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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 132
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No. 152

Dienstag den 7. Juni.

LcniVtagsverhanVllinqcn.
Carlsruhe, 1. Juni. Nachtrag zur fünften öffentlichen Sitzung der zweiten
Laminer. die Wahl des Daniel Völcker in Lahr bctr. (Fortsetzung.)
Trcfurt: Der Bericht über die Wach seines langjährigen College«, des
Abq- Bölcker, habe ihn tief betrübt; derselbe zeige in verschiedener Hinsicht, wie
weil die Leidenschaftlichkeit führe. Er könne den angeführten Thatsäcblichkeiten kei-
nen Glauben schenke»; wobl müsse er der Abtheilung danke», daß die Sache
wichtig genug zur Untersuchung hielt, aber er glaube, daß man in Leiden-
schaft die Petitionen so habe berücksichtigen sollen. Der eine Petent. Dürr,
stehe notorisch mit Völcker in tödtlichcr Feindschaft. Der Sprecher kann die Wahl
nicht beanstanden, weil Alles, was vorgetragcn sei, nickt in den Wahlakten selbst
stehe. Je«t die Wahl Z» beanstanden )ci gegen die Verfassung. Den Urwählern
sei durchaus durch kein Gesetz verboten, ein'Gescheut anzunehmen oder bezahlten
Trinkgelagen beizuwohncn; moralisch könne dies verworfen werden. Förmliche
Gründe zur Beanstandung liegen ihm nicht vor. Folgt, wie bereits erwähnt, große
Aufregung »nv die Crklärkung von Nindeschwender, v. Jtzstcin, Basser-
mann, Reich enbach re. Der Abg. Trefnrt wird vom Präsident zur Ord-
nung gerufen. Frhr. v. Nüdt fährt fort: Die Angriffe auf Völcker seien schon
durch Litdographien un Lande bekannt, dagegen auch, dem Vernehmen nach, eine
DcrläumvlMsssklage angestcllt. Eine Beschwerde gegen die Wahl sei nickt an die
höhere Behörde gelangt (sie war vom Oberau,t abgcwicsen!) Gewisse Formen »um-
tcu cingcbalten werden. Der Redner bemerkte noch, daß die Sache besser in ge-
heimer Sitzung verhandelt worden wäre; er hätte den Inhalt des Berichts nicht
vorher gekannt. Bassermann: Das sei die Schuld des Hrn. Staatsraths; auf
dem Sekretariat war Alles zu finden. Welcker ist hinsichtlich der Rede des Abg.
Trefurt mit dem Ordnungsruf des Präsidenten zufrieden, und widerlegt die da-
rin enthaltenen Borwürfe, wie man die Petitionen hätte beseitigen sollen. Die
angeführten Thatsachen hätten nur zuviel Schein der Wahrheit. Der Redner vor-
weist insbesondere auf die Geclbacher Eingaben, den Brief vom Schwiegervater
Völckcr's -e. Man könne den Abg. nicht zun,uthen, mit dem so schwer Beschul-
digten auf gleichen Bänken zu sitzen. Wer sich rein fühlt, muß selbst die Erörte-
rung der Anklagen wünschen; er werde nichts in, Dunkel unterdrückt wisse» wollen.
Die Lämmer müsse ihre und der Ihrigen Ehre wahren. Bestimmte Vorschriften
über die Sache lägen zwar nicht vor, aber sie werde zu handeln wissen, und es sei
ibre Pflicht. Das Volk und die Verfassung, die Ehre verlangen Untersuchung und,
wo norhig, scharfe Ahndung. Der Redner erinnert an de» Ausschluß von Emil
Girardi» in der franz. Lämmer. Wir dürfen nicht sagen lassen, cs darf Einer
Noch so schmutzig sein, er kann doch auf diesen Bänken fungiren. Vogelmann:
Danut stimme er überein, aber man dürfe auch nicht schmutzigen Nachrichten Glau-
ben schenken; wer sich als bestochen erkläre, könne auch zu solcher Erklärung besto-
chen seuu Mm, hätte die Sache nicht in der geschehene,» Weise anbringcn müssen.
Es sei schon m früherer Zeit eine Bestechungsklage vorgckomuien und zurückgcwie«
scn worden. Der Sprecher untersucht das Verfahren der Kammer in einigen Fällen.
Sander: vch bin weit entfernt, den Petenten Dürr in Schutz zu nehmen, ich
keime ihn »ns meinem frühem Amt. Aber er halte cS für Pflicht, daß, die der
Kammer z»r Kenntnis gebrachten Thatsachen nicht unbeachtet bei Teste geworfen
werden. Die Abtheilung verdiene Anerkennung ihrer großen Mäßigung. Der Lied-
ner (Trefurt), der ihr Leidenschaftlichkeit vorwerfe, hat wohl gestern und heute
die Leidenschaften m der Kammer erregen wollen, um zu sagen: da seht; und um
die ruhige, gewissenhafte Berathung zu bindern. Es sei Pflicht, wie der Abgeorv.
Welcker ausgeführt habe, für die Volksvertreter, den offenkundigen Scandal zu
ru untersuchen. Dic Wahl sei schon der Bestechung wegen zu verwerfen. Der Abg.
Avgclmann habe das frühere Verfahren der Kammer entstellt. Man habe von
^ernthung in geheimer Sitzung gesprochen, warum von der andern Seite kein An-
gestellt worden: Allen sei der Gegenstand bekannt und von den Meisten be-
sprochen worden. Es könne kein Zweifel sein, daß die Sache untersucht werden
muffe. In Deutschland soll es nie dahin kommen, wie in England, daß seine
Bottswahle» gefälscht werden. Wir sollen hier das Vorgekommcne zu verdecken su-
chen, nign dort am lichten Tag zu helfen suche gegen den Krebsschaden,
der sofuruttbar wirte, »renn erden Staat angefrcffcii hat. Die Wahlmänncrwabt gc->
börc der Sache und der Wahlordnung nach zur Untersuchung der Kammer, man
habe aber nicht nur das Recht, sondern die heiligste Pflicht, zu verhüten, daß die-
ser Krebsschaden nicht unser» Staat ergreife. Wäre bei meiner Wahl auch nur
durch Dritte versuchte Bestechung vorgekoinme», sch märe der Erste, der strengste
Untersuchung verlangte. Wir können nicht ohne Untersuchung Hrn. Völcker in der
Kammer taffen. Das Recht und dle Moral verlangen, das Volk, Ehre, Ansehen,
Vertrauen der Kammer fordern es.

