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Apelles.
equo bei Plinius .sich auf ein und dasselbe Bild
beziehen, welches nur irrthiimllch aus zwei ver-
schiedenen Quellen citirt wird. — Auf ein
Selbstporträt des Künstlers bezieht sich
ein unbedeutendes Epigramm: Anall. m. 218,
314. Heber seinen Antheil am Bilde des Aristra-
tos s. u. Melanthios. — Von Frauenporträts ken-
nen wir nur das schon erwähnte derPankaste,
welches von Lucian (Imagg. 7) wegen des nicht
zu weissen, sondern leicht wie vom Blut gerö-
theten Kolorits gepriesen wird.
Ausserdem führt Plinius an: den Festzug
des Megabyzos, des ephesischen Artemis-
priesters, und Bilder von Sterbenden (exspi-
rantium imagines): xxxv. 93 u. 90.
Werthlos sind die Erzählungen über die falsch
gemalten unteren Augenwimpern, so wie über
den durch einen glücklichen Zufall gelungenen
Schaum am Munde eines Pferdes, indem die erste
wol mit besserem Beeilte von Mikon, die zweite
in ganz gleicher Weise von Protogenes und Neal-
kes berichtet wird: Aelian. nat. anim. iv. 50;
Dio Chrysost. orat. 63, 4; Sext. Empir. Pyrrhon.
hypoth. i. 28.
Endlich ist anzuführen, dass er in einer an
seinen Schüler Perseus gerichteten Schrift seine
Kunst theoretisch behandelte : Plin. xxxv. 79 u.
111. Plinius führt dieselbe unter den Quellen
seines 35. Buches an, benutzte sie aber wol mehr
indirekt als direkt.
III. Charakteristik des Künstlers.
Bei den überschwänglichen Lobsprüchen, mit
denen Apelles fast als der Inbegriff aller Voll-
endung in der Malerei gepriesen wird, darf nicht
vergessen werden, dass unsere Nachrichten über
ihn uns sämmtlich durch Römer und spätere
Griechen überliefert und mehr durch den Kunst-
geschmack der späteren Zeit bedingt sind, als
dass in ihnen versucht wäre, das Verdienst des
Künstlers in kritischer und historischer Richtung
bestimmt zu begrenzen. Sie dürfen also nicht
ohne Weiteres und ihrem einfachen Wortlaute
nach als maaßgebend anerkannt, sondern müs-
sen allgemeineren Gesichtspunkten untergeord-
net und an diesen geprüft werden. Bei jedem
Kunstwerke aber ist zwischen dem poetischen
Inhalte und zwischen der formellen künstle-
rischen Gestaltung und Darstellung zu unter-
scheiden.
Betrachten wir also zuerst die Werke des
Apelles mit Rücksicht auf ihren poetischen In-
halt, so finden wir unter ihnen kein einziges,
in welchem eine lebhafte und energische, dra-
matisch bewegte Handlung oder That unter Auf-
gebot sei es gewaltiger physischer Kräfte, sei
es starker geistiger oder tragischer Affekte zur
Darstellung gekommen wäre. Am meisten
mochte lebendige Bewegung noch im Bilde der
Artemis und ihres Nymphenchors herrschen.
