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Deutscher Altphilologenverband [Editor]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 39.1996

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Nr. 3
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Besprechungen
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[Rezension von: Gerhard Fink u. Friedrich Maier, Konkrete Fachdidaktik Latein]
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https://doi.org/10.11588/diglit.33062#0161
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zu den Wesensmerkmalen des Lateinischen die
Vieldeutigkeit, sei es bei den Endungen, sei es
bei der logischen Verknüpfung der Partizipial-
konstruktionen. Und „anhand eines erlernten
Ordnungssystems und mit Hilfe logischen Den-
kens" könne man solchen Tücken beikommen.
„Dieses Denken muß geschult und zugleich mit
einer Reihe von Übersetzungstechniken einge-
übt werden" (S. 9f.). Allerdings vertritt Fink
eine notwendige Gegenposition zu Tendenzen,
von einer Textgesamtheit auszugehen, mit ihren
Gefahren, das schlichte Lernen (und Begreifen)
von Formen und Strukturen und damit die Basis
auch für die Texterschließung zu vernachlässi-
gen. Fink bleibt zunächst durchaus beim einzel-
nen grammtischen Phänomen, das er möglichst
klar und einleuchtend, vor allem auch deutlich
strukturiert präsentieren will. Hierfür brennt
Fink geradezu ein Feuerwerk von Ideen ab. Für
L2 liegt es nahe, aufs Englische zu verweisen
(S. 46f.: "He B Mn/ fo n'ck" - ein klarer
fi.c.:'.,' „EiBa, working in kor gorJgn, sow Hen-
ry taiking fo fwo men " - gleich zwei Partizipial-
konstruktionen). Nicht zuletzt wirft Fink rigoros
allen Ballast ab, der nur fürs Hinübersetzen
erforderlich, aber noch immer nicht überall über
Bord ist. Listen von Verben zu lernen, nach
denen der a.c.i. steht, ist schlicht unnötig (S.
46).
Nicht allen seinen Vorschlägen wird jeder fol-
gen wollen. Ich werde zum Beispiel meine
Schüler nie wieder dazu anhalten, eine Partizi-
pialkonstruktion zunächst als eingeschobenen
Hauptsatz wiederzugeben, nachdem zwei
Schülerjahrgänge dies nur als schwierigen und
vor allem völlig unnötigen Umweg hin zur
Übersetzung als Nebensatz empfunden haben.
Dafür betont Fink einen Schritt nicht ausdrück-
lich, der nach meinen Erfahrungen von zentraler
Bedeutung ist: das Beziehungswort des Partizips
feststellen, entscheiden, ob es mitsamt dem Par-
tizip a. im Ablativ steht (dann wohl Abi. abs.)
oder b. nicht, und im Fall a. das Partizip mit
Beziehungswort und allem, was dazwischen
steht, im Fall b. das Partizip mit 'allem, was
zwischen ihm und dem Beziehungswort steht
(das Beziehungswort selbst aber nicht), erst

einmal wegzulassen und den Rest zu übersetzen.
Auch befürchte ich, daß meine Schüler den
Merksatz „EVA SitZt im BUS" zwar ganz lu-
stig finden, sie aber schon Schwierigkeiten ha-
ben, sich zu merken, daß das Erkennen, Verste-
hen nach Sinnrichtung und Zeitverhältnis, An-
binden durch Beiordnung, Unterordnung, Sub-
stantivische Wendung heißen soll, dann sehr
schnell bemerken, daß die Schwierigkeiten erst
dann anfangen, wenn das in die Praxis umge-
setzt werden soll, und daher den Spruch gar
nicht als hilfreich empfinden. Da hilft nur, sich
den Satz zunächst überschaubarer zu machen
nach obengenanntem Rezept, und üben, üben,
üben (und dabei auch immer wieder Überset-
zungsmöglichkeiten zu entdecken, auszuprobie-
ren, zu prüfen und nicht bloß schematisch
durchzugehen: das ist nämlich ganz spannend).
Dies Beispiel zeigt freilich vor allem, wie anre-
gend Finks Ausführungen sind.
Friedrich Maiers Metier ist dagegen mehr und
mehr der Lektüreunterricht geworden, und kon-
sequent vertritt vor allem er ihn m diesem Band;
Gerhard Fink beschränkt sich auf Empfehlun-
gen zur Anfangslektüre. Freilich betont Maier:
„Sprachunterricht ist bereits Lektüreunterricht,
in der Lektüre wird immer noch ergänzend,
wiederholend, vertiefend an der Sprache gear-
beitet" (S. 93). Diese Verzahnung sei schon
deswegen notwendig, weil prägend im Mei-
nungsbild der Öffentlichkeit der Eindruck sei,
mit dem die Masse der L2-Schüler am Ende der
Mittelstufe das Fach abschließt und daher be-
reits m der Mittelstufe Dinge den Unterricht
bestimmen müssen, die in den Augen der
Schüler den Aufwand lohnen. Den Aufwand
lohnen aber Inhalte, so Maier wie an vielen
anderen Orten so auch hier, die dem Menschen
Orientierung geben angesichts der Herausforde-
rungen unserer Zeit, nicht zuletzt Europas. So
faszinierend vieles von dem ist, was Friedrich
Maier vorlegt, die Frage bleibt freilich stets,
warum man das auf Latein lesen müsse. Als
alleinige Legitimation des Lateinunterrichts
wird dies also nicht ausreichen.
Umsichtig und voll beeindruckenden Materials
ist, wie stets, was Friedrich Maier vorlegt; nur

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