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Schlick, Jutta; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
König, Fürsten und Reich: (1056 - 1159) ; Herrschaftsverständnis im Wandel — Mittelalter-Forschungen, Band 7: Stuttgart, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.34721#0131
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Das königliche Selbstverständnis Lothars III.

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spruch der Fürsten auf freie Wahl umgingt. Denn dabei stellte sich nicht zuletzt
auch die Frage nach dem Fortbestand all seiner Leistungen und nach einer eigenen
DynastiegründungW

Das königliche Selbstverständnis Lothars III.
Da Lothar III. keinen eigenen Sohn besaß, der die Familie hätte fortführen können,
richteten sich seine Hoffnungen auf die einzige Tochter Gertrud. Zwischen ihr und
dem Sohn des bayerischen Herzogs, Heinrich dem Stolzen, wurde schon während
oder doch wenigstens unmittelbar nach der Wahl des Süpplingenburgers eine Ehe-
verabredung getroffen^. Die enge Verbindung, die diese 1127 vollzogene Heirat
zwischen dem König und dem Welfen herstellte, kann durchaus als >Weichenstel-
lung< für die Zukunft verstanden werden, denn fortan traten der König und sein
Schwiegersohn als Handlungsgemeinschaft auf. Diese kündigte sich sogar schon im
Vorfeld der Hochzeit an: Bereits auf einer Fürstenversammlung in Goslar zu Beginn
des Jahres 1126 soll Lothar seinen künftigen Schwiegersohn mit dem Herzogtum
Sachsen belehnt haben'W Auch wenn es wohl zunächst lediglich ein formeller Akt
war - zum ersten und während der Regierungszeit Lothars auch einzigen Mal be-
trat der nominelle >Herzog< Sachsen 1134'"' so besaß er doch einen hohen pro-
grammatischen Aussagewert: Der Welfe sollte in Sachsen Nachfolger des Süpplin-
genburgers werden.
Nun könnte man dies einfach als >Familienpolitik< betrachten, denn schließlich
war es nicht ungewöhnlich, einen künftigen Familienangehörigen durch Gunstbe-

193 Vgl. ÜAUDAGE, Symbole der Politik, S. 91.
194 Schon SCHMALE, Lothar III. und Friedrich I., S. 130, hat mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß
man die Herrschaft Lothars nicht vor dem Hintergrund der nachfolgenden staufischen Dyna-
stie betrachten und bewerten darf, sondern natürlich davon ausgehen muß, daß Lothar selbst
den Grundstock für eine neue Dynastie legen wollte. Vgl. ähnlich auch PETKE, Lothar von Süp-
plingenburg, S. 176; WADLE, Reichsgut, S. 19.
195 Vgl. dazu schon oben S.88f.
196 Annales S. Disibodi, ad a. 1126, S. 23: Fih'MS dacis Baioan'ae dacafa Saxonias a rege donafar. Zur
Glaubwürdigkeit dieser Quelle vgl. RI IV/1.1, Nr. 115, S. 75f. Hier auch die Zusammenstellung
der übrigen Quellenzeugnisse, darunter die Historia Welforum, c. 16, S. 30: Ipso uero ad nnpera-
forem reoersns dacatam Saxoniae, Non'mberch, Greding ei omnin bene/icia, <?aae imperaior ab episcopis
ei abbahbas babnii, snscepii ac rebeiiionem in Fn'den'cam dncem, sororis snae mariinm, poBicefar. Vgl.
auch ScHNEiDMÜLLER, Große Herzoge, S. 54, der allerdings vorsichtig einräumt, daß »ein ab-
schließender Beweis aufgrund der Quellenlage« noch aussteht. - Ob dabei die Initiative von Lo-
thar selbst ausging oder ob nicht eher Heinrich der Stolze hier Forderungen stellte, die ihm der
König nicht abschlagen konnte, wird sich zwar nicht entscheiden lassen, doch sollte man im-
merhin auch die zweite Möglichkeit in Betracht ziehen.
197 Vgl. PETKE, Kanzlei, S. 198f. Bezeichnenderweise finden sich Heinrich der Stolze und seine Frau
Gertrud in einer Urkunde erwähnt, die Lothar III. zugunsten des Hausklosters St. Michaelis in
Lüneburg ob remediam aaim^ nostre can'ssanepae coaiagis wosfre Ricb;az$ imperafn'cis ausstellte
(D LIII. 64), also gewissermaßen in >Familienangelegenheiten<. Petke führt die Zurückhaltung
Heinrichs in Sachsen darauf zurück, daß es eine »Aufgabenteilung« zwischen dem König und
seinem Schwiegersohn gegeben habe, die Heinrich »vornehmlich den Süden als Betätigungs-
feld zuwies« (RI IV/1.1, Nr. 115, S. 75).
 
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