Apelles.
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letzteres Werk (s. u.) sich dieser symbolisiren-
den Kunstrichtung eng anschliesst.
Ganz gehören derselben zwei andere Alex-
ander bilder an: der König mit C'astor, Pol-
lux, Victoria, indem hier Alexander gewisser-
massen als neuer Helios gefeiert wird; und der
König auf dem Triumphwagen nebst der Per-
sonifikation des Krieges, welcher, die
Hände auf den Rücken gebunden, auf Waffen
sitzt. Beide Gemälde hatte Augustus auf seinem
Forum in Rom aufgestellt. Claudius liess statt
der Köpfe des Alexander die des Augustus ein-
setzen : Plin. xxxv. 27, 93; Serv. ad Verg.
Aen. i. 294. — Eine reine Allegorie endlich war
das Gemälde der Verleumdung, welches Lu-
cian (calumn. non tem. cred. 4) in folgender
Weise beschreibt: »Rechts sitzt ein Mann mit
grossen Ohren, dem Midas darin fast vergleich-
bar, welcher der Diabole (der Verleumdung)
schon von fern die Hand entgegenstreckt. Ihm
zur Seite stehen zwei Weiber: Agnoia und
Hypolepsis (Unwissenheit und Argwohn), wie es
scheint. Von der anderen Seite schreitet die
Diabole heran, ein prächtig schönes Weib, et-
was hitzig und erregt, wie um Wuth und Zorn
zu zeigen. In der Linken trägt sie eine bren-
nende Fackel ; mit der Rechten schleppt sie einen
Jüngling bei den Haaren herbei, der die Hände
zum Himmel erhebt und die Götter zu Zeugen
anruft. Es geht ihnen aber voran ein bleicher
und ungestalteter Mann, mit scharfem Blicke
und einem Ansehen, als sei er von langer Krank-
heit abgezehrt. Man wird ihn für Phthonos (den
Neid) erklären müssen. Noch zwei andere folgen
als Geleiterinnen und Genossinnen der Diabole.
Sie wurden mir vom Periegeten erklärt als Epi-
bulesis und Apate (List und Täuschung). Hinten
endlich folgte noch eine ganz traurig angethane
Gestalt in schwarzem Kleide und ganz zerrissen:
Metanoia (die Reue), glaube ich, wurde sie ge-
nannt. Sie wandte sich weinend rückwärts und
blickte voll Schaam auf die sich nahende Aletheia
(die Wahrheit)«. Ueber die Veranlassung zu
diesem Bilde theilt Lucian eine längere Erzälung
mit; dass Apelles durch seinen Nebenbuhler
Antiphilus bei Ptolemaeus der Verrätherei be-
schuldigt und vor dem Zorn des Königs nur
durch das freiwillige Geständniss eines Ver-
schworenen gerettet worden sei; dass der König
seinen Zorn bereuet, den Künstler entschädigt
und dieser dann das Bild zum Andenken gemalt
habe. Die Einzelnheiten der Erzälung leiden
an historischen Ungenauigkeiten, und wenn ihr
auch etwa ein gespanntes Verhältniss zu Ptole-
maeus und die Nebenbulerschaft des Antiphi-
lus als Thatsache zu Grunde liegen mögen, so
darf sie doch in ihrer Ausführung auf Glaub-
würdigkeit keinen Anspruch machen, sondern
als ein Periegetenmärchen betrachtet werden.
Dadurch aber sind wir noch nicht berechtigt, die
Existenz des Gemäldes selbst zu leugnen, in
dessen Beschreibung sich nichts findet, was an
sich künstlerischer Darstellbarkeit widerspräche.
Die weitere Frage, ob das Bild, wenn auch exi-
stirend, doch mit Recht dem Apelles zugeschrie-
ben werden dürfe, wird erst bei der Würdigung
seiner geistigen Eigenthümlichkeit beantwortet
werden können. Vgl. übrigens Blümner, Studien
zu Lucian, p. 42.
Von Heroendarstellungen wird genannt das
Bild eines nackten Heros, »durch welches er
die Natur selbst zum Wettstreite herausfor-
derte« ; ausserdem wurde ihm beigelegt (eiusdem
arbitrantur manu esse) ein Herakles im Tem-
pel der Anna oder der Antonia: obwol er vom
Beschauer abgewendet dargestellt war, so
glaubte man doch das Gesicht mehr wirklich zu
sehen, als nur zu ahnen: Plin. xxxv. 94.
