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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 210
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No. 210



Dienstag den 6. Septbr.

1842.

ISÄW'LWMLTz

LanStaqsverhanMungen.
Carlsruhe, 1. September. 53ste öffentliche Sitzung der 2. Kammer. Präffdent
Bckk. Regierungskommisston: Staatsrath Frhr. von Rüdt, Ministerialrath von
Marschall.
Gell übergibt eine Petition der Bürstenmacher in Carlsruhe, Aufhebung des
Haustrbandels mit Bürsten betreffend.
Mathp übergibt eine wiederholte Eingabe von Bürgermeistern und Wahlmän-
vern der Armier Tauberbischofsheim, Gerlachsheim und Borberg, die verschiedenen
auf der Welnprodnktion lastenden Abgaben betreffend, und bittet zugleich den Prä-
sidenten, die zur Beratkung der Motion des Abg. Baffermann niedergesctzte Kom-
misston, welcher diese Eingabe zu überweisen ist, zu berufen, damit sie der Kam-
mer baldige Vorlage mache.
Die Tagesordnung führt zum Bericht des Abg. v. Jtzstein über die noch rück-
ständigen Positionen des außerordentlichen Budgets.
Am Schluffe der Sitzung verliest das Sekretariat die in der 44. Sitzung be-
schlossene Adresse wegen der Vermehrung des Armeekorps und Einführung einer Land-
wehr. Sie lautet, wie folgt:
Durchlauchtigster Großherzog!
Gnädigster Fürst und Herr!
Die zweite Kammer hat in ihrer 44. und 45. öffentlichen Sitzung das ordent-
liche und das nachträgliche Budget des Kricgsministerius für die Jahre 1842 und
1843 bcrathen und die verlangten Summen mit unerheblichen Aenderungcn bewilligt.
Das nachträgliche Budget enthält für beide Jahre die bedeutende Mebrforve-
rung von 529,204 fl., welche, mit Ausnahme verhältnißmäßig geringer Beträge für
Dicnstaltcrszulagen an Offiziere und Nichtstrcitende, so wie für Besserstellung und
Vermehrung des Militärsanitätspersonals, ausschließlich durch die Ergänzung und
Vermehrung des Armeekorps begründet wird.
Der gegenwärtige Stand von 16,494 Mann, einschließlich der Nichtstreitbaren,
womit die Zahl der aus der Konskription zu ergänzenden Mannschaft von 10,122
auf 15,810, also um 5,688 Mann vermehrt wurde, ist in den Vorlagen deS ÄriegS-
itllnisterliims als derfcnige Stand bezeichnet, welcher den nähern Bestimmungen der
* Kriegsverfassung deS deutschen Bundes ganz entspreche und in der ersten Hälfte deS
vorigen Landtags die Zustimmung der beiden Kvmmcrn erhalten habe.
Im Rückblicke auf die ständischen Verhandlungen in den Jahren 1822, 1831
und der späteren Landtage sowohl, als bei der Beratbung in der 44. öffentlichen
Sitzung am 23. August d. I., konnte sich die Kammer jedoch nicht übcrz-ugen, daß
die näheren Bestimmungen der Kriegsverfaffung des deutschen Bundes von den Jah-
ren 1821 und 1822 diese Vermehrung des Armeccorps bedingen; wohl aber er-
kannte ste dieselben als geboten durch den Bundesbcsch'uß vom 24. Juni 181l, be-
treffend weitere Anordnungen zur Sicherung der Bereitschaft und Schlagfcrtigkeit
des Buudesheeres.
Die Kammer konnte ferner die Behauptung nicht in ihrem ganzen Umfange zu-
gebcn, daß die Vermehrung des Armeekorps in der ersten Hälft« des vorigen Land-
tags die Zustimmung beider Kammern erhalten habe; indem die zweite Kammer
damals zwar den Kredit für die außerordentlichen Rüstungen bewilligte und im All-
gemeinen die Verstärkung des Armeccorps, zur Zeit atS solche st a ttg e ftt nd en,
als gerechtfertigt betrachtete, keineswegs aber diese Vermehrung als bleibend für
die Zukunft ansab, vielmehr die Hoffnung aussprach, daß die Zukunft, ohne Beein-
trächtigung der militärischen Zwecke des Bundes, die größtmögliche Erleichterung
der schweren Last gewähren werde, welche in dem bewaffneten Frieden liegt.
Der Geist, welcher bet hcrannahender Gefahr alle Dculschen beseelte und in
allen deutschen Kammern sich kund gab, scheute kein Opfer, um die Selbstständigkeit
des Vaterlandes zu schützen und zu erhalten. Das badische Volk und die badischen
Kammern haben ihre Liebe zum Vaterlanke und ihre Aufopkerungssähigkeil für das-
>elbc nicht minder als die deutschen Brndcrffämmc betbätigt.
Dagegen kann die Kammer die, zur Abwendung der Gefahr von Außen, so-
von dem deutschen Bunde als von den ein einzelnen Negierungen angeordneten
so weit ste eine Vermehrung des stehenden HecreS über den früher»
Stand verfugen, nicht als bleibend im Frieden anerkennen.
. der Gesammtaufwand für das Armeekorps auf der gegenwärtigen Höhe
bleiben, wo er mit durchschnittlich 1,954,000 ff. nahe auf ein Biertheil der zur Be-
streitung des eigentlichen Staatsaufwandes verfügbaren Mittel im Betrage von
9,326,000 st. ansteigt, so würden damit die nothwendigen und dringenden, theilwcise
schon längst verheißenen Verbesserungen ln der Rechtspflege und Verwaltung in die
Ferne gerückt, die Mittel für Erziehung und Unterricht, für die Pflege der Volks-
wirtschaft geschmälert, dis Anwachsen des Nationalvermögens gehemmt werden,
ohne daß auf der andern Sette der Zweck einer wahren Landesvcrtheidignng durch
die bleibende Vermehrung des Armeccorps auch nur annähernd erreicht wäre.
Uebcrzcugt, daß der deutsche Bund die neuesten Bestimmungen nur als für die
Zeit der Gefahr maßgebend und dauernd erlassen habe, und daß er die in dem Be-
schlüsse vom 21. Juni 1841 vorbehaltene umfassendere Revision der B»n-
^skricgsverfassung iu dem Sinne einer besseren Wehrverfaffung und der
Mrnderung des Aufwandes für das stehende Heer, unverzüglich anordnen und in das
4cvei, führm werde. — hat die Kammer den Aufwand für die Vermehrung deS
in der laufenden Budgetpcriode als vorübergehend bewilligt.
e-ben so glitt sich die Kammer der Erwartung hin, daß die Regierung mit

