94
5. Neggendorfers Humoristische Biätter.
^Nuch nichL übrl.
i >
„Auu, wie war deuu Ihre thochzeit?"
„Rüluderbar, hätte mich riesig amüsiert, weun es
nicht meine geweseu wäre."
^Oas l6estaurenL.
^ur iZeit des grosieu üalifeu Haruu al Rafchid
lebte zu Bagdad eiu sebr reicher Lvaufmann,
der hiesi Nustafa —^ et Cagir — Ulustafa der
üaufmaun. Run gab es ja rüele üaufleute iu
Ragdad, jedoch zeichuete man Utustafa durch diesen
Citel zu feinem Aameu befonders aus, denu er war
eiu Raufmann, wie er feiu foll, und hatte es durch
feinen weitschauenden Llick, seinen Hleiß und eine
eiferne Lnergie zu außerordentlich großem Reichtume
und Ansehen gebracht.
Dieser Mustafa nun hatte nur ein Aind, einen
Sohn Achmed, und da er aus eigener Lrfahrung
wusite, wie mühevoll die Lnufbahn eines Aaufmanns
sei, fo wollte er nicht, daß sein Sohn, den er über
Alles liebte, fpäter diesem Stande angehöre, fondern
beftimmte ihn fchon friihe zum Celehrten, zumal der
Anabe gute geistige Anlagen verriet. Lr ließ ihm
daher eine sehr gute Lrziehung geben und den
Anterricht der bedeutendsten Selehrten geniesien, er
fchickte ihn mit seinen Schiffen auf weite Aeifen,
damit er Ukenfchen und Länder kennen lerne und
dadurch feinen Gesichtskreis erweitere.
Während sich Achmed auf einer solchen Reise
befand, geschah es, daß Ukustafa gefährlich krank
ward und fein Lnde herannahen fühlte. Lr berief
den Aadi an sein Lager, um sein Testament zu
machen. Rachdem er in der Linleitung desselben
Das Lestament.
Allah für dessen Aegen, der so fichtlich immer auf
feinen Gefchäften geruht, gedankt und der Hoff-
nung Ausdruck gegeben hatte, in ihm nach feinem
Code einen gnädigen Richter zu sinden, bat er ihn,
ihm auch seiuen Liebliugswunsch, daß Achmed seine,
des Mustafa Richte Aifcha heiraten möge, zu erfüllen.
Riustafa hatte nämlich zwei Rrüder, welchen
das Glück nicht so in ihren Unternehmungen beige-
standen hatte, wie ihm. Cer eine von ihnen, Ibrahim,
hatte eine wunderschöne Cochter, eben jene Aischa, von
so großem Liebreiz, wie ihn nur immer ein morgen-
ländifcher Cichter zu besiugeu vermag. Ibrahim
nun und Iufsuf, wie der andere Vruder hieß, waren
fchon lange neidisch auf Mustafa, welches Gefühl
bei Ibrahin nur dadurch etwas gemildert wurde,
daß er von dem genannten Lieblingswunfche seines
reichen Rruders Aenntuis hatte und wußte, daß
durch dessen Lrfüllung auch seiuer Hamilie das große
Uermögen zu Cute käme.
Aiustafa bestimmte also in seinem Cestamente,
daß Achmed die Aifcha heiraten und dann das ganze
Rermögen erben solle. Iollte jedoch wider Lrwarten
— denn er kannte Achmed als gehorsames Uind, —
sein Iohn hierauf nicht eingehen, so solle sein Reich-
tum an Ibrahim und Iussuf fallen, und diese er-
mächtigt sein, dem ungehorsamen Reffen vom Lrbe
zu geben, was fie wollten.
