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Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Rogge, Jörg [Bearb.]
Fürstin und Fürst: Familienbeziehungen und Handlungsmöglichkeiten von hochadeligen Frauen im Mittelalter ; [Referate, die vom 20. bis 23. März 2002 im Rahmen eines Symposiums mit dem Titel "Fürstin und Fürst. Rollenverständnis, Handlungsspielräume und Konfliktverhalten in den Geschlechterbeziehungen des hohen und fürstlichen Adels im Mittelalter und am Beginn der Frühen Neuzeit in europäischer Perspektive" im Erbacher Hof (Mainz) vorgetragen und diskutiert worden sind] — Mittelalter-Forschungen, Band 15: Ostfildern, 2004

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Birkmeyer, Regine,: Aspekte fürstlicher Witwenschaft im 15. Jahrhundert. Die versorgung der Witwe im Spannungsfeld der Territorialpolitik am Beispiel der Margarethe von Savoyen (1420-1479)
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https://doi.org/10.11588/diglit.34729#0306
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Aspekte fürstlicher Witwenschaft im 15. Jahrhundert

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allerdings ohne Erfolg.7" Dass er sich nun, weil er sich nicht mehr anders zu helfen
wusste, doch an Friedrich gewandt hatte, was er bislang weit von sich gewiesen
hatte, musste Margarethe schwer treffen. Immerhin war es ihm aber offensichtlich
ein Bedürfnis, die Herrin auf dem Laufenden zu halten. Gleichzeitig bekundete er ihr
seine große Trauer über den Tod von Frau und Kindern, und wahre Verzweiflung
spricht aus seinen Worten: got zuolt, das ich Meckmuln nie gesehen het, das myn liehe hus-
fro selig und kinder noch lepten. Eine Replik auf ihre Worte ersparte er ihr nicht: wenn
sie auch eine warme Stube gehabt hätten, wären sie wohl von der Krankheit ver-
schont geblieben. Dass er bei aller Kritik nach wie vor an einem guten Verhältnis und
an ihrem Wohlwollen interessiert war, zeigt sein Bemühen, die vil spitzig wort, die mir
von den uwern gesehen, nicht auf Margarethe zu beziehen und zugleich ihre Erinne-
rung an seine treuen Dienste seinerzeit für ihren kurfürstlichen Gemahl und nun-
mehr für sie selbst wachzuhalten: die schult sy nit uwer gnaden, denn uwer gnad weiß
wol, wie getrulich ich uwer gnaden gemahel herzog ludwig selig gedint han, auch uwer gna-
den, do uwer gnad mangel hett, gelt entlehet, myn getreyd uwer gnaden gelihen. Ihr Amt in
Frieden zu halten, sei ihm allerdings, wiederum ein harter Vorwurf des Desinteres-
ses, nur durch den Pfalzgrafen möglich gewesen, on hilff myns herrn von Wirtenberg
und uiver. Weil er den Eindruck habe, dass sie dies alles nicht zur Kenntnis nehmen
wolle, kündigte er ihr sein Kommen an, um mündlich Bericht zu erstatten.76
Ihre Reaktion darauf verrät nun in der Tat eine berechnendere Haltung Marga-
rethes, als man sie möglicherweise erwartet hätte. Sie drückte ihm nur knapp ihr
Beileid aus und bat ihn im übrigen um Verständnis, dass sie ihn im Augenblick lie-
ber auf seinem Platz in Möckmühl wusste, unser sloß in disen louffen zu versorgen, als
ihn am Hof zu empfangen, hinzufügend: wann sich dann die louff zugut schicken,
machst du dich wol zu uns fugen." Die Worte lange aufgestauter Verbitterung deuten
darauf hin, dass das Vertrauen zwischen der Gräfin und dem Amtmann in ihrem
Wittum zu dieser Zeit schon dauerhaft geschädigt gewesen sein muss. Die wenigen
weiteren Briefe des Rosenbergers bis zum Ende der Witwenherrschaft legen, ohne
ganz konkret zu werden, Zeugnis darüber ab, dass er sich dem Vorwurf ausgesetzt
sah, zum Schaden seiner Herrin gehandelt und beispielsweise auch Einkünfte nicht
ordnungsgemäß an sie weitergeleitet zu haben, und es steht zu vermuten, dass dies
durchaus mit seiner Kontaktaufnahme zum Territorialherrn Friedrich zusammen-
hing. Die Teile des Wittums, um die es eigentlich im Streit zwischen Margarethe und
Friedrich zunächst überhaupt nicht ging, wurden somit indirekt doch hineingezo-
gen und boten dem Pfalzgrafen einen weiteren Ansatzpunkt für sein Vorgehen.78

75 HStA Stuttgart, A 602 U 260, 13, B. 8 (1461 Dezember 22): ... so han ich zu wegen bracht, das myn
gnediger herr, der pfalgraff, den von Rohikeim [Roigheim, Kr. Heilbronn, R.B.] geschriben hat ernst-
lich, zu holzen, jene wollens aber noch zur zyt nit thun.
76 HStA Stuttgart, A 602 U 260,13, B. 8 (1461 Dezember 22).
77 HStA Stuttgart, A 602 U 260,13, B. 6 (Nürtingen, 1461 Dezember 25).
78 Leider ist beim derzeitigen Kenntnisstand nicht zu ermitteln, von welcher Seite die Initiative
ausging; denkbar wäre durchaus ein verstärktes pfälzisches Interesse an den Gebieten der
Witwe nach Ausbruch des Konflikts.
 
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