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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 253
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https://doi.org/10.11588/diglit.32620#1029

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MMcheimr MoWeMM
253. Mittwoch den 26. Oktober. 1842.

Tagsbcricht.
— Heidelberg, 24. Oct. Dem seit 20 Jahren in unserer Mitte
lebenden würdigen Dekan Beyhofer, ward gestern vor seinem Abschied
von hier ein Fcstessen bereitet, an dem nicht nur Katholiken, sondern
auch Protestanten und Israeliten mit gleicher Wärme Antheil nahmen.
Es waren mehr denn 200 Gedecke und die herzlichsten Toaste wurden
dem Gefeierten gebracht; die zahlreichen Mitglieder waren aus allen
Ständen und aus Nah und Fern waren Verehrer desselben herbeige-
eilt. Auch wurde dem Hochgcfeierten ein prachtvoll gearbeiteter silber-
ncr Pokal überreicht, von unserm jungen und talentvollen Silberarbei-
ter Hr. Trübner verfertigt; er trägt die Aufschrift: „die dankbaren Hei-
delberger ihrem würdigen Dekan Herrn Beyhofer. Heidelberg 1842.
Möge diese segensreiche Eintracht aller Confessionen hier ewig grünen!!
*-j- Darmftavt, 23. Oct. Den ersten Anstoß zur Einführung
des Seidenbaues in dem Großherzvgthum H fsen gab der hiesige Kauf,
mann Karl Netz durch eine den Landständcn im Jahr 1829 über-
reichte Denkschrift, welche jedoch — so viel uns bekannt — ohne Er-
folg blieb, obgleich der Verfasser die Möglichkeit und Nützlichkeit dieses
Industriezweigs für unser Klima mit unverkennbarer Sachkenntniß nach-
gewiesen hatte. Um indessen als kein bloßer Theoretiker zu erscheinen,
der die Mühen und Aufopferungen der Praxis Anderen überlasse, hatte
er sich schon längst mit der Anpflanzung von Maulbeerbäumen be-
schäftigt, als der ersten und nothwendigsten Bedingung der Gründung
des Seidenbaues. Er fuhr auch in der Folge damit fort, obschon die
äußeren Umstände der Realisirung seines Lieblingögedankcnö nicht sehr
zu begünstigen schienen. Wirklich dauerte es bis zum Jahr 1838, che
sich hier eine Seidenbau. Gesellschaft constituirte, deren statutenmäßige
Existenz man bis jetzt bloß kennt, ohne über die Rrsultate ihrer bis-
herigen Wirksamkeit näher Kenntniß zu haben. Seitdem ist man nicht
müde geworden, die wirkliche Einführung des Seidenbaues durch Rede
und Schrift vorzubereitcn und zu fördern. Von Herrn Karl Netz er-
schien eine gemeinfaßliche Anleitung zur Seidcnzucht, auf Koste» des
Landcsgewcrbvcreins gedruckt, und in den Verhandlungen desselben, be-
sonders der b'ocalstctioncn zu Mainz und Gießen, wurde des gemein-
nützigen Projekts sciiher vielfältig gedacht durch anregende Mittheilun-
gcn und Vorschläge im vaterländischen Interesse. Nur dadurch dürfte
es möglich sein, daß wir endlich von der Theorie zur Praxis überge-
hen und einen Versuch im Großen anstelle», nachdem seit 14 Jahren
viel darüber gesprochen und geschrieben worden ist. — Unter ollen
Ländern Europa's, heißt cs in der Zeitschrift des großherzoglich hessi-
schen Gewerbvereins (s. zweites Quartals ft d. I.), zeichnet sich jetzt
Italien in dem Seidenbau aus, und die ganze Production daselbst be-
trägt jährlich ungefähr 7,525,000 Pfund; ja diese wurde in letzterer
Zeit sogar zu 0.000 000 Pfund angegeben, wovon nach Deutschland
ungefähr 2,000,000 Pfund Seide gebracht werden, die also minde-
stens einen Geldaufwand, den wir an Italien geben, von 20,000,000
Gulden erfordern. Wenn wir auch vielleicht später selbst eine nicht un-
bedeutende Quantität Seide ziehen, so werden wir Italien, durch den
sich vermehrenden Bedarf, immer in dcmselbe Grade tributpflichtig blei-
ben. — Das lombardisch-vcnetianische Königreich nebst dem italienischen
Tyrol producirt fetzt jährlich allein ungefähr 3,600,000 Pfund Seide,
welche mindestens — per Pfund 10 fl. gerechnet — 36,000,000 fl.
geben, wovon in Italien selbst kaum 800,000 Pfund bleiben, die üb-
rigen 2 800,000 Pfund aber in's Ausland, besonders in die Fabriken
Frankreichs, Englands und Deutschlands gehen. Graf Dandalohat
besonders in letzterer Zeit ungewöhnlich viel für die Verbesserung des
Seidenbaues geihan; seine großartigen Anlagen und die Veröffentli-
chung seiner gemachten Erfahrungen in diesem Zweige haben die Aus-
d hnu g der Seidenzucht in Europa in den letzten zehn Jahren sehr
befördert.
Stuttgart, 20. Oktober. Es verlautet, daß in mchreren Städ-

