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Schlick, Jutta; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
König, Fürsten und Reich: (1056 - 1159) ; Herrschaftsverständnis im Wandel — Mittelalter-Forschungen, Band 7: Stuttgart, 2001

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34721#0203
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Die Fürsten als Träger des Reichs und Garanten der Ordnung

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mguz cf gccUszac, die neben ihrem Recht auf freie Wahl das wichtigste Anliegen der
Fürsten bei der Wahl Lothars von Süpplingenburg gewesen war, wurde zur ge-
meinsamen Leitidee, schuf einen Grundkonsens zwischen Herrscher und Großen,
die sich auf ein gemeinsames Ziel verpflichtet hatten".
Unter Konrad III. setzte sich die Zusammenarbeit von Fürsten und Herrscher
fort, wenn auch nicht in dem Maß wie unter seinem Vorgänger. Das teilweise un-
glückliche Vorgehen des Staufers, seine Entschlußunfreudigkeit, die manches Mal
zu Unfrieden im Reich führte, zwangen die Großen, sich wieder verstärkt für die
Reichsinteressen einzusetzen: So ging beispielsweise die - freilich nur vorüberge-
hende - Einigung im Streit um das Herzogtum Bayern 1142 entscheidend auf ihre
Initiative und Vermittlung zurück^. Als Konrad sich zum Kreuzzug entschloß und
seinen Sohn zum Mitkönig erheben lassen wollte, stimmten die Fürsten aus Sorge
um das Reich zu, das während der Abwesenheit des Königs Schaden hätte nehmen
können"'. Wenn also unter Friedrich Barbarossa eine - als fortschrittliche bewertete
- intensivierte Einbindung der Fürsten in die Reichsgeschäfte konstatiert wird"*, so
liegen die Anfänge weniger bei ihm und in seiner Zeit als vielmehr in der Entwick-
lung eines neuen fürstlichen Selbstverständnisses seit Beginn des 12. Jahrhunderts.
Gleich zu Beginn der Regierungszeit Friedrichs I. stellten insbesondere die welt-
lichen Fürsten erneut ihr Verantwortungsbewußtsein unter Beweis. Anstatt sich dem
Wunsch Friedrichs und der geistlichen Fürsten zu beugen und sofort zu der schon
unter Konrad III. geplanten Italienfahrt aufzubrechen, erwirkten sie einen Aufschub
dieses Unternehmens unter Verweis auf die angespannte Situation im Reich. Erst
sollten die ungeklärten Verhältnisse, allen voran die welfischen Ansprüche auf das
Herzogtum Bayern, geregelt werden, bevor man sich den italienischen und päpstli-
chen Angelegenheiten zuwandte, denen die Geistlichen zu diesem Zeitpunkt offen-
bar einen Vorrang einräumtenU Barbarossa seinerseits nahm die anstehenden Pro-
bleme tatkräftig in Angriff und fand unter Mitwirkung der Großen schon bald
Lösungen, die - fast - alle Seiten zufrieden stellten. Sogar im Streit um das Herzog-
tum Bayern wurde mit dem >Privilegium minus< eine dauerhafte Einigung erreicht^.
Während anhand von Hoftagen und Königswahlen die Entwicklung des fürst-
lichen Verantwortungsbewußtseins für das Reich und ihre Idee der Handlungsge-
meinschaft aufgezeigt werden konnten, vollzog sich parallel dazu ein innerer Pro-
zeß in der Fürstengemeinschaft. In der Anfangsphase der Auseinandersetzungen
zwischen Herrscher und Großen hatten vor allem die weltlichen Fürsten den Wi-
derstand gegen Heinrich IV. getragen, nur vereinzelt hatten sich auch Geistliche der
Opposition angeschlossen. Das änderte sich, als Heinrich V. bei dem Versuch, mit
dem Papst eine Einigung im Investiturstreit zu erzielen, dem Episkopat sämtliche
Regalien entziehen wollte. Angesichts dieser existenziellen Bedrohung ihres Status
entwickelten die Reichsbischöfe und -äbte ein neues Bewußtsein als Reichsfürsten
und begannen, ihre Rolle im Reichsgefüge aktiver wahrzunehmen. Als sich daher

41 Vgl. oben insbesondere S. 107f.
42 Vgl. oben S. 151 f.
43 Vgl. dazu S. 153f.
44 Vgl. LiNDNER, Fest und Herrschaft, S. 166f.
45 Vgl. oben S. 170.
46 Vgl. dazu vor allem AppBLT, Privilegium minus.
 
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