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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0177
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Krönungsordines

Einzelfall durchaus vorkam, die Kurfürsten also der alleinige Adressat der Frage wa-
ren, zeigt der bei der Krönung Friedrichs III. verwendete deutsche Text, mit dem vom
Fragestellenden selbst vorgenommenen Eintrag: Ufa scrjMcnh'a ego TihwanüMS predzcfus
dzxz ad dommos decfores, worauf folglich sodcni aNc/arsUn antworten; ja, ja, ja."^ Auch die
Thronsetzungsformel hebt besonders die Bedeutung der Wahl durch die pnnczpes sen
etectores z'n rc^no aleznanze hervor - nach den Zusätzen in manchen Handschriften sind es
wohl allein diese, die den König zu seinem Gang in die Oberkirche zur Inthronisation
begleitend" Expressis verbis erscheint die Gruppe der Kurfürsten dann ein drittes Mal
bei der Gabendarbringung vor der Kommunion: Nicht nur König und Königin, sondern
auch die Erzbischöfe von Mainz und Trier sowie, von diesen noch einmal abgegrenzt,
die »anderen Wahlfürsten« (postea atä pnnczpes etectores) schreiten »nach ihrem Rang
und ihrem Amt« (secMüdum ^radum et q^fzcmm smiw) zum Altar.
An diesen Stellen des Ordo, bei denen neben dem König und den Geistlichen auch
das Volk in Erscheinung tritt, zeigt sich deutlich die gewandelte und stärker ausdiffe-
renzierte Struktur des spätmittelalterlichen Reichs, in dem die Kurfürsten von den üb-
rigen Fürsten klar abgesetzt waren. Gleichzeitig nehmen die Fürsten insgesamt auch
dem König gegenüber eine stärkere Stellung ein, wie an der Thronsetzungsformel, der
Erweiterung der an den König gerichteten Fragen oder auch an den Veränderungen der
Gebete und Segnungen deutlich wird. Augenfällig wird dies zum Beispiel in der Umge-
staltung der Segnung am Ende der Krönung, wenn nicht mehr darum gebeten wird,
dass die Untertanen dem Befehl des Königs in treuer Liebe gehorchen mögen (/zdeE
amore obscrjacnlcs/cxcrjacnfcs).
Der Ablauf der Krönung bietet in Verbindung mit den hier herausgearbeiteten, in
der bisherigen Forschung zu wenig beachteten Unterschieden des spätmittelalterlichen
Ordo zu seinen Vorgängern ein anschauliches Bild des gewandelten Gefüge des Reichs
und seiner Ordnungsvorstellungen. Dies wird sowohl auf der Ebene der gesprochenen
Texte, dem Inhalt der Gebete und Formeln, als auch in den Handlungen deutlich und
betrifft gleichzeitig den König, die Geistlichen, die die Weihe vollzogen, und die übri-
gen Teilnehmer der Krönung. Auch das Reich selbst erscheint im Ordo als eigene Größe,
wenn in einer der neu aufgenommenen Fragen der König aufgefordert wird, die Rechte
des König- und Kaiserreichs (mra regHZ cf zmpenz) sowie dessen Güter zu bewahren und
getreu zu verwenden beziehungsweise sogar zurückzugewinnen.""' Im inneren Ord-
nungsgefüge des Reichs grenzten andererseits die Kurfürsten ihre eigene Position ge-
genüber dem König wie auch gegenüber den übrigen Fürsten ab, wobei hier wiederum
die drei geistlichen Kurfürsten besonders hervorgehoben sind. Unter diesen nahm der
Kölner Erzbischof als der rechtmäßige Koronator im Bezug auf die einzelnen Krönungs-
akte die zentrale Stellung im Ordo ein, doch war er keineswegs der einzig Handelnde:
Gerade beim Aufsetzen der Krone wird die Kollegialität der drei geistlichen Kurfürsten

369 Berlin, Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA Rep I. A 2, f. 36v = RTA 16,
Nr. 102, S. 180, c. 5, Z. 22-31 (rechte Spalte).
370 Vgl. oben, Anm. 254. Dass mit den pn'acz'pes allein die Kurfürsten gemeint sind, ergibt sich aus
dem Sprachgebrauch des Ordo und besonders aus der Parallelformulierung beim Gang zum
Altar.
371 Vgl. dazu oben, Anm. 218: Mag diese Formulierung auch an die ältere Formel der Schwertüber-
gabe angelehnt sein, so geht sie in ihrer Deutlichkeit weit darüber hinaus und spiegelt ein ande-
res Verständnis des Reichs wider.
 
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