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Schlick, Jutta; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
König, Fürsten und Reich: (1056 - 1159) ; Herrschaftsverständnis im Wandel — Mittelalter-Forschungen, Band 7: Stuttgart, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.34721#0204
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König, Fürsten und Reich - Eine Schlußbetrachtung

um 1115 erneut eine Opposition gegen den König formierte, standen diesmal die
geistlichen Fürsten, allen voran der Mainzer Erzbischof, an der Spitze der Wider-
standsbewegung. Der Prozeß der Eingliederung des Episkopats in die Reichsord-
nung war bereits 1122 abgeschlossen, die Verankerung seiner Stellung war das ei-
gentliche, wesentliche Ergebnis der Einigung zwischen Herrscher und Papst, das im
Wormser Konkordat festgehalten wurdeV
Eine zweite Entwicklung verlief innerhalb der gesamten Fürstenschaft und läßt
sich besonders bei den Wahlen von 1125 und 1138 erkennen: die Herausbildung ei-
ner Gruppe von »Prinzipalwählern«, die zwar noch nicht allein, aber doch vor an-
deren Anteil an der Entscheidung über den künftigen Herrscher hatten. Erste Indi-
zien gibt das Einladungsschreiben der Fürsten zur Wahl 1125, dessen Absender
nahezu identisch sind mit den EJnterzeichnern des Wormser Konkordats^. Das Ver-
fahren der eiecho per ccwzproün'ssMm scheint ebenfalls den Trend zu einem festen
Wählergremium anzukündigenV Erneut, und diesmal deutlicher, wird anläßlich
der Wahl Konrads III. auf eine Gruppe von bevorrechtigten Fürsten angespielt, de-
ren Mitwirken in dieser wie in anderen Reichsangelegenheiten als wichtig empfun-
den wurdeV Dabei stand der Kreis der »Prinzipalwähler« zu diesem Zeitpunkt al-
lerdings noch keineswegs fest, er war vielmehr abhängig von Ansehen und Einfluß
der jeweiligen Personen. Dennoch lassen sich hier die ersten Anfänge einer >Insti-
tutionalisierung< erkennen, die in der Herausbildung des Kurfürstenkollegs dann
ihren Abschluß fand.

und /lonor - eine Idee im Wandel
Noch auf einer dritten Stufe kann man in den hier betrachteten hundert Jahren einen
Prozeß des Wandels feststellen, wenn er auch schwerer zu fassen ist als die Entwick-
lung des königlichen und fürstlichen Selbstverständnisses, weil es sich um die ideelle
Ebene handelt, die sich meist nur indirekt erschließen läßt. Dennoch ist gerade sie von
zentraler Bedeutung, denn die gemeinsamen Leitideen trugen nicht nur wesentlich
zur Ausformung der Fürstengemeinschaft bei, sie entschieden zudem über Konsens
oder Dissens zwischen Herrscher und Großen, sie waren die obersten Werte des
Reichs. Es ist bezeichnend, daß die Formulierung der Idee der Eintracht von Reich
und Kirche (concordza regm ef ecdgsMg), die bis in die Zeit Konrads III. hinein wirksam
blieb, erstmals in der Phase der Auseinandersetzung mit Heinrich IV. von einem op-
positionellen Fürsten, von Rudolf von Rheinfelden, formuliert wurde^', der wenig
später von der Fürstengemeinschaft selbst zum König erhoben werden sollte.
Alle künftigen Aktivitäten, die die Großen im Interesse des Reichs unternah-
men, waren von dem Ziel getragen, die rechte Ordnung wiederherzustellen, das
Verhältnis von Kirche und Reich, von König und Kurie zu bereinigen. Die Friedens-

47 Vgl. HEINEMEYER, König und Reichsfürsten, S. 17.
48 Vgl. oben S. 85f.
49 Vgl. S. 90.
50 Vgl. dazu oben S. 140.
51 Seine Aussage ist nur indirekt aus einer Antwort des Papstes zu rekonstruieren; vgl. oben
S. 30f.
 
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