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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 250
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https://doi.org/10.11588/diglit.32620#1017

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Tagsbericht.
-s* Mannheim, 21. Oktober. Die 6jährige Periode, innerhalb
welcher in Manheim wieder ein erster Bürgermeister gewählt werden
soll, läuft im nächsten Dezember ab. Die Frage wer gewählt werden
soll, wer die Wahl annehmen und wer die Bestätigung der Negierung
erhalten werde, ist daher häufig Gegenstand der Besprechung in den
Abendgesellschaften und wird um so eifriger ausgenommen, a^s die Wahl
vor 6 Jahren noch in frischem Andenken ist. Damals nämlich wurde
der Herr Obergerichtsadvokat Hofrath Gerbel zweimal gewählt, die
Wahl erhielt aber die Bestätigung der Negierung nicht. Die dritte Wahl
fiel auf den fetzigen Bürgermeister Hrn. Jolly, weil die Bestimmung
der Gemeindeordnung, „daß dem bei der dritten Wahl Gewählten un-
ter der Voraussetzung, daß er die gesetzlichen Eigenschaften hat, die
Bestätigung nicht versagt werden dürfe," von der Regierung so ausge-
legt wurde, daß derjenige, dem die Bestätigung bei der ersten und
zweiten Wahl versagt werde, bei der 2. beziehungsweise 3. Wahl, nicht
mehr gewählt werden könne.
Jetzt find ebenfalls wieder sehr viele Stimmen für Herrn Gerbel
hörbar und seine Anhänger befürchten nur, daß er die Bestätigung
wieder nicht erhalten werde. Um der Versagung der Bestätigung aus-
zuweichen, schlagen Manche vor, zuerst 2 Männer zu wählen, welche
voraussichtlich die Bestätigung nicht erhalten, so daß bei der 3ten Wahl
dem Herrn Gerbel die Bestätigung nicht mehr versagt werden könne.
Doch sind auch sehr viele Bürger, darunter sogar Freunde des Herrn
Gerbel, für die Wiedererwählung des jetzigen Bürgermeisters, mit des-
sen Dienstführung man im Allgemeinen sehr zufrieden ist, der sich be-
sonders um das Armen- und Schulwesen nicht geringe Verdienste er-
worben und überhaupt das Vertrauen, das man in ihn setzte, gerecht-
fertigt hat. Dazu kommt noch, daß Herr Gerbel und die anderen
Bürger, welche man noch als Candlbaten nennen hört, Herr Mathy,
Herr Bassermann Landt.igsabgevrdnrte sind, so daß während der
Landtagsperiode immer Provisorien eintreten müßten, was natürlich
auf die Gemeindeverwaltung störend und nachtheilig einwirken würde.
Carlsrnhe, 19. Oct. Am 20. d. M. wird daß seither in Dur-
kach garnisonirende Infanterie-Regiment von dort ausmarschiren, um
sich nach seinem neuen Garnisonsorte Freiburg zu begeben. Der Stadt
Freiburg geht damit ihr vielfähriger, auf jedem Landtage erneuerter
Wunsch, wieder eine Garnison zu erhalten, in Erfüllung.
Durlach, 20. Oct. Das zweite Liniei infanterieregiment Erb«
großberzog hat heute die hiesige Stadt verlassen, um die neue Garni-
son Frc.burg zu beziehen. Eme Deputation der Stadtbehörden hatte
vorgestern noch die Ehre, dem Regiment ihren Dank kür lie muster-
hafte Ordnung und Loyaliiät abzustatten, wodurch cs sich die Achtung
des bessern Theil des Publikums erworben hatte; gestern aber veifam-
melten sich sämmtliche Zivil-, Staats- und Kirchendiener, nebst den
Bürgermeistern der benachbarten Amteorte, und sagten dem scheidenden
Regiment durch das Organ des Regier ungsbcamten noch ein herzli-
ches Lebewohl! Die Kaserne ist nun geschloffen und die Leere in der
Stadt recht fühlbar.
Baden, 15. Oct Die Anzahl der Kurgäste, welche sich während
der jüngsten Saiion theilS dahier aufhielten, tbeilo durchpasstrten, be-
lief sich auf nahe an 23,000 Personen, eine Frequenz, wclche am be-
sten die Bedeutung unseres Platzes beweist.
Frankfurt, 20. Oct. Bei der heute fortgesetzten Ziehung 6ster
Klasse hiesiger Stadtlotterie sind auf folgende Nummern nachstehende
Preise gefallen: Nr. 18622 5000 fl. — Nr. 15065, 17569, 653,
1^208, 3732, 9519. 6206, 2526 und 15459 jede 1000 fl.
^ie„, iZ. Oct. Vor kurzem fand die Verlobung des Obersten
und Adjutanten des Erzherzogs Ludwig, Grafen von Ugarte, mit
der schönen Tochter des jüdischen Großhändlers Samuel Kaan hier

