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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0417

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402

Herrschererhebungen des Spätmittelalters

5.10 Die Herrschererhebung Wenzels (1376)

Kaiser Karl IV. gelang, woran Rudolf von Habsburg gescheitert war und was seit Fried-
rich II. kein anderer römisch-deutscher Herrscher mehr erreicht hatte und erst Fried-
rich III. wieder glücken sollte: Die Königswahl und -krönung des Sohnes noch zu Leb-
zeiten des Vaters. Als es dazu kam, hatte Karl bereits ein ereignisreiches Leben hinter
sich, vom Kampf um das Königtum über Italienzug und Kaiserkrönung in Rom, dem
Erlass der Goldenen Bulle und der - seit Friedrich I. nicht mehr geschehenen - Krönung
im Arelat bis zur (zeitweiligen) Rückführung des Papsttums nach Rom. Als der mittler-
weile über fünfzigjährige Kaiser schließlich die Last des Alters zunehmend zu spüren
begann, verstärkte er seine Bemühungen, seinem Sohn Wenzel über die Nachfolge in
Böhmen hinaus auch den römisch-deutschen Königsthron zu sichernV^
»Am Freitag vor dem Sonntag Oculi, am Morgen, haben wir einen kräftigen und
wohlgebildeten Jungen ans Licht dieser Welt gebracht«, berichtete die Mutter Anna von
Schweidnitz über die Geburt ihres Sohnes am 26. Februar 1361 in Nürnberg.'^' Der Kai-
ser, sichtlich erfreut endlich mit einem Sohn beschenkt worden zu sein,'^' berief dar-
aufhin einen Hoftag ein, so dass Wenzel im Beisein fast aller Kurfürsten und zahlrei-
cher weiterer Reichsangehöriger am 11. April aus der Taufe gehoben wurde.'^" Welche
Aspirationen der Kaiser schon früh mit seinem neugeborenen Sohn verband, ist auch
daraus ersichtlich, dass Karl das Gewicht des Kindes in Gold als Weihegeschenk an die
Marienkirche in Aachen sandte'^ - der Grabstätte seines Namenspatrons/^ aber
eben auch dem Krönungsort jedes neuen Königs.
Fast auf den Tag genau fünfzehn Jahre später wurde der damals beabsichtigte,
dann aber doch unausgeführt gebliebene gemeinsame Zug von Kaiser und Sohn von
Nürnberg nach Aachen erneut angekündigt, jedoch unter gewandelten Vorzeichen:

1234 Wie KLARE, Wahl Wenzels, S. 10-46 gegen frühere Forschungen herausgearbeitet hat, setzten
die Bemühungen um Wenzels Nachfolge im Reich bereits kurz nach dessen Geburt ein, bevor
sie 1374 und 1375 in den konkreten Wahlabsprachen mit den Kurfürsten kulminierten.
1235 RI VIII Nr. 3565a.
1236 Aus Karls erster Ehe waren lediglich zwei Töchter hervorgegangen, sein Sohn Wenzel aus zwei-
ter Ehe verstarb bereits ein Jahr nach der Geburt.
1237 RI VIII Nr. 3621a mit der Wiedergabe der Quellen, ebenso Regesten der Erzbischöfe von Köln,
Bd. 6, Nr. 1423. Einzig der Erzbischof von Trier fehlte, doch war auch er durch einen Vikar, mög-
licherweise den späteren Erzbischof Kuno (vgl. KLARE, Wahl Wenzels, S. 11), vertreten. An der
Taufe waren nach Heinrich Taube von Selbach neben dem Erzbischof von Prag auch die Erz-
bischöfe von Köln und Mainz sowie sechs Bischöfe und fünf Abte beteiligt. Zur großen Feier-
lichkeit des Ereignisses trug neben zahlreichen Turnieren und Festen bei, dass die Reichsinsi-
gnien nach Nürnberg gebracht und dort unter Gewährung eines Ablasses öffentlich zur Schau
gestellt wurden. Vgl. zur Geburt Wenzels auch ZoTz, Präsenz und Repräsentation, S. 185-190,
allerdings fälschlich mit der Angabe, Wenzel sei nach seiner Taufe »auf dem Altar der Kirche
mit der Krone« gezeigt worden. Zu den Besuchern des Hoftags siehe außerdem MARTIN, Auf
dem Weg zum Reichstag, S. 351f. sowie ausführlicher ANNAS, Hoftag - Gemeiner Tag - Reichs-
tag, Bd. 2, S. 78-86. Von den bei MARTIN, Auf dem Weg zum Reichstag, behandelten Hoftagen
zwischen 1314 und 1400 weist der Tag zu Nürnberg 1361 die höchste Besucherzahl auf (S. 367).
1238 Heinrich Taube von Selbach, Chronik, S. 117: Post Nc Imperator dz'spozzz'f m'szfaro iz'mz'zza Nato m'rgz-
zzz's A^Hz'sgrazzz, sei zMz'Nraf mz'üoro o)Jerforz'Hm z'Muc pro/z'E'o sno zzafo. Lbzdo zuNf/zlzum pozz&rare m
sfafora cum auro, t?MZ pozzdoramY XVT marcas aurz, t?nas mz'üz'f A^Hz'sgrazzz.
1239 So LiNDNER, Geschichte des deutschen Reiches, Bd. 1, S. 18.
 
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