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Matz, Friedrich
Die Naturpersonifikationen in der griechischen Kunst — Göttingen: Druck der Dieterich'schen Univ.-Buchdruckerei W.Fr. Kaestner, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.51056#0015
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Potniai in Boiotien von den beiden Πότνιαι, als die man dort De-
meter und Kore verehrte um nur ein paar Beispiele aus vielen
herauszugreifen1 2). Für die Eponymen, wie sie für uns am massen-
haftesten bei Pausanias und Stephanos Byzantios auftreten, ist
das natürlich nicht die Regel, sondern das Umgekehrte: der Orts-
name ist das Primäre. Ebenso sicher ist, daß die Tendenz der
Griechen für alles Bestehende einen ευρετής zu nennen, nicht
überall und von vornherein maßgebend gewesen sein kann.
Aber es bandelt sich hier um Bildungen des Mythos, der
seinem Wesen nach Erzählung von Handlungen ist, und als solche
der Schilderung von Zuständen gegenübersteht. Anderseits ist es
wegen der Doppelnatur der Begriffe Land und Stadt natürlich,
daß sich die Eponymenmythen zunächst an die Schicksale der Be-
völkerung ansetzen und erst durch dieses Medium die des Lokales
wiederspiegeln.
Hinzu kommt, daß der volkstümliche Mythos sich überall in
erster Linie für das Individuum interessiert „indem der naive Sinn
nur Individuen als Urheber von Taten kennt“3).
Ein homerisches Beispiel möge das statt vieler erläutern.
In der die Διομ.ήδους Αριστεία einleitenden Androktasie wird
V. 43 ff. erzählt, wie Idomeneus den Phaistos tötet, des Maioniers
Boros Sohn, der aus dem großscholligen Tarne gekommen war.
Die Kampfschilderung ist stereotyp. Sonst erfahren wir von
Phaistos weder hier noch an einer anderen Stelle des Epos etwas.
Singulär ist auch der Name. Nur einen Phaistos kennen wir noch
recht gut, dessen hohe Altertümlichkeit auf der Hand liegt. Das
ist der Eponym der kretischen Stadt4). Außerdem wird B 648
Phaistos unter den Städten des Idomeneus aufgeführt. So darf
es für erwiesen gelten, daß sich in dem Kampfe E 43 ff. historische
Ereignisse wiederspiegeln, die in die Zeit gehören, da die Dorer
Kreta eroberten5), daß wir also hier einen evidenten Fall von

1) Usener, GN. 225. 232.
2) Weitere antike und moderne Beispiele für diese Ortsnamenbildung gibt
Studniczka, Kyrene, S. 143 f.; vgl. Rutgers ran der Loeff, De ludis Eleusimis
Diss. Leyden, 1903, S. 30. Farnell, The higher aspects u. s; w. 1913 S. 64 f.
3) Burckhardt, Griech. Kulturgesch. I, 22.
4) Paus. II, 66 f. 10, 1. Steph. Byz. v. Φαιστός. Vgl. Έ. Meyer, Gesch. d.
Alt. 2, 170, S. 261; Busolt, Gr. Gesch. I, 2. Aufl. 332,2. Derselbe Phaistos ist
von Malten wiedererkannt in dem Hephaistos der aus Kinaithon zitierten Genea-
logie bei Paus. VIII, 53,5; vgl. A. J. 1913, 264, P. TV. VIII, 314 f., AM.
1913, 36.
5) Robert, Stud. zur Ilias, 369 f.
 
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