lMenöloE

22. October. 1842.

statt, welche zur katholischen Kirche übergetreten ist. Aehnliche Hei-
rathen kommen in neuester Zeit bei uns häufig vor.
Berlitz, 16. Oct. Der Kaiser von Rußland ist nicht hier an-
gekommen. Gestern Nachmittag erwartete man noch den hohen Gast
auf dem Lustschlosse zu Parez, bis endlich ein kaiserlicher Kourier mit
der Nachricht aus Warschau des Abends dort anlangte, daß der Kai-
ser, eines Unwohlseins halber, diese überraschende Reise aufgegeben
und bereits wieder nach Petersburg zurückgekehrt sei. Jndeß glaubt
man noch immer, daß der Kaiser unfern Hof mit seinem Besuche näch-
stens erfreuen werde.
St. Gallen. Der Gewerb- und Jndustricverein in St. Gallen
schreibt auf künftigen Mai die erste schweizerische GewerbS- und
Industrie-Ausstellung aus. Die einzusendenben Gegenstände
müssen von Schweizern oder doch in der Schweiz verfertigt worden
sein. Dur Verein trägt die Frachtkosten hin und her und haftet für
die Gegenstände, so lange sie in seinen Händen sind.
Paris, 18. Oct. Der Hamburgische Consul zu Bordeaux, Herr
Meyer, ist in Folge förmlichen Verlangens der französischen Regierung
von seinem Posten abberuscn worden; man erinnert sich, daß dieser
Agent sich weigerte, an den Trauerbezeigungen über den Tod des Her-
zogs von Orleans Theil zu nehmen, was in Hamburg selbst große
Indignation erregte.
— Die sei« den letzten Tagen verbreiteten Gerüchte von einer nahe
drohenden Auflösung des Crbinets, welche durch den projcctirten Han-
delsvertrag mit Belgien veranlaßt würde, sind ungegründet. Man ver-
sieh-rt uns, daß die Frage ganz und gar bei Seite gelegt worden ist,
um eine ministerielle Krisis zu vermeiden. Es wäre möglich, daß der
König der Belgier von St. Cloud wieder abreisen wird, ohne ein oder
das andere Zugestävdmß erhalten zu haben. Der Handelsminister Hr.
Cunin-Gridaine beharrt auf seiner Opposition gegen das Princip selbst
drs Vertrags.
London, 15. Oct. Für Ermittelung der Thäter eines neulich im
Coventgarden Theater zu London an dem Juwrlenhändler Wolfs aus
Brüssel verübten Diamanten-DiebstahlS im Werthe von 9000 Pf. St.
ist jetzt eine Belohnung von 1000 Pf. St. ausgesetzt worden. Noch
hat man keine Spur der Diebe auffinden können, und die Londoner
Polizei glaubt, daß sie sich mit ihrem Raube nach dem Festlande be-
geben hätten.
Madrid, 11. Oct. Der Regent ESpartero bat dieser Tage
Estafetten an die verschiedenen Generalcapitäne abgeschickt, um gleich-
zeitig einen Plan zur Ausführung bringen zu lassen, der auf völlige
V-rtilgu.'g der Nebellrnb.inden, welche das spanische Eftbiet noch durch-
ziehen und beunruhigen, berechnet ist. Man hofft auf diese Weise end-
sich Ruhe und Sicherheit in allen Provinzen Herstellen zu können.
— Hier zu Madrid hat sich eine spanische Handelsgesell-
schaft gebildet, deren Capital in fünf Mill. Realen bestehen soll.
Amsterdam, 17. Oct. Se. Mas. König Wilhelm Friedrich,
Graf von Nassau, wird im Laufe kommeyher Woche im Loo erwartet.
Antwerpen, 15. Oct. Während die Atmosphäre für uns so
ruhig ist, scheint sie dies, nach den von allen Seiten über Seeunglücke
eingehenden Berichten zu urtheilen, bei Weitem nicht zu sein. Im bal-
tischen Meere, im Kattegat, an den Küsten Norwegens sind eine große
Anzahl Schiffe zu Grunde gegangen. In den G. wässern der Havan-
nah hat ein so schrecklicher Sturm geherrscht, wie man ihn seit Men-
schen Gedenken nicht gesehen hat.
Bon der polnischen Gränze, 9. Oct. So eben ist der Be-
fehl für alle russisch-polnischen Gränzbehörden angekommen, daß daS
Kartell zwischen Rußland und Preußen aufgehoben sei.
Deserteure oder nach Preußen flüchtende Bauern dürfen von den pol-
nischen Gränzbehörden weder reclamirt, noch, selbst wenn Preußen sie
auslicfern wollte, angenommen werden.
 
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