Nachdruck dahin wirken werde, den Aufwand für das Militär im Frieden auf ein
Maß zurückzusiihren, welches die Kräfte des Landes nicht zum Nachtheile seiner wich-
tigsten materiellen Interessen unverhättnißmäßig in Anspruch nehme.
Geleitet von dieser Ueberzeugung und eingedenk ihrer heiligen Pflichten für das
von dem Wohle deS Fürsten unzertrennliche Wohl des Landes, hat die zweite Kam-
mer beschlossen:
Euere Königliche Hoheit untertänigst zu bitten: 1) durch Höchst Ihre Gesandt-
schaft bei der hohen deutschen Bundesversammlung mit Nachdruck dahin wirken zu
lassen, daß die umfassendere Revision der Kriegsverfaffung des deutschen Bundes,
welche der, unter dem Einflüsse der Kriegsgefahr erlassene und nur als vorüberge-
hende Maßregel anzusehende Beschluß vom 24. Juni 1841 in Aussicht stellt, zudem
Zwecke einer Erleichterung der drückenden Last für das stehende Heer und Einfüh-
rung einer die Landesverthcidigung besser sichernden Wehrverfaffung, möglichst bald
vorgcnommen und in das Lebsn geführt werde.
2) Dem nächsten Landtage einen Gesetzentwurf über Errichtung einer Landwehr
ebenfalls zu dem Zwecke einer wahren Landcsvertbeidigung und einer Verminderung
des die Kräfte des Landes übersteigenden Aufwandes für das Militär vorlcgcn zu
lassen.
Die Adresse wird von der Kammer genehmigt und die Sitzung geschlossen, wor-
auf eine geheime Sitzung statt findet.
Der Präsident zeigt am Schluffe der Sitzung an, daß der Gesetzentwurf über
die Hundstaren von der 1. Kammer mit Abänderungen zurückgekommcn ist, alt
einer nachmaligen Berathung unterliegen muß.

