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Meyer, Johann Heinrich
Die bühnenschriftstellerische Tätigkeit des Freiherrn Wolfgang Heribert v. Dalberg — Heidelberg: Buch- und Kunstdruckerei von Carl Pfeffer, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.56547#0071
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Zu den äusserlichen Mitteln empfindsame Stimmungen zu
erwecken gehört es, dass die handelnden Personen ihre Rührung
und Tränen anzeigen oder diese Erscheinung bei andern be-
merken. Als Gustav Adolph zum Kriege aufbricht, erklärt er,
dass er sehr gerührt sei bei dem Gedanken die Geliebte ver-
lassen zu müssen.’) Die Soldaten können bei der Vereinigung
der Liebenden ihre Tränen nicht mehr zurückhalten: „Wir
weinen selten, wir Soldaten, es ist aber kein Soldat, den diese
rührende Begebenheit nicht eine Träne koste.* 2) Im Montesqieu
sind die gleichen Mittel angewandt. „Gerührt schien er. In
Tränen schwammen seine Augen.“3) „Mein Kind, du bist zu
sehr gerührt.“4) „Ihr Beifall macht mich stolz und rührt mein
Herz.“5) Die Rührung wird auch als Anweisung für den Schau-
spieler angemerkt. Belmont (heftig gerührt): „Sehen Sie diese
Träne, die meinem Auge entquillt.“ 6)
Typische Beispiele, wie durch Ueberlastung eines einzelnen
mit Unglück Rührung zu erwecken versucht wird, sind im
„Mönch vom Garmel“ zu finden.
Die traurige — nicht tragische! — Geschichte Walloris,
der Angriff auf sein Leben, seine fünfzehn Jahre dauernde
Kerkerhaft wird dreimal ausführlich vorgetragen. Neben ihm
aber erscheint Hildebrand noch beklagenswerter. Er ist krank
und schwach, leidet an schwerem Seelenkampf und ist erfüllt
von nagender Reue. Dazu noch die schwere häusliche Heim-
suchung, die er selbst erzählt:
„Schwer über mir, schwer über meinem Haupte
Hing Gottes Hand seit fünfzehn Trauerjahren.
Fünf Söhne raubte plötzlich mir der Tod;

1) Walwais und Adelaide II, 7. IV, 2.
2) Walw. und Adelaide V, 7.
3) Montesquieu I, 1.
4) Ebda. I, 2.
5) „ I, 4.
6) „ I, 4 a. a. 0.

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