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Mansberg, Richard von [Hrsg.]; Hohneck, G. [Ill.]; Grammann, Carl [Ill.]
Der mittelalterliche Turnierzug zur 800 jährigen Jubelfeier des erlauchten Hauses Wettin: Darstellung der Theilnehmer in farbigem Lichtdruck nebst erläuternden-historischen Nachweisen — Dresden, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.16638#0049
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als Heiratsgut erhaltene Gebiet von Flos auch noch an den Kaiser
verkaufte. Und dieses Streben, auf den Trümmern der ostfränkischen
Mark eine imposante Hausmacht zu gründen, sollte in deren nörd-
lichem Teile ebenso hervortreten; ja Kaiser Heinrich VI. hat nach-
gehends diesem Streben nach unmittelbarem Besitze, wobei das eigent-
liche Reichsgut bis zur Unkenntlichkeit mit dem Stauffer'schen Erbgut
verschmolz, einen geradezu rohen, das alte Herkommen gar auffällig
verletzenden Ausdruck verliehen, indem er 1195 nach dem Tode des
Markgrafen Albrecht dem Bruder desselben, Dietrich, Grafen von
Weissenfeis, die erledigte Mark Meissen vorenthielt und diese in eigene
Verwaltung nahm.

Kaiser Friedrich erlangte durch Kauf und Tausch im Jahre 1157
das Erbe der Matilde von Abensberg, Enkelin des Wipreeht von
Groitsch, und vereinigte damit die bislang noch in unmittelbar könig-
lichem Besitze verbliebenen Reichsdomänen im Osterland; da hierbei
der nordwestliche Teil wenig oder gar nicht in Frage kommen konnte,
so beschränkt sich der um selbige Zeit (urkundlich zuerst 1172) ent-
stehende Namen des Pleissnerlandes, als eines kaiserlichen Besitzes,
auf den südlichen Teil des Naumburger Sprengeis und den nördlichen
Teil des Gaues dbut^t. Der Kaiser festigte hier wieder mit starker
Hand den in Bezug auf das Reichsoberhaupt gelockerten Verband, zog
jenes nach pitsne (war auch der erste Namen für Burg und Stadt
Altenburg) benannte Gebiet von Neuem wie eine königliche Domäne
zum Reich und liess es durch eigene Landrichter verwalten, die bei
Abwesenheit des Königs in dessen Namen königliche Rechte und Be-
fugnisse besassen. Als königliche officiales waren dem Landrichter, der
gewöhnlich unter den Edlen des Landes ausgewählt wurde, ein scultetus,
ein forestarius und ein bedellus beigegeben, ihm war neben der Ver-
waltung des eigentlichen Kammerguts mit seinen Renten, Forsten,
Hintersassen u. s. w. besonders noch der Schutz der unmittelbar unter
dem Reich stehenden Klöster und Stifter anvertraut. Als solche
judices procinciedes oder gen er al es auch capitanei terrae Plisnensis,
die nie auf Lebenszeit ernannt zu sein scheinen, sind urkundlich be-
kannt: 1172 Hugo von Warta (Werdau), 1200 und 1210 Heinrich von
Coldiz; 1218 und 1220 Albert von Droyssig, 1221 und 1222 Heinrich von
Krimmitschau, 1223 und 1224 Günter von Krimmitschau, 1248 Volrad
von Coldiz, 1270 Alexis von Wildenborn, 1273 und 1274 Anarg von
Wolkenburg, 1275 Burggraf Albert von Altenburg, 1282 und 1292 Vogt
Heinrich von Plauen, 1290 Graf Heinrich von Nassau, 1299 Burg-
graf Burchard von Magdeburg, 1300 und 1301 Friedrich von Schönburg,
1304 Heinrich von Schellenberg, 1306 Friedrich von Schönburg, 1307
Albrecht von Hohenlohe, 1312 Anarg von Waldenburg, 1310 Heinrich
Vogt von Plauen und Heinrich Vogt von Gera. Im Gaue (Lrjuf^t zu
Leisnig und im piisnc zu Altenburg setzte König Friedrich erbliche
Reichsburggrafen ein, gewissermassen als Wächter der königlichen
Gerechtsame gegenüber den Gaugrafen. Aus dem Lehenbrief des König
Rudolf vom Jahre 1289 geht hervor, dass, wenn Jemand ein Gut von
dem Reiche hatte und dieses auflassen, verkaufen oder seinem Weibe
zum Leibgedinge setzen wollte, Solches vor dem Burggrafen in Gegen-

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f wart zweier Reichsministerialen mit derselben Kraft und Wirkung tuen
konnte, als ob das Reich gegenwärtig wäre. Dem Burggrafen zu
Altenburg stand nebenbei auch das Vogteirecht über die dortige freie
Reichsstadt zu, welche als solche nicht mit zu den königlichen Domänen
im engeren Sinne gehörte. Sowohl dieser Burggraf, wie der zu Leisnig,
scheinen übrigens ihr Amt nicht ganz ohne Selbstinteresse verwaltet zu
haben, jedenfalls haben sie neben ihrer amtlichen Tätigkeit eine solche
im Erwerbe ganz ungewöhnlich grossen Besitzes zu bekunden verstanden.
Man erkennt daraus, wie aus tausend ähnlichen Wahrnehmungen in
der Geschichte dieses Landstrichs, den Mangel einer ununterbrochenen
Reihe kräftiger Fürsten eines und desselben Hauses, deren nervige Hand
wie in der Mark Meissen, den Ehrgeiz und die Vergrösserungssucht
der Grossen zu zügeln und niederzuhalten vermochte.