Carlsruhe, 24. August. 45. öffentliche Sitzung der 2. Kammer. Präsident:
Dekk. — RcgierungSko,„Mission: Geh. Kriegsrath Vogel, Hauptmann v. Böckh.
Folgende Petitionen werden übergeben: Vom Sekretariat: 1) eine Petition
mehrerer Gastwirthe in Mannheim/Beeinträchtigung in ihrem Gastwirtschafts-
und Beherbergungörecht durch nicht befugte Personen; 2) eine Petition des Tag-
löhncrs Joseph Rothmann in Gcngenbach, seine Rechtsansprüche an die Erbschaft
drs-»erstvrbrnen Schneiders Rückstuhl, beziehungsweise an den Spitalfond in Gcn-
-genbach betreffend. Vom Abg. Schmidt: Eine Petition des Hoforgelbauers Al-
fer,na,in in Bruchsal, Wirihschaftsgesuch betreffend.
Züllig bemerkt, daß noch eine Menge Petitionen unerledigt liegen; die mei-
sten Berichte sind ansgearbeitet, aber bei der Menge von Geschäften bleibt kaum
Zeit, ste in die Kammer zu bringen, wenn nicht Nachmittagfltzungen dazu anberaumt
werden.
Der Präffdent bemerkt, daß morgen Petitionen auf die Tagesordnung kom-
men; wen» die Kammer es wünscht, soll dann noch eine Nachmittagssttzung gehal-
ten werden.
Rcttig verliest den Bericht über das Hundstarengesetz, welches morgen zur
^Beratung kömmt.
v Iß ste in begründet seine Motion auf Abänderung des tz. 4L des Zehntab-
lösungSgcsetzes dahin, daß der Termin zur Vorlage aller Zehntablösungsurknnden
an die Finanzbehörvc vom 1. Januar 1844 bis 1847 verlängert und damit von
den Zehntpfltchtlgen der Nachtheil abgcwcndet werde, vom 1. Januar 1844 an die
gesetzlich zugestchertcn 4 Prozent Zins und Zinscszins aus dem Staatsveiirag zu
verlieren.
Weller stellt den Antrag, die Motion an die Abteilungen zu verweisen und
wird vielfach unterstützt.
Schaasf hält es für den kürzesten Weg, wenn dieselbe an die Kommission über
die Adresse der ersten Kammer, die v. Gölcr'sche Motion ü er das Zehntgcsetz be-
treffend, gewiesen wird.
v. Jtzstein widersetzt sich der Vermischung seines Antrags mit jener Adresse;
allein mit der Verweisung an jene Kommission ist er einverstanden.
In diesem Sinne wird der Vorschlag des Abg. Schaaff einstimmig angconmmcn.
JunghannS übergibt den Bericht über die Adresse der 1. Kammer, daS Zchnt-
gesctz betreffend, zum Druck. Folgt nun die Fortsetzung der Diskussion deS von dem
Abg. Mathp erstatteten Berichtes über daS Militärbudget.
Zur 44 Sitzung bemerken wir hier noch, baß auf eine Anfrage des Abg San-
der hinsichtlich des Festungsbaus von Rastatt, der Regierungskommiffär (Hauptmann
v. Böckh) erwiederte: die Verhandlungen seien so weit geschloffen, daß demnächst,
in wenigen Wochen mit dem Bau werde begonnen werden.

Carlsruhe, 25. August. 46. öffentliche Sitzung der 2. Kammer. Präsident:
Bekk. — Negicrungskommission: Staatsrath Frhr. von Rüdt, Geh. Res. Eich-
rodt, Ministerialrath Ziegler.
Es werden Petitionen übergeben, vom Abg. v. Jtzstein: eine Dankadresse
mehrerer hundert Bürger aus dem Amtsbezirke Villingen für daS kraftvolle iobens-
wcrthc Benehmen der zweiten Kammer; Rindeschwend er: eine Petition des
Handelstandcs in Uebcrlingen, Aufhebung des Haussrhandels betreffend; Gottschalk:
eine Petition der Metzgerzunft des Bezirksamts Säckingen, Aufhebung oder Herab-
sctzung der Flcischaccisc betreffend: Baum! eine Petition der Metzgermeister in
Lahr, Aufhebung oder Herabsetzung der Flcischaccisc betreffend; Meier: eine Pe-
tition der Gemeinde St. Märgen, Uebernahme der Zehntlastcn-Capttalien betref-
fend; Gastro pH: eine Petition der Gemeinden Gemmingen, Richen, Jttlingcn
 
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