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sammen, als er die Götter in ruhiger Haltung vorführt, aber die
μαρτύρια gibt er nicht an, sondern führt statt ihrer die Personi-
fikation ein. Während also dort die Urbewohner des attischen
Landes als Zuschauer und Schiedsrichter zu ergänzen sind, sei es
auch nur in Gedanken des Beschauers, der mit dem Mythos wohl
vertraut war, muß der Maler sich hier einen άγων λόγου zwischen
Poseidon und Athena gedacht haben, in dem es sich darum handelte,
die Attike zu überreden, wen sie sich als Schutzgottheit wählen
wolle. Die Handbewegung des Poseidon drückt nicht aus, daß er
sie mit Gewalt entführen will, sondern deutet nur den Inhalt
seiner Worte an.
Ein paar Fälle von unteritalischen Prachtamphoren,
wo die Anwendung von Ortspersonifikationen ganz ähnliche Ver-
hältnisse erkennen läßt, schließen sich hier, als wesentlich derselben
Epoche angehörig J), passend an.
In dem oberen Streifen der Perser vase1 2) treten die ΑΣΙΑ
und ΙΕΑΛΑ’Σ auf, beide inschriftlich bezeichnet. Hellas, ein schönes
junges Weib mit Chiton und über den Hinterkopf gezogenem Hi-
mation bekleidet, ein Diadem im Haar, steht vor Zeus „in der auf
Grabreliefs und in Grabstatuen häufigen Haltung einer besorgten
trauernden Frau gebildet“, wie Furtwängler sagt3). Die damit
gemeinten Werke unterscheiden sich indes vom Motiv der Hellas
dadurch, daß die aufgestützte Hand entweder an der Wange ruht
oder das Gewand nach vorn zieht; namentlich im ersteren Falle
wird die Gebärde des Trauerns erst recht eindringlich. Hier die
Hellas hat aber ihre Linke „sinnend zum Gesicht erhoben“ 4), wo-
fern sie nicht mit den Fingern gestikulierend zu denken ist. Jeden-
falls ist sie im Gespräch mit Zeus begriffen, wie der Gestus von
dessen linker Hand deutlich zeigt. Was den Inhalt dieses Ge-
spräches bildet, lassen die übrigen Figuren erkennen. Asia sitzt
rechts „auf einem breiten Postament, das ein Altar sein mag, als
stolze Königin mit Krone und Szepter, ein rechtes Gegenbild zu
der bescheidenen Hellas“. Sie ist mit Schuhen ausgestattet wie
die sämtlichen Großen des Deiches — auch die griechischer Natio-
nalität — in der Katsversammlung darunter, im Gegensatz zu
Hellas und dem als Griechen dargestellten Schatzmeister. Rätsel-
1) Vgl. Gr. Körte, R. Μ. 1907, 19. P. W. s. v. Etrusker 762. Matfhies, Die
praenestinischen Spiegel, S. 103.
2) F. R. Taf. 88, II, S. 142 ff. 3) a. a. 0., S. 148.
4) G-. Körte, Personifikationen Psychol. Affekte, 1874, S. 49.
sammen, als er die Götter in ruhiger Haltung vorführt, aber die
μαρτύρια gibt er nicht an, sondern führt statt ihrer die Personi-
fikation ein. Während also dort die Urbewohner des attischen
Landes als Zuschauer und Schiedsrichter zu ergänzen sind, sei es
auch nur in Gedanken des Beschauers, der mit dem Mythos wohl
vertraut war, muß der Maler sich hier einen άγων λόγου zwischen
Poseidon und Athena gedacht haben, in dem es sich darum handelte,
die Attike zu überreden, wen sie sich als Schutzgottheit wählen
wolle. Die Handbewegung des Poseidon drückt nicht aus, daß er
sie mit Gewalt entführen will, sondern deutet nur den Inhalt
seiner Worte an.
Ein paar Fälle von unteritalischen Prachtamphoren,
wo die Anwendung von Ortspersonifikationen ganz ähnliche Ver-
hältnisse erkennen läßt, schließen sich hier, als wesentlich derselben
Epoche angehörig J), passend an.
In dem oberen Streifen der Perser vase1 2) treten die ΑΣΙΑ
und ΙΕΑΛΑ’Σ auf, beide inschriftlich bezeichnet. Hellas, ein schönes
junges Weib mit Chiton und über den Hinterkopf gezogenem Hi-
mation bekleidet, ein Diadem im Haar, steht vor Zeus „in der auf
Grabreliefs und in Grabstatuen häufigen Haltung einer besorgten
trauernden Frau gebildet“, wie Furtwängler sagt3). Die damit
gemeinten Werke unterscheiden sich indes vom Motiv der Hellas
dadurch, daß die aufgestützte Hand entweder an der Wange ruht
oder das Gewand nach vorn zieht; namentlich im ersteren Falle
wird die Gebärde des Trauerns erst recht eindringlich. Hier die
Hellas hat aber ihre Linke „sinnend zum Gesicht erhoben“ 4), wo-
fern sie nicht mit den Fingern gestikulierend zu denken ist. Jeden-
falls ist sie im Gespräch mit Zeus begriffen, wie der Gestus von
dessen linker Hand deutlich zeigt. Was den Inhalt dieses Ge-
spräches bildet, lassen die übrigen Figuren erkennen. Asia sitzt
rechts „auf einem breiten Postament, das ein Altar sein mag, als
stolze Königin mit Krone und Szepter, ein rechtes Gegenbild zu
der bescheidenen Hellas“. Sie ist mit Schuhen ausgestattet wie
die sämtlichen Großen des Deiches — auch die griechischer Natio-
nalität — in der Katsversammlung darunter, im Gegensatz zu
Hellas und dem als Griechen dargestellten Schatzmeister. Rätsel-
1) Vgl. Gr. Körte, R. Μ. 1907, 19. P. W. s. v. Etrusker 762. Matfhies, Die
praenestinischen Spiegel, S. 103.
2) F. R. Taf. 88, II, S. 142 ff. 3) a. a. 0., S. 148.
4) G-. Körte, Personifikationen Psychol. Affekte, 1874, S. 49.