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Schlick, Jutta; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
König, Fürsten und Reich: (1056 - 1159) ; Herrschaftsverständnis im Wandel — Mittelalter-Forschungen, Band 7: Stuttgart, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.34721#0111
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Die neue Eintracht von Fürsten und Herrscher

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der Bereitschaft der Großen zum Konsens, in der Zurückstellung persönlicher In-
teressen bewiesen sie jedoch erneut ihr Verantwortungsbewußtsein dem Reich ge-
genüber. Nun richtete sich der Blick darauf, wie der neue König diese gemeinsame
Idee, die die Großen - also auch ihn selbst - nach dem Tod Heinrichs V. bewegt
hatte, nämlich die Eintracht von Kirche und Reich wiederherzustellen, wie er die-
ses Ziel verwirklichen wollte. Vielleicht ist gerade die Handlung, die ihn die ältere
Forschung als »Pfaffenkönig« stigmatisieren ließ*"', als ein erstes Zeichen zu bewer-
ten: Die Annalen des Klosters Disibodenberg bei Bingen vermerken zum Jahr 1125,
daß Lothar Legaten zum Papst geschickt habe, die um die Bestätigung seiner Wahl
nachsuchen sollten^. Und aus einem Schreiben Papst Innozenz' II. an die deutschen
Fürsten erfahren wir, daß sein 1130 verstorbener Vorgänger Honorius II. kraft sei-
ner apostolischen Autorität diesem Wunsch nachgekommen und Lothar zur Kai-
serkrönung nach Rom eingeladen habe - um die Einheit der Kirche zu wahren und
den Zustand des Reichs zu bessern, wie es in dem Brief wörtlich heißtA Nicht aus
Arglosigkeit gegenüber der Kurie^ oder um Erzbischof Adalberts Einfluß zurück-
zudrängeiW, sondern als Zeichen seiner Bereitschaft für die Zusammenarbeit zwi-
schen Reich und Kurie hatte Lothar III. diese >Grundsatzerklärung< beim Antritt sei-
ner neuen Würde abgegeben, und er dürfte damit dem Wunsch aller entsprochen
haben.

Die neue Eintracht von Fürsten und Herrscher
Das Ende der salischen Dynastie war eine Zäsur, die wohl bereits von den Zeitge-
nossen als solche wahrgenommen wurde. Schon die Wahl des neuen Herrschers
war weit mehr als nur ein personeller Wechsel an der Spitze des Reichs gewesen, es
war ein Wandel der Königs- und der Herrschaftsidee, der sich hier niedergeschla-
gen hatte. Doch dieser Ideenwandel erforderte auch eine tiefgreifende Umstruktu-
rierung der tatsächlichen Herrschaftsordnung^, und so war die folgende Zeit ge-
prägt von einer intensiven Zusammenarbeit zwischen Fürsten und Herrscher, in
der um eine Neuordnung des Reichsgefüges und der Königsherrschaft gerungen

61 Vgl. dazu FUHRMANN, Deutsche Geschichte, S. 134.
62 Annales S. Disibodi, ad a. 1125, S. 23: Legat: pro coaf:La:aado rege Romam aüüanfar Gerhardas car-
diaaüs, Caraeracensis et Vhdaaensis gpiscop:'. Auch wenn diese Nachricht umstritten ist - vgl.
PETKB, Lothar von Süpplingenburg, S. 163 so ergänzt sie sich doch mit der tatsächlich erfolg-
ten Bestätigung durch den Papst, gegen die Lothar ja offenbar auch keinen Protest einlegte.
63 Regesta Pontificum Romanorum, Bd. 1, Nr. 7413, S. 843: Pre&cessor sayaidem aosfer, feü'cis merno-
r;'ae papa Hoaon'as, pro anitate ecctesiae coaseruaada et sfafa hapern :'n raeüas re/ormaado, <?aod a uoH's
de eo Jactara Jaerat, aacforftate aposfoh'ca conf;'r?aao:'f, tpsam^ae pro sasc:'p;'eada napen'nüs d;'ga;'fat:'s pie-
attadiae f.. J ad sedem nposfoücaar euocaott. - Vgl. dazu SoMERViLLE, Pope Honorius II., S. 343.
64 So PETKE, Lothar von Süpplingenburg, S. 163.
65 Vgl. STOOB, Zur Königswahl, S. 454, Anm. 71.
66 Vgl. etwa WADLE, Reichsgut, S. 123: »Die staatsrechtliche Ausnahmesituation< am Ende der sa-
lischen Epoche bildete den konkreten Anlaß zur Besinnung auf das, was Rechtens sein sollte.«
SCHMALE, Lothar III. und Friedrich I., S. 126: »Er [sc. der Nachfolger Heinrichs V.] war ge-
zwungen eine neue Grundlage an Stelle von Autorität und Sakralität zu suchen. Er mußte auf
einer säkularisierten Grundlage vorwiegend mit Hilfe rechtlicher Bindungen das Verhältnis des
Königs zum Adel wieder ordnen.«
 
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