Ncae,lauer' Nie habe ihn ein herberes Gefühl ergriffen; wenn er das Vor--
kommende qeahnet, so hatte er eine gepeimc Sitzung verlangt. Ich theile das Ge-
fühl des Abq. Trefurt nicht in seinen Ausdrücken, rufen Sie mich Nicht zur Ord-
nung, aber ich theile es alö Mensch und Freund des Abg. Bölcker, der jchwcr
angegriffen ist. Man hätte die Worte nicht so ängstlich nehmen sollen. Uebcr dw
Petenten wolle er nicht sprechen; die' öffentliche Meinung habe schon z,»n Dyeit
über sic gerichtet. Sander habe von der Bestechung geredet; wo es nch davon
Handle, müsse streng untersucht werden, und er habe auf den Krebsschaden iN Eng.

land verwiest». Allein in England wäre der vorliegende Fall gar nicht in Be-
achtung gezogen worden.
Die Wahl der Wachmänner müsse als in Ordnung angesehen werden. Das
Machwerk der Petenten sei abzuwcisen. Man bemerke, ver Abg. Bölcker könne nicht
da sitzen, ko lange die Untersuchung dauere, er sehe das nicht ein, er habe nichts
gegen dic Untcriuchung, aber wolle keine Beanstandung der Wahl. - Schaaff
Hit nach dem vorhergehenden Redner nicht mehr viel zu sagen. Er bespricht die
Petitionen, findet in Betreff der Urwahlen nur Fehler, wie sie sich bei sehr vielen
Wahlen ereignen. Was von Bestechung angeführt sei, ocm schenkt der Redner kei-
nen Glauben. Selbst der Notar sei dem Gerücht nach bei den Wahlgeschichten
sehr thätig gewesen. Dic die in de» Eingaben ihre eigene Erbärmlichkeit cingestan«
den, seien so smlecht, als nur irgend Leute ihm Zuchthaus sitzen. Der Abg. Bölcker
habe ihn zur Erklärung ermächtigt, daß derselbe keinen der Petenten dem Namen
nach, noch gar persönlich kenne. Er will Untersuchung, aber keine Beanstandung.
Bekk: Schaaff habe erklärt, es gehöre die Sache nicht in geheime Sitzung; er
gebe zu, daß was den öffentlichen Charakter angche, auch vor dic Öffentlichkeit ge-
höre. Ucbrigcns sei er der Meinung, diese Sache hätte besser in geheimer Sitzung
verhandelt werden können. Jeder Abg. ckönne von irgend einem schlechten Menschen
im Lande durch eine Petition verläumdet werden: wolle man da mit der Untersu-
chung den vorläufigen Ausschluß desselben verfugen, so geschehe das größte Unrecht.
In Betreff der Bestechung bezieht sich der Redner auf den Abg. Negenaucr: Auch
er bedaure, daß in Deutschland nur der Gedanke davon aufgekommen sei. Selbst
von andern Wahlen habe man Bestechungs-Gerüchte. Wohl ist eine Untersuchung
änzustellen, aber zunächst gegen die schlechten Menschen, die bereits ihre Schlechtig-
keit cingcstandcn und im geeigneten Fall dann erst gegen de» Abg. Vötckcr, und
je nach dein Resultate dieser Untersuchung kenne die Ausstoßung desselben erfolgen.
Nach dem tztz 7 »nd 8 der Wahlordnung, w re eine Beanstanenng in der Art, daß
der Abgeordnete wegen der Untersuchung vorerst seines Stimmrechts verlustig werde
eine abenteuerliche zu neunen. Man solle die Petitionen an's S' tatsniinistiriiun
'überweisen, mit dem Ersuchen, daß eine Untersuchung vorgcnommen werde. Eine
nach den Wahlakten gültige Wahl könne nicht umgejtosten werden, wegen von Au»
ßen berichteter angeblicher Thatsachen. Stelle eine Untersuchung gegen diese oder
oder jede schon als gültig genehmigte Wahl gesetzliche Umstostüngsgrnnde herans
so könne die Umstoßnng ihrer Gültigkeit nachträglich beschlossen werden, Mörders:
