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Mengs, Anton Raphael; Schilling, Gustav [Editor]
Anton Raphael Mengs' Sämmtliche hinterlassene Schriften (Band 1) — 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.6323#0131
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— 115 —

hundert verkauft worden seyn, und endlich habe es der Graf Pirro
Visconti aii den Marcheso von Cainarcna, Gouverneur von Mailand,
der von Philipp IV. den Auftrag dazu hatte, für 650 Doubloncn
verkauft. Gegenwärtig wird es in dem königlichen Palast zu Ma-
drid aufbewahrt und sehr hoch geschätzt; dass es an manchen
Stellen Schaden gelitten habe, ist unwahr.

Das zweite Bild stellt die Jungfrau vor, wie sie das Kind
ankleidet: ein Werk, dessen Styl zwar nicht so ausgeführt, aber
dennoch sehr schön und von vortrefflicher Jmpastirung und Zart-
heit ist. In der Ferne steht der heilige Joseph, mit Zinimermanns-
arbeit beschäftigt, so sebön in den Umrissen gehalten, dass man
nicht umhin kann, Corrcggio für den grössten Meisler in der Kennt-
niss der Luftperspective zu erklären, denn die Gegenstände, welche
er in der Entfernung darstellen wollte, hat er nicht allein im Schat-
ten leichter gehalten, was auch viele neuere Maler thun, sondern
er dämpfte auch die Lichter, machte die Umrisse flüchtiger, und
verwirrte die Formen nach dem Grade ihrer Entfernung, und Al-
les zwar ohne je sich von den Gränzcn der Wahrheit zu entfernen.

Der Herzog von Alba hat ein Werk Correggio's, auf wel-
chem die Figuren nicht volle Lebensgrösse haben. Es ist auf Lein-
wand gemalt, und stellt den Merkur vor, der dem Amor in Gegen-
wart der Venus Unterricht ertheilt. Die letztere Figur hat Flügel
und einen Bogen in der linken Hand und ist sehr schön: Correo-ffio
muss bei Verfertigung derselben den kleinen Apoll aus der Villa
Medici, der jetzt zu Florenz ist, vor Augen gehabt haben. In dem
Amor ist die Schuldlosigkeit seines Alters ganz vortrefflich darge-
stellt ; er hat gelockte Haare, die so schön gearbeitet sind, dass die
Haut zwischen ihnen durchschimmert. Eben so kann man an den
kleinen Flügeln die Haut und Federspulen durchleuchten sehen.
So oft Correggio Flügel zu malen hatte, brachte er seine Gewandt-
heit in diesem Theile der Kunst dergestalt an, dass sie sich auf eine
reizende Weise mit dem Fleische vereinigen und wirklich ein Glied
zu seyn scheinen, das mit dem obern Theilc des Schulterblatts in Ver-
bindung steht. Der verstorbene Herzog sagte daher auch mit Hin-
weisung darauf zu mir: die Flügel dieses Amors seyen so schön
ausgeführt, dass, wenn wirklich ein Kind mit Flügeln auf die Welt
käme, diese nicht anders sein könnten. Wenn andere Maler Flügel
machen, so bringen sie dieselben gewöhnlich so ungeschickt an,

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