ten des Landes Petitionen um Einführung des mündlichen und öf-
fentlichen Gerichtsverfahrens an die Stände, welche den 18.
Jan. k. I. zusammentreten, vorbereitet werden.
Frankfurt, 24. Oct. Bei der heute fortgesetzten Ziehung 6tcr
Klaffe hiesiger Stadtlotterie sind auf folgende Nummern nachstehende
Preise gefallen: Nr. 7493, 6220, 7721, 15536, 24191, 7151, und
20707, jede 1008 fl.
Regensburg, 21. Oct. Worte Sr. Maj. des Königs Ludwig
bei der Grundsteinlegung zur Befreiungshalle in Kclheim am 19.
Octobcr 1842: „Vergessen wir nie, was dem Befreiungskämpfe vor-
hergegangen, was in die Lage uns gebracht, daß er nothwendig ge-
worden, und was den Sieg uns verschafft. Vergessen wir nie, ehren
wir immer seine Helden. Sinken wir nie zurück in der Zerrissenheit
Verderben. Das vereinigte Deutschland, es wird nicht über-
wunden."
Toaste, von Sr. Maj. ausgebracht bei dem Bankett zu Kllheim:
1. Unserm gemeinsamen deutschen Vaterlande, das keinem andern
Lande nachsteht, das sich zu fühlen anfängt, das sich von keinem Frem-
den mehr wird unterdrücken lassen! Deutschland hoch! 2. Den Helden
des Befreiungskampfes! So trinken wir denn die Gesundheit des Prin-
zen Wilhelm von Preußen und des Prinzen Karl von Bayern, meines
Bruders, auf das Wohl aller Anwesenden und Abwesenden! 3. Nicht
nur auf das Wohl der Helden, sondern auch der Frau-n, die sich aus-
gezeichnet in den Zeiten des Aufschwunges, vor Allen der deutschen
fürstlichen Frau, der Prinzessin Wilhelm!
Solothurn, 19. Oct. Letzten Sonntag, Nachmittags ^ auf 1
Uhr, brach im ersten Hause einer großen Häusercihe Feuer aus, wel-
ches durch zwei Kindel, die in der Scheuer damit spielten, angefacht
wurde. Das Feuer griff so wüth'end um sich, daß in Zeit von 10
Minuten sieben Häuser, die freilich bis auf zwei mit Stroh bedeckt
waren, in Flammen standen und rettungslos eing-äschert wurden. Drei-
zehn Haushaltungen, in allem 60 Ptrsonen, haben ihr Obdach, das
meiste Hausgeräth, und allen ihren Wintervorrath verloren.
Paris, 22. Oct. Durch Ordonnanz vom 21. Oct. wird der Mar-
schall Herzog von Reggio (Oudinot) an die Stelle des verstorbenen
Marschalls Herzogs von Conegliano (Monc y) zum Gouverneur vom
königlichen Jnvalidenhause ernannt. Der Marschall Graf Gerard
ist zum Großkanzler des Ordens der Ehrenlegion und General Ja-
gueminot zum Oberbefehlshaber der Nationalgarde des Seinedepar-
tements ernannt worden.
— Die königliche Familie wird, wie cs heißt, noch den ganzen
November zu St. Clouv bleiben.
— Für die in Algier zu erbauenden neuen Straßen wird ein Kre-
dit von 500,000 Fr. eröffnet werden.
London, 20. Oct. Das große Feuer zu Liverpool ist am 18.
Oct. Abends, drei Wochen nachdem es gelöscht worden war, zum drit-
tenmal aus der Asche hervorgebroche», und hat ansehnliche Vorräthe
von Baumwolle, die bei dem ersten Brand gcretttet worden waren,
verzehrt. Am 19. Oct. um iv Uhr Vormittags war man des Fuiers
Meister.
Madrid, 15. Oct. Zu Barcelona sind 20 Millionen Realen
Münze geschlagen worden, aber nicht mit dem Bilde der Monarchin, wie
dies sein sollte, sondern blos mit dem Wappen der Stadt. Diese neue Münze
findet auch in anderer Hinsicht Tadel, nämlich wegen schlechten GehaltS.
St. Petersburg, 15. Oct. Außer den vielen für Kasan von
der Krone sowohl als von Privatleuten eingckommenen Unterstützun-
g°n, hat Se. Maj. der Kaiser befohlen, daß eine Million Rnbel
Silber aus dem Reichsschatze angewiesen werde, um davon Vorschüsse
zum Wiederaufbau und zur Reparatur der beim Brande jener Stadt
eingeäscherten oder beschädigten Gemeinde- und Privathäuser zu ma-
chen.
 
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