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Einleitung.

Öchleswig-Holstein nimmt während des grösseren Teiles des Mittelalters
die Stellung eines Koloniallandes ein. Zwar ist die Kulturgeschichte des Landes
bis in's 14. Jahrhundert keine einheitliche, sondern man wird unterscheiden
müssen zwischen den nordöstlichen Landesteilen, wo frühzeitig dänische Ein-
flüsse Wurzel geschlagen und eine eigene Kultur gezeitigt haben dürften, und
dem Süden. Hinzu kommt noch der schmale Streifen an der Westküste, wo
sich von Anfang an eine kerndeutsche Bevölkerung erhalten hatte. Ks hat
sich aber eine Germanisierung des gesamten Landes vollzogen, die nicht von
jenem Küstenstrich, sondern von Holstein ausgegangen ist. Dieser Süden trägt
durchaus den Charakter des Kolonialbodens, auf dem sich erst ganz allmählich
die deutsche Kultur eine dauernde Heimstätte zu erringen vermochte. Da
nun von hier aus die Germanisierung sich auch auf Schleswig ausbreitete,
so darf man unbeschadet einer etwa älteren Kultur dieser Teile, soweit
Deutschland in Betracht kommt, fast das ganze Gebiet als Kolonialland
bezeichnen.

Haben wir es aber mit einem solchen Koloniallande zu thun, so wird
sich auch in Schleswig-Holstein wiederholen, was wir überall sehen, wo ein
fremder Volksstamm sich erst einnisten muss, dass nämlich die Entwicklung
aller anderen Gaben, die das kolonisierende Volk besitzt, schnellere Fort-
schritte macht als die der ästhetischen. Die unruhigen Zeiten, der fortgesetzte
Zuzug aus allen Teilen des Reiches, besonders aus Niedersachsen, Westfalen
und den Niederlanden, das Sicheinnisten und Verschmelzen mit der land-
sässigen Bevölkerung, der Kampf um die Wahrung und Ausbreitung des
deutschen Volkstumes, die beständigen Zwistigkeiten der im Lande mass-
gebenden Faktoren der freien Bauern, der aufkommenden Städte, des zu-
gezogenen Adels, der Fürsten und der Geistlichkeit, von denen uns seit
Helmold die Chronisten und Urkunden erzählen, und die stets unter Rück-
 
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