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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 47.1901 (Nr. 562-574)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16557#0035
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INeggendorfers L)umoristische Blätter

3l

ießen uns die Grthographen,

Die noch niemand gerne sah,
Lndlich doch qeinüthlich schlafen!
(Meinetwegen ohne „h").

^treng nach hundert Machtgeboten
Richten kühn sie groß und klein,

INit dem Stist, dem wüthig rothen
Ztürmen wild sie querfeldein.

's Thierchen inuß sein Theta lassen,

Das es trug in Lhr' und Fried';

Und noch wen'ger kann ich's fassen,
tVenn man schreibt: „Die Blüte blüht."

Neueste Drthographie.

Bertha darf ihr h behalten,

Doch dem fdathen gönnt man's nicht.
„tverthxapier" sieht man veralten,
„Tigenthum" muß vors Gericht.

lfänschen wird traktiert mit Bieben,
Fühlt als ^chwerverbrecher sich,

U?eil er „Kleines" klein geschrieben —
Alingt das nicht absonderlich?

Ist der „Wahn" nicht kurz? nun eben!
U?as thut dann der Dehnlaut drin?
Lieber sollte man ihn geben
Einem Dackel; das hätt' 5inn.

6ört, was nun sie auf uns tischen,
Zitternd meldet es der Draht:

„'s ist kein Unterschied mehr zwischen
„Tateleben" und: „die Tat"!

Bur so weiter: Ainder lachen
U?eidlich ihre Tltern aus,

U?eil sie grobe Fehler machen —

Und die Tnkel erst — o Graus!

Boch kann man mit Müh' erraten,
U?er da „nach der Neuen" schreibt,
Gder wer, aus frühern Daten,

Brav „bei seiner Alten" bleibt.

Bald geht alles aus dem Leime, > Ieder braut sich 'ne geheime

Linig werden wir ja nie; ! „hof- und leib-ordogravieh." O. Jegerl.

Verschnappt.

kZ^aron von kfumpelfingen war als Schöngeist

und Litteraturkenner ersten Ranges bekannt.
Ueber alles, was Ulasficität besaß oder erlangt
hatte, sowie über moderne Litteratur, vermochte
er zu reden. Das heißt eigentlich sxrach er nicht
darüber, im Gegenteil, wenn er über dies oder
jenes Buch befragt wurde, so erwiderte er mit
einem bedeutsamen 5chweigen, oder er nickte
höchstens bei- oder absällig mit dem Ropse.
Aber gerade diese vornehme Reserve zeigte den
gebildeten Nlann und verschasfte ihm den Rus
einer Autorität aus dem Gebiete kritischer Littera-
turbetrachtung.

Nlenn böse Zungen behaupteten, der Baron
von Uumpelfingen sei dumm wie Bohnenstroh
und schöpse sein mageres NAssen aus den Rritiken
wenig gelesener Zeitschristen, so war das eben
Uerleumdung.

Tines Abends hatte der Baron, wie östers,
seine Theegesellschast um sich herum versammelt,
denn er galt gleichzeitig sür einen halben Tem-
xerenzler, als ein hestiger Disput über irgend
eine 5telle aus irgend einem U)erke ausbrach.

„Liebster Baron," ries einer der lherren, „^ie
haben das Buch sicher in Ihrer Bibliothek,
dürsten wir 5ie wohl einen Moment deswegen
bemühen?"

Der Baron machte eine vornehm bejahende
Uandbewegung, klingelte seinem Uaushosmeister
und besahl ihm, das betrefiende Buch zu holen.

Der Uaushosmeister, der erst an demselben
Tage bei dem Baron eingetreten war, kam nach
zehn Minuten schweißtriesend zurück.

„Uerr Baron, der Bibliothekschlüssel schließt
nicht!" Dabei hielt er einen glänzenden, kleinen
5chlüssel in die 6öhe, dem man die L'puren
häufigen Gebrauches ansah.

Da aber suhr der Baron aus.

„§ie L-chasskops," ries er zornig, „das ist ja der
5chlüssel zum Udeinkeller, der Bibliothek-
schlüssel ist der rostige."

Der photographierte Ämateur-Bhotograph.
 
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