Nustafa starb uud es dauerte uicht lange, als
Achmed aus feruen Ianden heimkehrte. Lr betrauerte
uud beweiute seineu heimgcgangeuen Rater, doch als
ihm von dem Cestamente und seinem Inhalte Uenut-
niß gegeben wurde, erklärte er rund heraus, daß
er überhaupt niemals heiraten werde, also auch die
Cochter feiues Cheims nicht. Lr habe in Hrankistan,
wo die Rleiber unverschleiert gehen, ein liebliches
Akägdlein gefehen, beide seien sofort in heftiger Iiebe
zu einander entbrannt, und er habe sich nach der
dortigen Iitte ihr verlobt, nachdem sie ihm ver-
sprochen, mit ihm in sein Raterland zu gehen uud
den Clauben des Propheten anzunehmen. Ciefe holde
klngläubige fei jedoch durch eine tückische Urankheit
hingerafft worden, und er habe gelobt, ewig ledig
zu bleiben. Iollte er auch nun mit einem noch so
kleinen Ceile des väterlichen Lrbes vorlieb nehmen
müfsen, — sein Lntschluß stünde unerschütterlich fest.
Iudem sei er jung und kräftig, er wolle arbeiten,
und sich selbst das zum Ieben Äötige erwerben.
Ieine Cheime möchten ihm nur, wie es der Rater
inr Testamente ausgesprochen, geben, was sie wollten.
Ciese eröffneten ihm daraufhin, daß sie beschlofsen
hätten, ihm vom Lrbe sOOO lZechinen zu überlasfen,
und sich in das übrige Rermögen zu teilen.
Ca kam eines Abends der weife Nollah, ein
alter Hreund Akustafa's zu Achmed, um diesen über
den Rerlust feines Raters zu trösten. Als er aber
von der Handlungsweise der Rrüder hörte, ward er
sehr zornig und rief aus, solche Habsucht müsse
bestraft werden. Lr riet Achmed, fich an Harun,
den man nicht umsonst den „Kerechten" nenne, zu
wenden, und wenn ja auch nach dem Wortlaut an
dem Cestamente augenscheinlich nichts zu ändern
sei, — er, dem man auch den Titel eines „Weisen"
gebe, werde schon einen Ausweg ffnden. Rlolle
Achmed aber nicht gegen seine Cheime als Ankläger
auftreten, fo werde er die Iache übernehmen. Rach
vielem Imreden beauftragte Achmed endlich den
Akollah, seine Iache bei Harun zu führen und für
ihn zu fprechen.
5. Neggendorfers Humoristische Biätter.
^Nuch nichL übrl.
i >
„Auu, wie war deuu Ihre thochzeit?"
„Rüluderbar, hätte mich riesig amüsiert, weun es
nicht meine geweseu wäre."
^Oas l6estaurenL.
^ur iZeit des grosieu üalifeu Haruu al Rafchid
lebte zu Bagdad eiu sebr reicher Lvaufmann,
der hiesi Nustafa —^ et Cagir — Ulustafa der
üaufmaun. Run gab es ja rüele üaufleute iu
Ragdad, jedoch zeichuete man Utustafa durch diesen
Citel zu feinem Aameu befonders aus, denu er war
eiu Raufmann, wie er feiu foll, und hatte es durch
feinen weitschauenden Llick, seinen Hleiß und eine
eiferne Lnergie zu außerordentlich großem Reichtume
und Ansehen gebracht.
Dieser Mustafa nun hatte nur ein Aind, einen
Sohn Achmed, und da er aus eigener Lrfahrung
wusite, wie mühevoll die Lnufbahn eines Aaufmanns
sei, fo wollte er nicht, daß sein Sohn, den er über
Alles liebte, fpäter diesem Stande angehöre, fondern
beftimmte ihn fchon friihe zum Celehrten, zumal der
Anabe gute geistige Anlagen verriet. Lr ließ ihm
daher eine sehr gute Lrziehung geben und den
Anterricht der bedeutendsten Selehrten geniesien, er
fchickte ihn mit seinen Schiffen auf weite Aeifen,
damit er Ukenfchen und Länder kennen lerne und
dadurch feinen Gesichtskreis erweitere.
Während sich Achmed auf einer solchen Reise
befand, geschah es, daß Ukustafa gefährlich krank
ward und fein Lnde herannahen fühlte. Lr berief
den Aadi an sein Lager, um sein Testament zu
machen. Rachdem er in der Linleitung desselben
Das Lestament.
