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Matz, Friedrich
Die Naturpersonifikationen in der griechischen Kunst — Göttingen: Druck der Dieterich'schen Univ.-Buchdruckerei W.Fr. Kaestner, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.51056#0126
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die Rede sein kann, liegt in der Natur der Sache. Der Berg hat
nicht bloß überhaupt in geringerem Maße unmittelbare und prak-
tische Bedeutung für den Menschen; auch als Naturerscheinung
ist seine Eindrucksfähigkeit längst keine so starke wie etwa die
eines Flusses, namentlich für den Griechen. Damit ist es zugleich
erklärt, wenn in der Kunst die Bergpersonifikation erst da er-
scheint, wo die für Städte, Länder und Flüsse bereits ausge-
bildet ist, und wenn sie hier sich an deren Typik anlehnt, auch
daß sie in der klassischen Kunst und in der des IV. Jahrhunderts
noch eine Seltenheit bleibt, bis sie seit dem Hellenismus zu einem
festen künstlerischen Ausdrucksmittel geworden ist und nun ganz
mechanisch immer und immer wieder, um dasselbe zu sagen, ange-
wandt werden kann.
Mit Ausführlichkeit hat Gerber nachzuweisen versucht, daß
diese Personifikation von Bergen ein Erzeugnis erst der römischen
Kunst sei, und Furtwängler hat ihm darin vorbehaltlos zugestimmt
(Miv. 234, 2), während von anderen Seiten alsbald entschiedener
Widerspruch laut wurde1)· Merkwürdigerweise ist aber ein ganz
direktes Zeugnis für eine echt griechische Bergpersonifikation, das
wir besitzen, niemandem in der Debatte eingefallen. Im Masken-
katalog des Pollux nämlich figuriert unter den έκσκευα πρόσωπα so
gut wie πόλις und ποταμός auch ein όρος (IV, 142), und daß dieser
Katalog mindestens bis auf Jubas θεατρική ιστορία zurückzuführen
sei. hatte bereits 1870 E. Rohde gezeigt (De Iitlli Pollucis in enar-
ra/ndo apparatu scaenico fontibus 56 ff.) Von erhaltenen Monumenten
kommt zunächst die Ficoronische Ciste in Betracht2). Die Er-
klärung als Berggott bei der jugendlichen Gestalt, die eine Tänie
in der R. haltend und mit einer Bulla um den Hals geschmückt
in der Höhe gelagert dem Vorgang zuschaut, scheint mir aller-
dings einwandfrei. Zu den zuletzt von Behn (Die Fic. Ciste, Diss.
Rostock 1910, 44 f.) dafür geltend gemachten Gründen wüßte ich
nur noch anzuführen, daß diese Deutung durch den hier vorge-
legten Zusammenhang eine weitere Stütze bekommt. Da wir
wissen, daß dieser Typus des etwas abseits von der Handlung ge-
lagerten oder sitzenden Zuschauers seit der Mitte des V. Jhdts.
im Entstehen begriffen und spätestens seit dessen Ende für Orts-
personifikationen in dem oben definierten Sinne weit verbreitet ist,
so ist es ausgeschlossen, daß der Künstler den Hylas so geben
konnte.
1) Milchhöf er, Die . Befreiung des Prometheus, 42. Berliner Winckelmanns-
programm 1882, 11. (). Schultz, a. a. 0. 75ff. Steuding, Lex. II, 2112.
2) Zur Datierung zuletzt: Matthies, a. a. 0. 102.
 
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