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treten ruhig auf, die Handlung fetzt natürlich ein, der
Zufchauer fühlt lieh bereits von Mitleid oder Schrecken
bewegt. Und darauf gerät alles durcheinander und endet
in Dunft.

Ihr fragt, ob die fo feltene Vollkommenheit eines
Werkes mehr auf einem Überfluß an Einzelheiten be-
ruhen foll oder auf kraftvoller Kürze, die dem Geift
des Zufchauers nicht erlaubt, fleh ins Einzelne zu ver-
lieren. Weder das eine noch das andere. Shakefpeare
hält uns oft mitten im Stück durch fein Geplauder auf,
aber bleibt immer dabei Shakefpeare. Voltaire gibt in
feinen Romanen nur einen Strich, aber diefer enthält
den ganzen Menfchen. Die Befchreibung des Sturms
in Ccm di de ufw.

Die Schriftfteller und Kritiker wollen immer das,
was in großen Meifterwerken von jener einzigen Gabe
herrührt, der Vollkommenheit einzelner untergeordne-
ter Eigenfchaften zufchreiben. Sie loben die Zeichnung
Raffaels, die Rubensfche Farbe, das Helldunkel Rem-
brandts. Nein, taufendmal nein, da liegt nicht das Wahre.

Warum werden manche Künftler, die ihre Geftalten
mit Schwung erfinden und hinftellen, in dem Beiwerk
zu kalten Akademikern?

Gedanken über Malerei. Ift das Erhabene ein
Kittel, den man anzieht? Ift der Maler bombaftifcher
Dinge fchon infolge der Gattung, die er bevorzugt,
mehr wert als ein anderer, der ländliche Szenen malt?
Zum Beifpiel der Maler aus der Zeit des Empire? . . .

Wir find Prahler geblieben mit dem Wunfche,
zum Natürlichen zurückzukehren. Die modernen
Romantiker in der Literatur find bis zum Trivialen
hinabgeftiegen, ohne aufzuhören fchwülftig zu fein.

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