Allah für dessen Aegen, der so fichtlich immer auf
feinen Gefchäften geruht, gedankt und der Hoff-
nung Ausdruck gegeben hatte, in ihm nach feinem
Code einen gnädigen Richter zu sinden, bat er ihn,
ihm auch seiuen Liebliugswunsch, daß Achmed seine,
des Mustafa Richte Aifcha heiraten möge, zu erfüllen.
Riustafa hatte nämlich zwei Rrüder, welchen
das Glück nicht so in ihren Unternehmungen beige-
standen hatte, wie ihm. Cer eine von ihnen, Ibrahim,
hatte eine wunderschöne Cochter, eben jene Aischa, von
so großem Liebreiz, wie ihn nur immer ein morgen-
ländifcher Cichter zu besiugeu vermag. Ibrahim
nun und Iufsuf, wie der andere Vruder hieß, waren
fchon lange neidisch auf Mustafa, welches Gefühl
bei Ibrahin nur dadurch etwas gemildert wurde,
daß er von dem genannten Lieblingswunfche seines
reichen Rruders Aenntuis hatte und wußte, daß
durch dessen Lrfüllung auch seiuer Hamilie das große
Uermögen zu Cute käme.
Aiustafa bestimmte also in seinem Cestamente,
daß Achmed die Aifcha heiraten und dann das ganze
Rermögen erben solle. Iollte jedoch wider Lrwarten
— denn er kannte Achmed als gehorsames Uind, —
sein Iohn hierauf nicht eingehen, so solle sein Reich-
tum an Ibrahim und Iussuf fallen, und diese er-
mächtigt sein, dem ungehorsamen Reffen vom Lrbe
zu geben, was fie wollten.
Nustafa starb uud es dauerte uicht lange, als
Achmed aus feruen Ianden heimkehrte. Lr betrauerte
uud beweiute seineu heimgcgangeuen Rater, doch als
ihm von dem Cestamente und seinem Inhalte Uenut-
niß gegeben wurde, erklärte er rund heraus, daß
er überhaupt niemals heiraten werde, also auch die
Cochter feiues Cheims nicht. Lr habe in Hrankistan,
wo die Rleiber unverschleiert gehen, ein liebliches
Akägdlein gefehen, beide seien sofort in heftiger Iiebe
zu einander entbrannt, und er habe sich nach der
dortigen Iitte ihr verlobt, nachdem sie ihm ver-
sprochen, mit ihm in sein Raterland zu gehen uud
den Clauben des Propheten anzunehmen. Ciefe holde
klngläubige fei jedoch durch eine tückische Urankheit
hingerafft worden, und er habe gelobt, ewig ledig
zu bleiben. Iollte er auch nun mit einem noch so
kleinen Ceile des väterlichen Lrbes vorlieb nehmen
müfsen, — sein Lntschluß stünde unerschütterlich fest.
Iudem sei er jung und kräftig, er wolle arbeiten,
und sich selbst das zum Ieben Äötige erwerben.
Ieine Cheime möchten ihm nur, wie es der Rater
inr Testamente ausgesprochen, geben, was sie wollten.
Ciese eröffneten ihm daraufhin, daß sie beschlofsen
hätten, ihm vom Lrbe sOOO lZechinen zu überlasfen,
und sich in das übrige Rermögen zu teilen.
Ca kam eines Abends der weife Nollah, ein
alter Hreund Akustafa's zu Achmed, um diesen über
den Rerlust feines Raters zu trösten. Als er aber
von der Handlungsweise der Rrüder hörte, ward er
sehr zornig und rief aus, solche Habsucht müsse
bestraft werden. Lr riet Achmed, fich an Harun,
den man nicht umsonst den „Kerechten" nenne, zu
wenden, und wenn ja auch nach dem Wortlaut an
dem Cestamente augenscheinlich nichts zu ändern
sei, — er, dem man auch den Titel eines „Weisen"
gebe, werde schon einen Ausweg ffnden. Rlolle
Achmed aber nicht gegen seine Cheime als Ankläger
auftreten, fo werde er die Iache übernehmen. Rach
vielem Imreden beauftragte Achmed endlich den
Akollah, seine Iache bei Harun zu führen und für
ihn zu fprechen.