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Matz, Friedrich
Die Naturpersonifikationen in der griechischen Kunst — Göttingen: Druck der Dieterich'schen Univ.-Buchdruckerei W.Fr. Kaestner, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.51056#0029
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21

Sam Wide J) als „patriotische Religiosität“ sehr treffend charakte-
risiert hat: Es ist eine eigentümliche Art von ευσέβεια, die zum
Objekt die Polis und ihre Institutionen hat und auf dem echt
griechischen Bewußtsein von deren unvergleichlichem Wert für das
Wohl des Einzelnen beruht.
Das sind die treibenden Kräfte, durch die es dahin gekommen
ist, daß in dieser Zeit die Kulte politischer Personifikationen nicht
nur überhaupt ins Leben treten, sondern zugleich sich so außer-
ordentlicher Beliebtheit erfreuen. Wir sind noch imstande, zu be-
obachten, wie sich im Laufe etwa des Jahrhunderts zwischen 450
und 350 Eirene, Demokratia, Demos und Tyche zu festumrissenen
Gestalten des öffentlichen Kultus herausbilden.
Lehrreich sind namentlich die Nachrichten von der Einsetzung
des attischen Eirenekultus1 2). Wenn sich hier Plutarch {Kim,
13) einerseits und Isokrates (XV, 109 f.) und Nepos {Tim. II, 2)
anderseits widersprechen, indem jener sie nach der Schlacht am
Eurymedon, diese nach der Besiegung der Lakedaimonier durch
Timotheos im Jahre 375 stattfinden lassen, so wird das mit Rück-
sicht auf Aristophanes, der die Kultvorschriften schon kennt {Pac.
1019), überzeugend jetzt allgemein so erklärt, daß sich die An-
gaben des Isokrates und Nepos auf Errichtung eines neuen Altars
und namentlich des Eirenebildes von Kephisodots Hand im Jahre
375 bezögen, die Stiftung des Kultus als solchen dagegen in die
Zeit des etwa 445 abgeschlossenen Kailiasfriedens zurückgehe3).
Außerdem hat v. Wilamowitz gezeigt, daß die am 16. Hekatom-
baion stattfindenden Synoikeia, an denen der Eirene das jährliche
Staatsopfer dargebracht wird4), dasselbe Eest sind, das Thukydides
(II, 15) als εορτή τής θεοΰ bezeichnet, daß also Eirene hier in einen
alten Athenakultus eintritt. Kultzeugnisse für sie aus dem IV.
Jhdt. und später sind zahlreich5).
Wenn wir im IV. Jhdt. in Athen Kult und Statue der De-
mokratia bezeugt finden6), so gibt schon der Name einen ter-
minus post quem. Die Annahme Useners7) „es scheine erst dem

1) In G er cke-NOrdens Einleitung II, 1910, S. 226 f.
2) Deubner, Lex. IV, 2077, vgl. auch 2132.
3) v. Wilamowitz, Aus Kydathen S. 120 Anm. 36. Έ. Eley er, G. d. Alt. III,
S. 617; V, S. 397. Waser, P. W. V, S. 2129 f.
4) Schol. Ar. Pac. 1020.
5) Deubner a a. O. S. 2132.
6) C.J.A. II, 741c, 10 d 3, 470, 62; III, 165 = II, 1672. Αθήνας Δημο-
κρατίας aus mithradatischer Zeit.
7) Göttern. 370.
 
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