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Mengs, Anton Raphael; Schilling, Gustav [Editor]
Anton Raphael Mengs' Sämmtliche hinterlassene Schriften (Band 1) — 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.6323#0168
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- 152 —

weil bei einer äusseren Form dieser Art die inneren nicht wellen-
förmig seyn können. Mit dieser Schwierigkeit kämpfte er noch
bei seinem ersten Styl und dieser hat auch nicht die entfernteste
Aehnlichkeit mit den Umrissen in seiner grossartigen Manier, welche
alle wellenförmig, d. h. bald aus vertieften, bald aus erhabenen
Linien zusammengesetzt sind; trifft man hier einmal eine gerade
Linie, so ist sie gewiss kaum sichtbar.

v*'~ Aus der Wirkung dieser krummen Linien geht die Grazie
hervor, und diese bildet den seltenen, Correggio unbedingt charak-
terisirenden Werth. Die erhabene Linie giebt die Grösse, während
die vertiefte leicht und geschmeidig macht. Die Alten mischten in
den Umrissen mehr Linien und Winkel unter einander, als Correg-
gio, denn sie setzten die Umrisse aus geraden, erhabenen, ver-
tieften Linien und aus Winkeln zusammen. Correggio dagegen
brachte nur die beiden entgegengesetzten Linien, nämlich die er-
habene und die vertiefte zur Anwendung; daher ist er zuweilen
manierirt, plump und gemein ; diess rührte davon her, dass er s.ich
der erhabenen Linie statt der geraden, der vertieften statt des
Winkels bediente. Es mangelte ihm an dem kräftigen Geschmack
des Raphael, an dem erhabenen und charakteristischen, der sich
in den Antiken offenbart. Indessen ist die Zeichnung: des Corres:-
gio durchaus nicht so fehlerhaft, wie Einige behaupten wollten, denn
er ist unleugbar im Besitze einer und zwar der idealsten Voll-
kommenheit, nämlich der Grazie.

II.

Von dem Helldunkel des Correggio.

In diesem Haupttheile der Kunst erreichte Correggio die
höchste Stufe, und man kann sich mit Recht über die Blindheit der
Maler wundern, die nur sein Colorit loben, während dieses doch
durchaus nicht den Inbegriff seiner Vorzüge bildet. Hätten sie ihre
Kunst gehörig studirt, so mussten sie einsehen, dass dieses Man-
nes grösste Stärke in der Rundung und in der Wahrheit des Hell-
dunkels liegt, und dass er, wenn man ihm diese beiden Eigen-
schaften entzöge, dem Giorgione, dem Titian und dem van
Dyk nachstehen müsste. Aber die der Rundung in seinem beständig
 
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