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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0178

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Zusammenfassung

163

durch die gemeinsame Handlung wie durch das gemeinsame Sprechen der Formeln
unverkennbar zum Ausdruck gebracht. Dass dieser Akt - und nicht zum Beispiel die
Salbung - gewählt wurde, um den konsensualen Charakter der Herrschererhebung zu
betonen, lässt erkennen, dass mittlerweile die Krönung selbst als entscheidende Se-
quenz des gesamten Rituals betrachtet wurdet
In dieser Handlung wie in der bei der Thronsetzung gesprochenen Formel zeigt
sich wohl am deutlichsten der Wandel in den Ordnungskonfigurationen des Reichs: In
der Wahlmonarchie des Spätmittelalters kam den Kurfürsten als Gliedern des Reichs
die herausragende Bedeutung und Stellung zu, die auch im Ablauf der Königskrönung
ihren Niederschlag fand. Das Reich hatte weiterhin einen Monarchen an seiner Spitze,
doch war es die vorangehende Wahl, die ihn hierzu befähigte, so dass die Königswähler
auch im Ritual der Krönung an entscheidender Stelle in Erscheinung traten. Die verän-
derte Ordnung und Ordnungsvorstellung sind im spätmittelalterlichen >Aachener
Ordo< externalisiert und festgeschrieben worden, in den dortigen Bestimmungen fan-
den sie ihren komprimierten Ausdruck und ihre Umsetzung im Hinblick auf die ritu-
elle wie politische Praxis.

4.5 Zusammenfassung: Die Veränderung der Krönungsordines
im Verlauf des Mittelalters

Der Ordo für die Krönung der römisch-deutschen Könige erfuhr im Verlauf des Mittel-
alters zahlreiche Überarbeitungen und Umgestaltungen, was auf den sich wandelnden
Charakter von Königtum und Reich verweist. Die Forschung hat dabei gemeinhin zwar
einzelne Abweichungen erkannt und hervorgehoben, den Wandel des gesamten Ritu-
als jedoch meist heruntergespielt und stattdessen einen im wesentlichen unverändert
geblieben Ablauf angenommen.^ In der Tat blieben die einzelnen Sequenzen des Ri-

372 Siehe hierzu auch unten, Kapitel 7.4.
373 Siehe zum Beispiel ERKENS, Anmerkungen über die Sakralität des Reiches, S. 235: »Als der alte,
um 960 geschaffene und durch das Ideengut des 9. und 10. Jahrhunderts geprägte Krönungs-
ordo wohl 1309 den neuen Verhältnissen angepaßt worden ist, hat man es jedenfalls nicht für
nötig befunden, die herrschaftstheologischen Partien zu ändern.«; GussoNE, Ritus, Recht und
Geschichtsbewußtsein, S. 40, weist zwar auf die geänderte Thronsetzungsformel hin, bemerkt
aber selbst für das Aufsetzen der Krone nur das gemeinsame Sprechen der drei rheinischen
Erzbischöfe: »Sonst ist der Text im wesentlichen unverändert geblieben.«; SEMMLER, Weihe des
deutschen Königs, S. 133 mit Anm. 194: »Die Königserhebung ... zelebrierte man ... genau so,
wie es das Kapitel LXXII des Pontificale Romano-Germanicum aus dem ottonischen Mainz vor-
schrieb«, »nur die >Standespredigt< (Sta et retine amodo locum) ist gegenüber dem 10. Jahrhun-
dert geändert«; RoGGE, Die deutschen Könige im Mittelalter, S. 104 nennt zwar die »hauptsächli-
chen Unterschiede«, beschränkt sich dabei jedoch auf den äußeren Handlungsablauf; Ricr,
Music and Ritual, S. 257, mit dem Fazit: »Despite innumerable changes in the political, cultural,
and musical landscape of the Germanic realm, the Aquensian coronation rite was practiced in
largely the same way throughout its nearly six-hundred-year history« sowie S. 258: »the corona-
tion ceremony seems to have remained essentially unaltered and unalterable«. Zu den Krönun-
 
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