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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0110

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4 Die mittelalterlichen Krönungsordines
des römisch-deutschen Reichs

Unter der Quellengattung der Krönungsordines sind die liturgischen Texte zu verste-
hen, die seit dem 9. Jahrhundert Ausführungen über den Ablauf der Kaiser- und Kö-
nigskrönung machend Zunächst vor allem auf die zu sprechenden Gebete fokussiert
und nur mit kurzen Vermerken über die dazugehörigen Handlungen ausgestattet, ge-
wannen gerade die Rubriken zunehmend an Ausführlichkeit. Die entsprechenden For-
meln wandelten sich nur geringfügig, jedoch teilweise mit erheblichen Bedeutungsver-
schiebungen. Dieser Wandel der Krönungsordines vom 10. zum 14. Jahrhundert soll im
Folgenden aufgezeigt und analysiert werden, wozu sowohl die symbolischen Handlun-
gen als auch die materielle und sprachliche Ebene zu betrachten sind.
Ausgangspunkt hierfür ist der so genannte »Mainzer Ordo«^ des 10. Jahrhunderts,
der selbst wiederum auf ältere Vorlagen der Karolingerzeit zurückgeht und gleichzeitig
die Grundlage für den spätmittelalterlichen Krönungsordo bildete. In leicht divergie-
renden Fassungen überliefert, wurde er im 11. Jahrhundert um einen vom König zu leis-
tenden Eid erweitert, blieb ansonsten aber unverändert. Ging die Forschung bisher stets
davon aus, dass aus dieser um den Krönungseid erweiterten Fassung der spätmittel-
alterliche, gemeinhin auf 1309 datierte Ordo hervorging/ so konnte durch einen Fund
in der Bibliotheque nationale de France eine bisher unbekannte Zwischenstufe ausge-
macht werden. Auf eine Bearbeitung derselben gehen dann die zahlreichen Hand-
schriften des spätmittelalterlichen Ordo zurück. Nach einer eingehenden Behandlung
seiner bisher unzureichend bekannten Entstehungsumstände und -zeit sollen abschlie-
ßend die im Spätmittelalter vorgenommenen Änderungen mit den älteren Textzeugen
verglichen und so dem Wandel des Krönungsrituals wie des umfassenderen politischen
Ordnungsgefüges nachgegangen werden. In welchem Maß die Vorgaben des Ordo in
die spätmittelalterliche Ritualpraxis umgesetzt wurden, wird die Behandlung der ein-
zelnen Herrschererhebungen zeigen/ während für die Interpretation der Ordines
grundsätzliche Prämissen bereits im Zuge der einleitenden methodischen Uberlegun-

1 Siehe hierzu oben, Kapitel 2.3.
2 Der Name darf mittlerweile als die einzig etablierte Bezeichnung gelten. Da die Entstehung im
Kloster St. Alban bei Mainz gesichert ist, wird der Ordo im Folgenden ohne vorangestelltes »so
genannt« als »Mainzer Ordo« bezeichnet.
3 Die Kenntnis des Zwischenschritts in Form der um den Eid erweiterten Handschriften des
Ordo entging hingegen ERKENS, Königskrönung und Krönungsordnung, der hierauf an keiner
Stelle Bezug nimmt und in seinem Anhang den Krönungseid des spätmittelalterlichen Ordo
nicht mit der Vorlage vergleicht (S. 61). Siehe so auch RoGGE, »Tum quia regalis unctio in anima
quicquam non imprimit...«, S. 43.
4 Siehe zusammenfassend unten, Kapitel 6.7.2.
 
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