Weit zahlreicher sind die Bildnisse, nament-
lich die des Philipp und Alexander, welche
sämmtlich aufzuzälen Plinius unterlässt. Äusser
den beiden schon erwähnten grösseren Darstel-
lungen des Alexander wird besonders gefeiert:
der König mit dem Blitz im Tempel der Artemis
zu Ephesus: Plin. xxxv. 92; Plut. de Alex. M.
virt. 2; Cic. in Verr. iv. 60, 135; (über Kolorit
und Zeichnung s. u.). Gewiss irrthümlich bezieht
Aelian v. h. u. 3 auf dieses Bild die oben er-
wähnte Erzälung von dem wiehernden Pferde.
Andere Bildnisse führt Plin. xxxv. 93 u. 96 an:
»Clitus mit seinem Rosse in den Krieg eilend
und ein Knappe, welcher ihm den Helm reicht;
Habron in Samos; Menander, König von
Karien in Rhodus (oder nach anderer Interpunk-
tion : Habron und Menander in Samos; der
König von Karien in Rhodus); ferner A n t a e u s
und in Alexandria der Tragöde Gorgosthenes;
Neoptolemus von seinem Rosse gegen die
Perser (kämpfend); Archelaus mit Weib und
Tochter; Antigonus im Panzer mit seinem
Pferde vorschreitend. Die Kenner ziehen allen
seinen Werken denselben König im Panzer vor«.
Die meisten dieser Persönlichkeiten gehören der
Umgebung Alexander’s an, so Antigonus, Ar-
chelaus, Clitus, wahrscheinlich »der Schwarze«,
welcher Alexander am Granicus das Leben ret-
tete. Neoptolemus ist wahrscheinlich dei’ Führer
der Leibwache, der sich bei der Erstürmung von
Gaza hervorthat, Menander der von Alexander
zum Satrapen von Lydien ernannte Hetäre (s.
Pauly, Realencyclopädie unter Neoptolemus und
Menander). Sonst nicht bekannt sind Habron,
Antaeus und Gorgosthenes, und ungewiss bleibt,
welcher König von Karien gemeint ist, sofern
nicht etwa Plinius den Menander irrthümlich als
solchen bezeichnet. Oefter erwähnt wird von
allen diesen Bildern nur das des Antigonus, be-
sonders wegen der Art, wie Apelles die Ein-
äugigkeit des Mannes zu verbergen verstanden
hatte (s. u.). Es befand sich nach Strabo xiv. 657
im Asklepieion zu Kos, und da es dieser Schrift-
steller als »den« Antigonus des Apelles bezeich-
net, so ist wol anzunehmen, dass der Antigonus
thoracatus cum equo incedens und der sedens in
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letzteres Werk (s. u.) sich dieser symbolisiren-
den Kunstrichtung eng anschliesst.
Ganz gehören derselben zwei andere Alex-
ander bilder an: der König mit C'astor, Pol-
lux, Victoria, indem hier Alexander gewisser-
massen als neuer Helios gefeiert wird; und der
König auf dem Triumphwagen nebst der Per-
sonifikation des Krieges, welcher, die
Hände auf den Rücken gebunden, auf Waffen
sitzt. Beide Gemälde hatte Augustus auf seinem
Forum in Rom aufgestellt. Claudius liess statt
der Köpfe des Alexander die des Augustus ein-
setzen : Plin. xxxv. 27, 93; Serv. ad Verg.
Aen. i. 294. — Eine reine Allegorie endlich war
das Gemälde der Verleumdung, welches Lu-
cian (calumn. non tem. cred. 4) in folgender
Weise beschreibt: »Rechts sitzt ein Mann mit
grossen Ohren, dem Midas darin fast vergleich-
bar, welcher der Diabole (der Verleumdung)
schon von fern die Hand entgegenstreckt. Ihm
zur Seite stehen zwei Weiber: Agnoia und
Hypolepsis (Unwissenheit und Argwohn), wie es
scheint. Von der anderen Seite schreitet die
Diabole heran, ein prächtig schönes Weib, et-
was hitzig und erregt, wie um Wuth und Zorn
zu zeigen. In der Linken trägt sie eine bren-
nende Fackel ; mit der Rechten schleppt sie einen
Jüngling bei den Haaren herbei, der die Hände
zum Himmel erhebt und die Götter zu Zeugen
anruft. Es geht ihnen aber voran ein bleicher
und ungestalteter Mann, mit scharfem Blicke
und einem Ansehen, als sei er von langer Krank-
heit abgezehrt. Man wird ihn für Phthonos (den
Neid) erklären müssen. Noch zwei andere folgen
als Geleiterinnen und Genossinnen der Diabole.