In der weiteren historischen Entwicklung machen, wie dies schon
aus dem Gesagten zu folgern stehet, gewisse Unterschiede sich geltend,
je nachdem wir das nördliche Gebiet an der Saale (das altwettinische
Osterland) oder das mehrerwähnte Pleissnerland oder endlich den öst-
lichen Teil an der Mulde; ins Auge fassen. Behufs eingehenderer Be-
trachtung sind deshalb diese Landstriche zu trennen, wenngleich ihre
Verschiedenheiten heute wohl kaum noch gewürdigt werden. Die für
solche Trennung massgebenden Erwägungen machen sich ähnlicher AVeise
geltend, wenn wir nach der Herkunft des mittelalterlichen Dienstadels
in diesen Gegenden fragen. Während uns im nördlichen Teile an
der Saale ein Adel von sächsisch-thüringischer Herkunft entgegen-
tritt, stellt der im Süden auftretende grossenteils mit fränkischem
Ursprünge sich dar. Zwar ist Solches mit einem hohen Grade von Wahr-
scheinlichkeit aus der culturhistorischen Entwickelung allgemein zu folgern,
indes» nur für einzelne Geschlechter genauer nachweisbar: viele ritter-
bürtige Familien waren bereits vor jener Zeit eingewandert, da Namen
und Wappen zur genaueren Bekundung angenommen wurden, besonders
gilt dies von dem nördlichen, am frühesten in das Licht beglaubigter
Geschichte tretenden Gebiete. Von einem wirklich autochthonen Adel,
der dann notwendig ein altslawischer sein müsste, kann hier ebensowenig
die Rede sein, wie in der Mark Meissen; erheblich früher, als dorthin,
ist der deutsche Adel in das Osterland gedrungen und darin sesshaft
geworden, hat freilich immer von Neuem seine Sprösslinge weiter nach
Osten gesendet, um die Lücken der in unablässigem Kampfe und auf-
reibendem Dienste deeimirten Vasallengeschlechter wieder zu füllen.

Wenn man, wie bei unsrem Gange der Betrachtung, von Osten
allmählich nach Westen fortschreitet, so gewinnt es den Anschein, als
ob Schritt vor Schritt ein älterer, d. h. früher mit Namen in die Ge-
schichte tretender Adel uns begegnet, und diese Wahrnehmung ist un-
schwer zu erklären: Das im Osten scheinbar heimische d. h. dort zuerst
auftauchende Geschlecht ist an sich genau so alter Herkunft, wie sein
Hauptstamm im Westen, von dem es sich abzweigte, um weiter östlich
in ganz neue Verhältnisse, vor Allem ganz neuen Besitz zu kommen
und deshalb mit einem neuen Namen den ursprünglichen zu vertauschen,
der dann nachgehends in der Erinnerung sich verflüchtigt hat und heute

\ in der Regel nicht mehr nachweisbar ist.

Die Grafschaften Rochliz und

Als Kaiser Otto I. die Bistümer Magdeburg, Merseburg, Zeiz \
und Meissen in dem grossenteils erst noch zu erobernden Wendlande
östlich der Saale stiftete und jedem Bistum einen aus sorbischen Gauen
gebildeten Sprengel zuwies, schob sich in Keilform zwischen die Sprengel
von Meissen und Zeiz der Merseburg zugeteilte grosse Gau Chutizi,
langgezogen von der Saale im Nordwesten nach Südosten an der böhmi-
schen Grenze sich erstreckend. An der nordwestlichen Ecke bei Korbeta
an der Saale beginnend, lief des Gaues Westgränze die Saale aufwärts
bis zum Einfluss des Rippachs, dann diesen aufwärts und weiter den
Grumbach hinauf bis etwa Grossgrimma, jetzt über Dobergast, Alten-
groitsch zum Schnauderbach, diesen hinauf bis Ramsdorf, von hier in
östlicher Richtung zur Wyra bei Neukirchen, den Fluss hinauf bis v

Groitsch im Gaue Chutizi.

Koren, sodann in südöstlicher Richtung weiter bis zur Mulde bei Wolken-
burg, diese eine kurze Strecke hinauf bis oberhalb Waldenburg, von
hier in südöstlicher Richtung (südlich von Hohenstein und Lugau)
zum Würschnizbach, diesen hinauf bis südlich Neuwiese, jetzt wieder
südöstlich zum Zwönizbach bei Nieder-Zwöniz und weiter in südöstlicher
Richtung über Elterlein, Scheibenberg nach Weipert an die heutige
Landesgränze, welche auch damals, aber nur eine sehr kleine Strecke,
nämlich bis zur schwarzen Bockau, die kurze Südgränze des Gaues
bildete. Die nun beginnende Ostgränze läuft der Bockau entlang, und
wendet sich erst unterhalb Lengefeld nach Westen über Krumhermei s-
dorf, erreicht bei Zschopau den gleichnamigen Fluss, läuft in diesem
hinunter bis zu der Einmündung in die Freiberger Mulde unterhalb
 
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