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Schlick, Jutta; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
König, Fürsten und Reich: (1056 - 1159) ; Herrschaftsverständnis im Wandel — Mittelalter-Forschungen, Band 7: Stuttgart, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.34721#0015
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Einleitung
König, Fürsten und Reich -
Eine Einführung in das Thema

Das 12. Jahrhundert gehört seit jeher nicht gerade zu den Stiefkindern der Me-
diävistik. In den letzten Jahren aber läßt sich eine neue Entwicklung in der For-
schung beobachten: Erst kürzlich hat Bernhard Schimmelpfennig den aktuellen For-
schungsstand zu den vielfältigen Aspekten des Verhältnisses von König, Fürsten,
Reich und Papst zusammengefaßF, und von Hagen Keller liegt eine umfassende
Gesamtdarstellung des 12. Jahrhunderts voF. Beide dokumentieren, wie sich, auf-
bauend auf den älteren politisch-verfassungsrechtlichen Untersuchungen, in jüng-
ster Zeit ein neuer Ansatz in der Forschung durchsetzt, der stärker auf das Regel-
system, das Zusammenwirken und Funktionieren der mittelalterlichen Gesellschaft
abhebt. Verstärkt stehen nun das Mitwirken der Großen an der Herrschaft und auch
die Gruppe der Beherrschten selbst im Mittelpunkt des Interesses, nachdem die äl-
tere Forschung immer wieder vom König ausgehende Gesellschafts- und Herr-
schaftsmodelle entworfen hat. Diese neuen Ansätze der Erforschung »konsensualer
Herrschaft«^ sollen für die vorliegende Arbeit über das Selbstverständnis von Herr-
scher und Reichsfürsten, ihre Handlungsmotivationen, Herrschaftskonzeptionen
und Ideen fruchtbar gemacht werden.
Dabei wird der Schwerpunkt der Untersuchung auf den Königswahlen und
den Hoftagen liegen, mit dem Ziel, so ein möglichst breites Spektrum der Tnterak-
tion< von Herrscher und Großen einzufangen und zugleich ihren Ideen, Idealen und
Motivationen möglichst nahe zu kommen. Diese Akzentsetzung wird zum einen
von der Quellenlage selbst nahegelegt, die gerade zu den Königserhebungen ein so-
lides Fundament bieteP. Zum anderen aber ist sie von der Überlegung bestimmt,
daß zwischen dem Tod des alten und der Wahl des neuen Herrschers die Idealvor-
stellungen vom König vermutlich am klarsten hervortreten und die Fürsten sowie
ihre Anliegen an dieser >Nahtstelle< so deutlich wie sonst nie in den Vordergrund
des Geschehens treten: Denn bei den Wahlen bestimmten sie - zumindest theore-
tisch - mit der Entscheidung über den künftigen König zugleich auch über die Zu-
kunft des Reichs. Die Hoftage dagegen dienten traditionell eher der Repräsentation
der Einheit von Herrscher und Fürsten, als Gelegenheiten des Austauschs während
einer Herrschaftsperiode und boten den Großen damit die Möglichkeit der Ein-
flußnahme auf die Politik. Ihre Ideen und Konzeptionen werden sich daher am ehe-

1 SCHIMMELPFENNIG, Könige und Fürsten, Kaiser und Papst.
2 KELLER, Zwischen regionaler Begrenzung und universalem Horizont.
3 ScHNEiDMÜLLER, Konsensuale Herrschaft.
4 Vgl. die Zusammenstellung der einschlägigen Quellenstellen durch BÖHME in: Die deutsche
Königserhebung.
 
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