nach einer durch den Abg. Schaaff veranlaßten Zwischendebatte, mit Rücksicht ans
den Anfang der Sitzung: Ich finde, daß die Bemühungen, die vom vorigen Land-
tag herrührendc» Spaltung zu mindern, gerade von der Seite (Trefnrts re.), von
welcher man am Meisten ruhiges Verhalten zu erwarten Ursache hat, durch Ent-
flammung der Leidenschaften vereitelt werden, Er verfolgt diese Idee und bemerkt:
Gott möge verhüten, daß das so fortgehe und selbst die wichtigsten materiellen Fra-
gen in gleicher Weise verhandelt werden re. Bassermann: der Abg, Regenauer
sagt, es gebe Gefühle, die sich nicht parlementarisch ausdrückcn lassen, man solle
im Interesse der Wahrheit nicht so empfindlich sein. Ich danke ihm hierfür und
bedauere Nur, daß er sich nicht früher zu dieser Ansicht bekannte, denn als ich eines
Tags meinen, Gefühl zur Beurkundung der Wahrheit freien Lauf ließ, war er un-
ter denen, die mir das Wort adschncivcn wollten. Hr. Regenauer vcrtheidigt mit
Wärme den beschuldigten Völcker und zwar als dessen -Freund;« aber gerade weil
er dessen Freund ist, legt der Redner ans seine Unparteilichkeit keinen Werth. Uc-
bcrhaupt dürften dic neuern, jüngern Mitglieder zur richtigem Beurteilung der
Sache geeigneter sein. Er z. D. kenne Vöicker so gut wie gar nicht und könne
darum offen und unbefangen sagen, was er glaube. Wen» der Abg. Vogelman
nun sage, weil man dem Abg. Gottschalck geglaubt hat, müsse man auch dem Abg.
Völcker glauben, so crwicdere er, daß das Glauben sich nicht vorschreiben läßt.
«Ich namentlich glaube, daß Daniel Völcker seine Stelle hier allerdings zum Theik
durch Bestechung erlangt hat.«
Wenn der Abg. Bekk sage, man könne eine Wahl nur beanstanden, wenn das
Wahlprotokoll Veranlassung gebe, so fragt der Redner, wo das geschrieben siede.
Der (i. 8. überlasse es der Kammer, eine Wahl zu beanstanden, aus welchen Grun-
de» sie wolle, und hier haben sic die erheblichsten. Bis auf den heutigen Tag habe
er keinen Menschen gefunden, der den offenkundigen Bestechungen von Lahr wider-
sprochen habe. Darum glaube er, sei Grund genug vorhanden, die Wahl zu be-
anstanden. Er glaube, dle-Kammer sollte abcr auch die Beanstandung im Interesse
der Moral aussprechen. Er habe sich dem öffentlichen Leben nicht z» Parteizwecken
gewidmet: nein, er betrachte das öffentliche Leben, die Politik, als ein Mittel, d.e
Moralität des Volkes z, befördern. Ein triviales Sprichwort sagt: »Wer Butter
auf dem Kopf hat, gehe nicht in die Sonne.« Ja, ruft der Redner, das öffent-
liche politische Leben ist eine Sonne, von deren Strahlen alle Schlechtigkeit zer-
rinnen müß. Befremdend sei darum der Wunsch von den Freunde» Volkers: man
habe eie Sache in geheimer Sitzung verhandeln sollen. Wahrlich, lastete auf ibm
solche Anklage, er würde selbst auf öffenlliche Verhandlung dringen. Denn, wie
abermals ein Sprichwort richtig sage: „eine geheime Lüae lebt ewig, eine öffent-
liche kan» inan todtschlagen." Im Interesse der Moralität stimme er für Bean-
standung.
Frhr. v. Rüdt bä!t für nöthig, daß man die einzelnen Beschwerdepunkte wie-
der vorbringe, und findet, indem er dies thut, nur die eine Angabe erheblich, dast
der Mann, welcher die 1(1 Gulven erhalten hat, anfänglich nicht, sondern erst später
 
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