Aber war diese Bewegung einem bestimmten,
auf einen geistigen oder ethischen Mittelpunkt ge-
richteten Handeln untergeordnet? Gewiss war
es nur auf die künstlerisch vollendete Gestal-
tung der einzelnen Figuren und ihre Verbindung
zu schönen Gruppen abgesehen, wobei Artemis
und ihre Nymphen fast nur den Stoff hergaben,
ohne dass die religiöse und sittliche Bedeutung
der Göttin hier wesentlich in Betracht gekom-
men wäre. Die übrigen Götterbilder waren ver-
einzelte Gestalten in der Erscheinung eines vol-
lendeten Daseins, darunter Tyche und Charis
Wesen von wenig entwickelter geistiger Indi-
vidualität. Aphrodite aber erscheint trotz oder
vielmehr wegen der Beschäftigung der Hände
mit ihrem Haar fast noch mehr auf ihr eigenes
Sein zurückgezogen, als selbst die Aphrodite des
Praxiteles, welche durch ihr Bedachtsein auf die
Wahrung ihrer Züchtigkeit die Existenz einer
sie umgebenden Aussenwelt wenigstens in der
Idee voraussetzt. Bei den beiden Heroenbildern,
wo wir am ersten eine bestimmte Handlung
voraussetzen sollten, wird einer solchen nicht
einmal mit einem Worte gedacht. Auch in dem
Festaufzuge des Megabyzos kam gewiss weit
weniger der geistige Inhalt, als die künstler-
ische Darstellung, der Glanz und Reichthum des
Festgepränges in Betracht. Um so auffälliger
kann es erscheinen, dass mehrere Bildnisse, die
des Clitus, Neoptolemus, Antigonus, wenigstens
nicht einfach Porträtbilder sind, sondern durch
Umgebung und Beiwerk, wie namentlich durch
ihre Rosse, sich in einer lebendigeren Bewegung
darstellen. Aber warum wird von Apelles, dem
Maler des kriegerischen Alexander, kein
Schlachtbild, nicht einmal eine eigentliche
Kampfszene angeführt? Es soll eben in jenen
Bildnissen nicht eine bestimmte, individualisirte
Handlung, ein bestimmter historischer Moment
dargestellt, sondern nur die einzelne Gestalt
durch ihre Umgebung charakterisirt werden:
wir sehen den Clitus, der (stets) schnell bereit
zum Kampfeist, den Neoptolemus, der (stets)
thatkräftig in den Kampf eingreift. Wir erken-
nen hier zuerst, wenn auch nur im Keime, die
Neigung zu symbolischer Auffassung, die in an-
deren Werken weit bestimmter hervortritt: so
im Bilde des Alexander, welcher den Blitz hält
und dadurch dem Zeus allerdings gleich gesetzt
wird, aber doch nicht gleich ist. Es war nicht
der wirkliche Alexander, wie ihn im ausge-
sprochenen Gegensätze zu Apelles Lysipp dar-
gestellt hatte mit der Lanze, durch die er sich
den Erdkreis unterjocht (Plut. de Is. et Osir. 24),
sondern ein als Zeus gedachter, eben so wie dem
mit den Dioskuren verbundenen wahrscheinlich
die Idee des Helios zu Grunde lag. Mag daher
in dem Triumphbilde die gefesselte Figur wirk-
lich als Kriegsdämon gemeint gewesen oder nur
als Repräsentant der von Alexander besiegten
Barbaren zu fassen sein, immer handelt es sich
auch hier nicht um eine rein poetisch-ideelle,
sondern um eine symbolische Gestalt, die ihre
Entstehung weniger der Phantasie, als dem ab-
Apelles.
equo bei Plinius .sich auf ein und dasselbe Bild
beziehen, welches nur irrthiimllch aus zwei ver-
schiedenen Quellen citirt wird. — Auf ein
Selbstporträt des Künstlers bezieht sich
ein unbedeutendes Epigramm: Anall. m. 218,
314. Heber seinen Antheil am Bilde des Aristra-
tos s. u. Melanthios. — Von Frauenporträts ken-
nen wir nur das schon erwähnte derPankaste,
welches von Lucian (Imagg. 7) wegen des nicht
zu weissen, sondern leicht wie vom Blut gerö-
theten Kolorits gepriesen wird.
Ausserdem führt Plinius an: den Festzug
des Megabyzos, des ephesischen Artemis-
priesters, und Bilder von Sterbenden (exspi-
rantium imagines): xxxv. 93 u. 90.
Werthlos sind die Erzählungen über die falsch
gemalten unteren Augenwimpern, so wie über
den durch einen glücklichen Zufall gelungenen
Schaum am Munde eines Pferdes, indem die erste
wol mit besserem Beeilte von Mikon, die zweite
in ganz gleicher Weise von Protogenes und Neal-
kes berichtet wird: Aelian. nat. anim. iv. 50;
Dio Chrysost. orat. 63, 4; Sext. Empir. Pyrrhon.
hypoth. i. 28.
Endlich ist anzuführen, dass er in einer an
seinen Schüler Perseus gerichteten Schrift seine
Kunst theoretisch behandelte : Plin. xxxv. 79 u.
111. Plinius führt dieselbe unter den Quellen
seines 35. Buches an, benutzte sie aber wol mehr
indirekt als direkt.
III. Charakteristik des Künstlers.
Bei den überschwänglichen Lobsprüchen, mit
denen Apelles fast als der Inbegriff aller Voll-
endung in der Malerei gepriesen wird, darf nicht
vergessen werden, dass unsere Nachrichten über
ihn uns sämmtlich durch Römer und spätere
Griechen überliefert und mehr durch den Kunst-
geschmack der späteren Zeit bedingt sind, als
dass in ihnen versucht wäre, das Verdienst des
Künstlers in kritischer und historischer Richtung
bestimmt zu begrenzen. Sie dürfen also nicht
ohne Weiteres und ihrem einfachen Wortlaute
nach als maaßgebend anerkannt, sondern müs-
sen allgemeineren Gesichtspunkten untergeord-
net und an diesen geprüft werden. Bei jedem
Kunstwerke aber ist zwischen dem poetischen
Inhalte und zwischen der formellen künstle-
rischen Gestaltung und Darstellung zu unter-
scheiden.
