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Mannheimer Morgenblatt — 1842

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No. 236
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https://doi.org/10.11588/diglit.32620#0959

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Tagsbericht.
Lahr, 29. Sept. In diesen Tagen wird von hier eine Deputa-
tion an Se. königl. Hoheit den Großherzog nach Carlsrube abgehen.
Der Zweck derselben ist, in einer besonder« Audienz die Bitte vorzu-
tragen und zu mvtiviren, daß der Hauptzug der Eisenbahn über Lahr
geführt und daselbst der Bahnhof errichtet werde. Man kann sich hier
mit dem Gedanken an eine Seitenbahn nicht befreunden, weil man der
Ueberzcugung lebt, daß Lahr mit seinem Handel und seiaen Fabriken
eben >o sehr und vielleicht in einem höhern Grade die Rücksichten ver-
diene, die man z. B. bei Bruchsal und Ettlingen darauf genommen
bat, daß diesen Städten zu Gunsten die Zuglinie verändert und ih-
nen näher gebracht wurde.
Die Hauptbahn oder gar keine! scheint setzt das Losungswort zu sein,
und es ist der Deputation Glück zu wünschen, wenn sie ihre Aufgabe
— und sie ist keine geringe — so löst, daß höheren Ortes die Ueber-
Zeugung Platz gewinnt, das gewerbthätige, durch seine Fabriken und
seinen Handel unter den Städten des Landes hoch oben stehende Lahr
müsse um seden Preis unmittelbar mit der Hauptlinie in Verbindung
gebracht werden.
Carlsrnhe. Durch die im Jahr 1835 erfolgte Beförderung des
Hauptlehrers Joseph Borbäch auf den Schuldienst zu Elchesheim,
Oberamts Rastatt, ist der kath. Schul-, Meßner und Organistendienst
zu Ebcrsteinburg, Amts Baden, mit dem gesetzlich regulirten Dienftein-
kommen von 140 fl. jährlich, nebst freier Wohnung und dem Schul-
gelde welches bei einer Zahl von etwa 70 Schulkindern auf 1 fl. jähr-
lich für jedes Kind festgesetzt ist, erledigt worden. Die Competenten
um diesen Schuldienst haben sich durch ihre Bezirksschulvisitaturcn bei
der Bezirksschulvisitatur Baden innerhalb 6 Wochen zu melden.
— Durch die im Jahr 1835 erfolgte Beförderung deS Schulleh-
rers Joseph Gäus wein auf den Schuldienst in Nechberg, Amts Je-
stetten, ist der katholische Schuldienst zu Amrigschwand, Amts St. Bla-
sien, mit dem gesetzlich regulirten Diensteinkommen von 140 fl. jährlich
nebst freier Wohnung und dem Schulgelde, für welches bei einer Zahl
von etwa 50 Schulkindern ein Aversum von 24 fl. jährlich bestimmt
worden ist, erledigt worden. Die Competenten um denselben haben sich
durch ihre Vezirksschulvisiiaturen bei der Bezirksschulvisitatur Sk. Bla-
sien innerhalb 6 Wochen zu melden.
— Durch das erfolgte Ableben des Hauptlehrers Alois Ebner ist
der katholische Filialschuldicnst zu Oberweschneggen, Amts St. Blasien,
mit dem gesetzlich regulirten Diensteinkommen von 140 fl. jährlich, nebst
sreier Wohnung und dem Schulgeld, welches bei einer Zahl von durch-
schnittlich 82 Schulkindern auf 30 kr. jährlich für jedes Kind festgesetzt
in, erledigt worden. Die Competenten um diesen Schuldienst haben
sich durch ihre Bezirksschulvisitaturen bei der Bezirksschulvisitatur St.
Blasi n innerhalb 6 Wochen zu melden.
Berlin, zg. Sept. Den versammelten Ausschüssen, sagt man,
werde auch das neue Prcßgesetz vocgelegt werden. Der jüngst dem
Könige vorgelegte Entwurf desselben soll, als nicht auf der Preßsrci-
sreiheit beruhend, zurückgewiesen sein. Als bestimmte Forderung des
Königs bezeichnet man vollständige Censurfreiheit für Männer und In-
stitute, welche schon durch ihre Stellung im Staate eine Garantie zu
geben und durch ein in jeder Censur liegendes Mißtrauen gegen ihre
Gesinnung oder gegen ihren Verstand „ungerecht beleidigt zu werden"
scheinen müßten; und sodann zweitens „Unabhängigkeit der Censoren
vom Einflüsse der Verwaltung." Die letzte Forderung ist ohne Zwei-
fel die wichiigstc und die recht eigentlich wesentliche. Die erste giebt
uur eine Schemfreiheit, ja könnte, als ein neues Privilcgienweise för-
dernd, wohl als Produkt der Unfreiheit bezeichnet werden. Was vor
Allem der Censurfreiheiheit bedürfte, weil es am meisten unter der
Censur leidet, ist die Zeüungspresse. Viel ist indeß immer für diese
gewonnen, wenn die Blätter nur wahrhaft unabhängige Männer zu