Sie wurden mir vom Periegeten erklärt als Epi-
bulesis und Apate (List und Täuschung). Hinten
endlich folgte noch eine ganz traurig angethane
Gestalt in schwarzem Kleide und ganz zerrissen:
Metanoia (die Reue), glaube ich, wurde sie ge-
nannt. Sie wandte sich weinend rückwärts und
blickte voll Schaam auf die sich nahende Aletheia
(die Wahrheit)«. Ueber die Veranlassung zu
diesem Bilde theilt Lucian eine längere Erzälung
mit; dass Apelles durch seinen Nebenbuhler
Antiphilus bei Ptolemaeus der Verrätherei be-
schuldigt und vor dem Zorn des Königs nur
durch das freiwillige Geständniss eines Ver-
schworenen gerettet worden sei; dass der König
seinen Zorn bereuet, den Künstler entschädigt
und dieser dann das Bild zum Andenken gemalt
habe. Die Einzelnheiten der Erzälung leiden
an historischen Ungenauigkeiten, und wenn ihr
auch etwa ein gespanntes Verhältniss zu Ptole-
maeus und die Nebenbulerschaft des Antiphi-
lus als Thatsache zu Grunde liegen mögen, so
darf sie doch in ihrer Ausführung auf Glaub-
würdigkeit keinen Anspruch machen, sondern
als ein Periegetenmärchen betrachtet werden.
Dadurch aber sind wir noch nicht berechtigt, die
Existenz des Gemäldes selbst zu leugnen, in
dessen Beschreibung sich nichts findet, was an
sich künstlerischer Darstellbarkeit widerspräche.
Die weitere Frage, ob das Bild, wenn auch exi-
stirend, doch mit Recht dem Apelles zugeschrie-
ben werden dürfe, wird erst bei der Würdigung
seiner geistigen Eigenthümlichkeit beantwortet
werden können. Vgl. übrigens Blümner, Studien
zu Lucian, p. 42.
Von Heroendarstellungen wird genannt das
Bild eines nackten Heros, »durch welches er
die Natur selbst zum Wettstreite herausfor-
derte« ; ausserdem wurde ihm beigelegt (eiusdem
arbitrantur manu esse) ein Herakles im Tem-
pel der Anna oder der Antonia: obwol er vom
Beschauer abgewendet dargestellt war, so
glaubte man doch das Gesicht mehr wirklich zu
sehen, als nur zu ahnen: Plin. xxxv. 94.
Weit zahlreicher sind die Bildnisse, nament-
lich die des Philipp und Alexander, welche
sämmtlich aufzuzälen Plinius unterlässt. Äusser
den beiden schon erwähnten grösseren Darstel-
lungen des Alexander wird besonders gefeiert:
der König mit dem Blitz im Tempel der Artemis
zu Ephesus: Plin. xxxv. 92; Plut. de Alex. M.
virt. 2; Cic. in Verr. iv. 60, 135; (über Kolorit
und Zeichnung s. u.). Gewiss irrthümlich bezieht
Aelian v. h. u. 3 auf dieses Bild die oben er-
wähnte Erzälung von dem wiehernden Pferde.
Andere Bildnisse führt Plin. xxxv. 93 u. 96 an:
»Clitus mit seinem Rosse in den Krieg eilend
und ein Knappe, welcher ihm den Helm reicht;
Habron in Samos; Menander, König von
Karien in Rhodus (oder nach anderer Interpunk-
tion : Habron und Menander in Samos; der
König von Karien in Rhodus); ferner A n t a e u s
und in Alexandria der Tragöde Gorgosthenes;
Neoptolemus von seinem Rosse gegen die
Perser (kämpfend); Archelaus mit Weib und
Tochter; Antigonus im Panzer mit seinem
Pferde vorschreitend. Die Kenner ziehen allen
seinen Werken denselben König im Panzer vor«.
Die meisten dieser Persönlichkeiten gehören der
Umgebung Alexander’s an, so Antigonus, Ar-
chelaus, Clitus, wahrscheinlich »der Schwarze«,
welcher Alexander am Granicus das Leben ret-
tete. Neoptolemus ist wahrscheinlich dei’ Führer
der Leibwache, der sich bei der Erstürmung von
Gaza hervorthat, Menander der von Alexander
zum Satrapen von Lydien ernannte Hetäre (s.
Pauly, Realencyclopädie unter Neoptolemus und
Menander). Sonst nicht bekannt sind Habron,
Antaeus und Gorgosthenes, und ungewiss bleibt,
welcher König von Karien gemeint ist, sofern
nicht etwa Plinius den Menander irrthümlich als
solchen bezeichnet. Oefter erwähnt wird von
allen diesen Bildern nur das des Antigonus, be-
sonders wegen der Art, wie Apelles die Ein-
äugigkeit des Mannes zu verbergen verstanden
hatte (s. u.). Es befand sich nach Strabo xiv. 657
im Asklepieion zu Kos, und da es dieser Schrift-
steller als »den« Antigonus des Apelles bezeich-
net, so ist wol anzunehmen, dass der Antigonus
thoracatus cum equo incedens und der sedens in