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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0252

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Albrecht von Habsburg (1298)

237

5.5 Die Herrschererhebung Albrechts von Habsburg (1298)
5.5.1 Der gewaltsame Herrscherwechsel
Trotz seiner schwachen Stellung und den zahlreichen Verpflichtungen gegenüber sei-
nen Wählern zu Beginn der Herrschaft war es Adolf von Nassau bald gelungen, einen
relativ unabhängigen Kurs einzuschlagen und seine Machtbasis zu festigen und zu er-
weitern. Vor allem seine Erwerbspolitik in Thüringen und Meißen führte jedoch zu In-
teressenkonflikten und Spannungen, besonders mit den östlichen Kurfürsten, dem
Markgrafen von Brandenburg, dem Herzog von Sachsen und dem König von Böh-
men.^'' Ein Treffen dieser Kurfürsten mit dem Mainzer Erzbischof anlässlich der Krö-
nung Wenzels II. von Böhmen zu Pfingsten 1297^'° bildete dann auch den Auftakt zu
den spektakulären Ereignissen des kommenden Jahres, die mit der Absetzung Adolfs
von Nassau, seinem Tod in der Schlacht und der Königserhebung Albrechts von Habs-
burg enden sollten.
Die Vorgänge haben zuletzt mehrfach die Aufmerksamkeit der historischen For-
schung gefunden, was zu neuen Sichtweisen und Deutungen geführt hat. Diese blieben
jedoch nicht ohne Widerspruch, so dass die vor allem von Ernst Schubert vorgebrachte
Neubewertung der Ereignisse trotz mancher interessanter Ansätze insgesamt letztlich
nicht überzeugen kann A'' Im Folgenden soll es, entgegen der derzeitigen Tendenz, den

359 SCHUBERT, Absetzung König Adolfs von Nassau, S. 280; PRiETZEL, Das Heilige Römische Reich,
S. 31f. Zu Adolfs Beziehungen zu den Fürsten des Reichs vgl. WALLNER, Zwischen Königsabset-
zung und Erbreichsplan, S. 63-73.
360 RIVI,2Nr.837.
361 Zu früheren Fällen der Königsabsetzung vor 1298 und deren (kirchen-jrechtlichen und menta-
len Grundlage siehe REXROTH, Tyrannen und Taugenichtse, S. 34-40 sowie insgesamt zum
Thema SCHUBERT, Königsabsetzung im deutschen Mittelalter. REXROTH, Tyrannen und Tauge-
nichtse, behandelt, anders als der Titel nahelegt, die rituellen Formen der Herrscherabsetzung
eher auf allgemeiner Ebene, bietet auf S. 43-49 aber eine Zusammenstellung verschiedener
europäischer Beispiele. Die Absetzung Adolfs von Nassau wird dort nicht eigens erörtert, aus-
führlich jedoch bei REXROTH, Absetzung Adolfs von Nassau, wo wiederum der europäische Ver-
gleichsrahmen herangezogen wird. Nahm die frühere Forschung an, dass die Kurfürsten,
ausgehend von ihrem Wahlrecht, die Absetzung Adolfs von Nassau gezielt betrieben hätten (so
unter anderem TRAUTz, Geschichte und Würdigung König Adolfs von Nassau, S. 30f.; vgl. SCHU-
BERT, Absetzung König Adolfs von Nassau, S. 271-274), so hat Ernst Schubert dagegen unlängst
von einem >Betriebsunfall< gesprochen (ebd., S. 300), bei dem nicht der kurfürstlichen Opposi-
tion, sondern den militärischen Vorgängen die entscheidende Bedeutung zukäme (so auch
SCHUBERT, Königsabsetzung im deutschen Mittelalter, S. 254-269, besonders S. 260: »Die Abset-
zung war Notbehelf, Reflex auf militärische Aktion.«). Während Rexroth dieser Deutung seines
Göttinger Kollegen folgte, hat Jean-Marie Moeglin entschiedenen Widerspruch eingelegt und
überzeugende Argumente dargebracht, dass die Kurfürsten 1298 doch einen bereits zuvor ge-
fassten Plan verfolgten und umsetzten (MoEGLiN, Chute et mort dAdolf de Nassau, S. 153f.,
Nachtrag). Ergänzen ließe sich, dass Albrechts Interesse am Königtum klar aus seiner Anfang
1298 mit dem König von Böhmen getroffenen Übereinkunft hervorgeht, so dass man also wohl
kaum den Grund seines Heerzuges »nicht in vagen Ambitionen auf die Krone, sondern in die-
sem konkreten Kampf um sein [österreichisches, A.B.] Erbe« (SCHUBERT, Absetzung König
Adolfs von Nassau, S. 287f.) sehen kann. Schubert (ebd., S. 291) nimmt aufgrund der späteren
Aussage Albrechts außerdem an, dass dieser die erste Wahl nicht gewollt habe, vernachlässigt
dabei jedoch, dass sich Albrecht gegenüber dem Papst gegen entsprechende Vorwürfe zu recht-
fertigen hatte, seinen Aussagen also keineswegs ohne weiteres Glauben geschenkt werden
 
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