründlich gerügt werden.
Er thcilt die Ansicht des Hrn. Negicrungskommissars, daß cs unpassend wäre, Miß-
brauche hier zur Sprache zu bringen, wenn man bei den ordentlichen Behörden
Hülfe finden könnte; anders verhalte es sich aber, wenn es sich um die schlimmen
Folge eines politischen Systems handle, das durch die Herren Minister selbst ins
Leben gerufen wurde. Dann sei es Zeit, sie zu bitten, Abhülfe zu gewähren und
er möchte an der Stelle des Hrn. Ministerialchefs die Verantwortlichkeit nicht auf
sich nehmen, wenn durch die unbedingte Entschuldigung aller Mißbrauche der Un-
wille anderseits wachse und zu unangenehmen Folgen führe. Es werde dem Hrn.
Minister leicht sein, zur vollständigen Kcnntniß der Wahrheit zu kommen und dann
werde er das Geschehene nicht recht finden. Die Einleitung einer Kriminaluntcr-
suchnng, überhaupt die Behandlung einzelner Bürger, wie er sie vorgetragen seien
keine unbedeutenden Gegenstände.
Schließlich widerspricht der Redner, was der Herr Chef deS Ministeriums des
Innern über die Verfassungsmässigkeit seiner Censnrinstrnktion gesagt habe. Wenn
die allgemeine Instruktion jeweils willkürliche Beschränkungen erleide, so sei dies ein
Angriff auf den letzten Nest der verfassungsmäßigen Preßfreiheit.
Platz bestreitet, daß man der Minorität den Vorwurf machen könne, dass sic
die Beamten bei jedem Anlaß, wenn Mißbräuche Vorkommen, unbedingt verthei-
 
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