Betrachten wir also zuerst die Werke des
Apelles mit Rücksicht auf ihren poetischen In-
halt, so finden wir unter ihnen kein einziges,
in welchem eine lebhafte und energische, dra-
matisch bewegte Handlung oder That unter Auf-
gebot sei es gewaltiger physischer Kräfte, sei
es starker geistiger oder tragischer Affekte zur
Darstellung gekommen wäre. Am meisten
mochte lebendige Bewegung noch im Bilde der
Artemis und ihres Nymphenchors herrschen.
Aber war diese Bewegung einem bestimmten,
auf einen geistigen oder ethischen Mittelpunkt ge-
richteten Handeln untergeordnet? Gewiss war
es nur auf die künstlerisch vollendete Gestal-
tung der einzelnen Figuren und ihre Verbindung
zu schönen Gruppen abgesehen, wobei Artemis
und ihre Nymphen fast nur den Stoff hergaben,
ohne dass die religiöse und sittliche Bedeutung
der Göttin hier wesentlich in Betracht gekom-
men wäre. Die übrigen Götterbilder waren ver-
einzelte Gestalten in der Erscheinung eines vol-
lendeten Daseins, darunter Tyche und Charis
Wesen von wenig entwickelter geistiger Indi-
vidualität. Aphrodite aber erscheint trotz oder
vielmehr wegen der Beschäftigung der Hände
mit ihrem Haar fast noch mehr auf ihr eigenes
Sein zurückgezogen, als selbst die Aphrodite des
Praxiteles, welche durch ihr Bedachtsein auf die
Wahrung ihrer Züchtigkeit die Existenz einer
sie umgebenden Aussenwelt wenigstens in der
Idee voraussetzt. Bei den beiden Heroenbildern,
wo wir am ersten eine bestimmte Handlung
voraussetzen sollten, wird einer solchen nicht
einmal mit einem Worte gedacht. Auch in dem
Festaufzuge des Megabyzos kam gewiss weit
weniger der geistige Inhalt, als die künstler-
ische Darstellung, der Glanz und Reichthum des
Festgepränges in Betracht. Um so auffälliger
kann es erscheinen, dass mehrere Bildnisse, die
des Clitus, Neoptolemus, Antigonus, wenigstens
nicht einfach Porträtbilder sind, sondern durch
Umgebung und Beiwerk, wie namentlich durch
ihre Rosse, sich in einer lebendigeren Bewegung
darstellen. Aber warum wird von Apelles, dem
Maler des kriegerischen Alexander, kein
Schlachtbild, nicht einmal eine eigentliche
Kampfszene angeführt? Es soll eben in jenen
Bildnissen nicht eine bestimmte, individualisirte
Handlung, ein bestimmter historischer Moment
dargestellt, sondern nur die einzelne Gestalt
durch ihre Umgebung charakterisirt werden:
wir sehen den Clitus, der (stets) schnell bereit
zum Kampfeist, den Neoptolemus, der (stets)
thatkräftig in den Kampf eingreift. Wir erken-
nen hier zuerst, wenn auch nur im Keime, die
Neigung zu symbolischer Auffassung, die in an-
deren Werken weit bestimmter hervortritt: so
im Bilde des Alexander, welcher den Blitz hält
und dadurch dem Zeus allerdings gleich gesetzt
wird, aber doch nicht gleich ist. Es war nicht
der wirkliche Alexander, wie ihn im ausge-
sprochenen Gegensätze zu Apelles Lysipp dar-
gestellt hatte mit der Lanze, durch die er sich
den Erdkreis unterjocht (Plut. de Is. et Osir. 24),
sondern ein als Zeus gedachter, eben so wie dem
mit den Dioskuren verbundenen wahrscheinlich
die Idee des Helios zu Grunde lag. Mag daher
in dem Triumphbilde die gefesselte Figur wirk-
lich als Kriegsdämon gemeint gewesen oder nur
als Repräsentant der von Alexander besiegten
Barbaren zu fassen sein, immer handelt es sich
auch hier nicht um eine rein poetisch-ideelle,
sondern um eine symbolische Gestalt, die ihre
Entstehung weniger der Phantasie, als dem ab-