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Schlick, Jutta; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
König, Fürsten und Reich: (1056 - 1159) ; Herrschaftsverständnis im Wandel — Mittelalter-Forschungen, Band 7: Stuttgart, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.34721#0074
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62

Dudina regni dlscordla - Das entzweite Reich (1077-1125)

richs IV. die Fürsten die Reichsinsignien von ihm zurückforderteirV Das muß dem Ge-
danken der göttlichen Herkunft von Herrschaft keineswegs widersprechen, im Gegen-
teil, diese Idee kam der religiösen Überzeugung der Großen sogar entgegen, Streiter des
Herrn zu sein und in seinem Namen zu handeln. In dieser überhöhten, religiösen Di-
mension offenbarte sich schließlich die ganze Tragweite des fürstlichen Wahlrechts,
denn in der Entscheidung über die Idoneität des Königs lag nun nicht mehr, wie noch
1077, >nur< die Verantwortung für das Reich, sondern zugleich die Verantwortung für
die Gewähr des rechten und einheitlichen Glaubens im Reich.

Gescheiterte Ideale: 1111 und die Folgen
Die neue »Heilsgemeinschaft« von König und Fürsten^, die 1106 hoffnungsvoll die
Geschicke des Reichs in die Hand genommen hatte, war auch in den folgenden Jah-
ren immer wieder um das Wohl des Reichs bemüht. Ihr Ziel war die Wiederherstel-
lung der Eintracht, sowohl im Hinblick auf die Zusammenarbeit von Herrscher und
Großen als auch auf die Beilegung des Zerwürfnisses von Regnum und Sacerdo-
tium. Die zunehmende Bedeutung der Hoftage als Ausdruck des intensivierten Zu-
sammenwirkens im Interesse des Reichs ist Zeugnis dieses Bemühens^. Die Er-
wähnung der Großen als Intervenienten und Zeugen in den königlichen Diplomen
nahm ebenfalls deutlich zu und belegt ihr gesteigertes Engagement am Hof N Doch
läßt sich unter Heinrich V. eine Gruppe ausmachen, die dem Herrscher offenbar be-
sonders nahe stand und vor den anderen Großen Einfluß auf die Geschicke des
Reichs nehmen konnte. Diese Gruppe setzte sich aus dem engsten Kreis der adligen
Reformer zusammen, die den Sturz Heinrichs IV. maßgeblich betrieben hatten, al-
len voran Graf Berengar von Sulzbach und Pfalzgraf Gottfried von Calw^G Neben
ihnen treten in den Diplomen besonders die Erzbischöfe Friedrich von Köln und
Bruno von Trier, die Bischöfe Burchard von Münster, Otto von Bamberg und Erlung
von Würzburg sowie Graf Hermann von Winzenburg als Helfer des jungen Königs
hervor, ab 1108 auch Herzog Friedrich II. von Schwaben und ab 1111 Markgraf Her-
mann von Baden. Von großer Bedeutung war schließlich Adalbert von Saarbrücken,
den Heinrich V. noch 1106 zu seinem Kanzler erhob und dessen Einfluß auf die Po-
litik des Saliers nicht unterschätzt werden darf V Das Wirken dieses Personenkrei-

265 ERDMANN, Briefe Heinrichs IV., Nr. 39, S. 56:... nisi sine nlla confradich'ono omnia rogni inslgnla r e d -
derem ex uoinnlalo et imperlo principMm.JahrzehntespätersollteHelmoldvonBosau,
Slawenchronik, c. 32, S. 62, - freilich aus einem weiter fortgeschrittenen Verständnis heraus -
bei der Schilderung der Ereignisse von 1106 dem Mainzer Erzbischof die Worte in den Mund
legen: Nonne officn nosfri est regen! consecrare, consecrolMM inoesiire? Qnod igifnr principani decreto
Impendere licet, eornmden! nMctonfafe tollere non licei? Quem meritMM inoestiuimMS, innnerifun! ^nare
non dioestiamns? Vgl. dazu Hum, Reichsinsignien, S. 328. Und auch im Vorfeld der Wahl Lo-
thars von Süpplingenburg sind es die Fürsten, die die Insignien zunächst zurück erhalten, wie
die Annales Stadenses, ad a. 1126, S. 322 berichten: Eridericns (...) regalla principilms reddidit.
266 WEiNFURTER, Reformidee, S. 21.
267 Vgl. oben S. 50ff.
268 Vgl. WEiNFURTER, Reformidee, S. 32 mit Anm. 158.
269 Vgl. ebd., S. 22f. mit Anm. 109.
270 Vgl. HAUSMANN, Reichskanzlei, S. 11. Siehe auch die weiteren Literaturangaben unten in Anm.
333.
 
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