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Matz, Friedrich
Die Naturpersonifikationen in der griechischen Kunst — Göttingen: Druck der Dieterich'schen Univ.-Buchdruckerei W.Fr. Kaestner, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.51056#0097
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Geschmack der Zeit noch viel mehr zusagten, sondern namentlich,
weil die Vorstellung vom Ortsgenius dem entgegen kam l)·
Die Krenaie zieht die Beurteilung der Thebe nach sich. Auch
ihre Werte als erzählende Figur und als Bezeichnung des Ortes
halten sich die Wage. Daß sie keinen im engeren Sinne land-
schaftlichen Charakter hat, liegt natürlich nicht bloß am Stil dieser
Gefäßdekoration, sondern am Stil der Zeit überhaupt. Stammt
sie, was sehr wahrscheinlich, aus der großen Kunst2), so kommt
hier gewiß auch noch das Moment der „Schilderung durch die Wir-
kung“ in Betracht. Uber die Erklärung Furtwänglers {Mw. 234):
„Es gibt auf Kunstiverken des V. Jhdts. überhaupt keine Figuren,
die nur zur Lokalbezeichnung dienten“, kann man also positiv um
ein Weniges hinausgehen.
Nichts Neues lehrt in dieser Hinsicht die Nemea der viel-
zitierten Neapeler Archemorosamphora (Nr. 2355 abg. Gerhard,
Ak. Abh. I. Overbeck, Gall. IV 3. W. V. 1889, 11 u. ö.). Sie ist
im Gespräch mit Zeus begriffen, und was den Inhalt dieses Ge-
spräches bildet, sagt der darunter dargestellte Vorgang: Es han-
delt sich um die Einsetzung der nemeischen Spiele. Insofern hätte
dieser Fall schon unter den neuen Mythoi zur Sprache kommen
können. Aber die Götterstreifen dieser Vasen stellen zugleich
einen Zuschauerkreis dar, der Ort ist einheitlich gedacht. Also
auch hier das Zusammenwirken eines erzählenden und eines lokal-
bezeichnenden Elements. — Erinnert man sich nun noch der
stehenden Theba auf dem Krater des Louvre (oben S. 76), so zieht
diese Nemea die Benennung der stehend zuschauenden Frau auf
einer unteritalischen Volutenamphora in Petersburg mit dem Tode
des Archemoros (Nr. 523 abg. Bull. Nap. II Taf. 5 u. ö.) ohne
Weiteres nach sich.

1) Wisscnva, R. u. K. S. 178. — Beispiele: Heerstraße, traianisches Relief
vom Constantinsbogen Rossini 71,6. Reinach, Reliefs 1,246. Ara des 3. Jhdts.
Museo Capitolino, Catalogue p. 51 Nr. 8. Relief Matz- Fhihn 4101 mit der
Inschrift VIAE LATINAE GR — Portus: Sarkophag Heilig, Führer Nr. 1373. —
Campus Martins: Sockel der Antoninussäule Helbig, Führer Nr. 133. — Altis (?):
Sarkophag Helbig, Führer Nr. 339. — Vgl. auch den Genius Theatri Wissowa
a. a. 0. 180, 7.
2) Denn ich zweifle nicht, daß das hier für die Vasen Festgestellte nur der
Reflex der großen Kunst ist. Bei dem Stande unserer Überlieferung ist es zwar
kein Wunder, wenn sich auf einem polygnotischen Bilde eine solche zuschauende
Ortsnymphe direkt nicht nachweisen läßt. Aber den Heros Marathon in der
Marathonschlacht {Paus. I 15, 3) kann ich inhaltlich nicht anders bewerten. Sehr
ansprechend hat Robert ihn in gelagerter Stellung rekonstruiert (vgl. Marathonschi.
S. 32).
 
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