Censoren erhalten, und wenn auch die willkührliche Bestimmung des
Postaufschlags durch einen festen, möglichst niedrigen, jedenfalls aber
für ministerielle und anti-ministerielle Blätter völlig und unabänderlich
gleichen Portosatz ein für alle Mal abgethan würde.
Wie», 27. Sept. Die diesjährigen militärischen Herbstübungen
in Italien werden in großartigem Maßstabe, von 50 -60,000 Mann,
unter dem Befehle des Feldmarschalls Radetzky und im Beisein Sr. k.
Hoh. des Erzherzogs Franz Karl ausgeführt werden. Die Operatio-
nen werden an der Etsch vom 4. bis zum 10. Ocibr. währen.
Strasburg, 2. Oktbr. Rüstig setzt der Kongreß seine Arbeiten
fort und jeden Tag ist uns Gelegenheit geboten, das Talent verschie-
dener Gelehrten von europäischem Rufe zu bewundern. Von deutschen
Notabilitäten der Wissenschaften besonders Schadows Vorträge über
Kunst, Welckers Rede über natürliches Recht, Heydens Erposttio-
nen in der Naturwissenschaft und Ammons medizinische Darlegungen
bemerkcnswerth.
Paris, 2. Oct. Die königliche Familie ist heute Vormittag vom
Schlosse Eu zu St. Cloud angekommen. Der Aufcnhalt des Königs
zu Eu scheint den vortheilhaftcsten Einfluß auf seine Gesundheit gehabt
zu haben. Se. Majestät befinden sich vollkommen wohl.
— Seit dem I. 1804 bis zum.J. 1838 haben in Paris 35,327
Brände stattgcfunden, die zusammen einen Verlust von 23,786,890 Frö.
verursachten. Der Mobiliar- und Jmmobiliarwerth der Hauptstadt ist auf
13^ Milliarden geschätzt. Der Häuserwerth allein beträgt 2^ Milliarden.
London, 30. Sept. Heute früh wurden Feargus O'Connor
und Bairstow — zwei Chartistenhäupter — wegen aufrührerischer
Neben festgenommen, jedoch bald wieder gegen Caution freigelassen.—
— In den londoner Hafenbassins sind letzten Samstag und Sonn-
tag nicht weniger als 12 Schiffe nur allein mit Getreide beladen an-
gekommen, worunter 1 aus Marseille, 1 aus Triest, 1 aus Tagan-
rog, 1 aus Odessa, 1 aus Jbrail, 1 aus Alerandricn, 1 aus Bar-
letta, 1 aus Ancona, 1 aus Archangel, 1 aus Malta, 1 aus Livorno.
Copcnhagen, 27. Sept. Am 23. Nachmittags, kam ein Adams-
kind in Nanderü Nordcrthvr in puris iisturalibus einmarschirt und spa-
zirte mit großer Selbstzufriedenheit durch die Norderstraße über den
Rathhausmarkt, von wo er seine Wanderung durch die übrigen Haupt-
straßen der Stadt fortgesetzt haben würde, wenn die Polizei ihn nicht
angehalten und ihn in den Rathhausarreft gebracht hätte, wohin er
sich denn auch ziemlich gutwillig bringen ließ. Daß er ein wahnsinni-
ger Mensch sei, war offenbar und es zeigte sich auch bald, von wel-
cher Art sein Wahnsinn war, da er sich feierlich als einen Propheten
ankündigte und Jeden, der die Wahrheit liebte, aufforderte, auf seine
Stimme zu hören. Woher der Unglückliche übrigens gekommen ist, hat
man noch nicht in Erfahrung bringen können; er scheint ein Bauer,
und zwischen 20 und 30 Jahr alt zu sein. Nach seiner eigenen Aus-
sage hatte er seine Kleider in der Nähe des Dorfes Hornbeck abgelegt
wo man sie auch vorfand. Das Einzige, was er bei sich führte, war
eine kleine Traktatschrist.
Brüssel, 30. Septbr. Bei der jährlich hier unter Dc. Cuniers
Leitung stattsindenden Preiscrtheilung auf dem Gebiete der Augenheil-
kunde haben abermals Deutsche den Preis errungen. Dr. Stricker
aus Frankfurt und Dr. Höring aus Heilbronn waren die Sieger.
Der zur Bearbeitung ausgeschriebene Gegenstand betraf die sehr wich-
tige Frage „über die^nähere Entstehung des grauen Staares."
Semlin, 23. Sept. Ein auf außerordentlichem Wege eben ein-
treffendes Schreiben bringt die Nachricht, daß die Pforte die Grund-
lagen des von den Mächten zur Präeification des Libanons vorgeschla-
genen Plans verworfen und ihrerseits den Vorschlag der Ernennung
eines türkischen Gouverneurs mit zwei ebenfalls türkischen Unterchefö
für die Drusen und Maroniten gemacht habe. Die Repräsentanten der
Mächte haben gegen diesen Vorschlag protestirt.
 
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