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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0169

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154

Krönungsordines

men der Datierung näher eingegangen wurdeü' Dieser von Daniel von Wichterich
angefügte Zusatz ergänzt die liturgischen Bestimmungen des Ordo um die Klärung ei-
niger die Krönung betreffender rechtlicher Fragen. Die im Ordo aufscheinenden Ord-
nungsvorstellungen und ihr Wandel äußern sich jedoch vor allem in den am Ritual-
ablauf und -inhalt vorgenommenen Modifikationen, die es im Folgenden zu betrachten
gilt.

4.4.7 Ordnungsvorstellungen. Der Wandel des Reichs im Licht
des spätmittelalterlichen Krönungsordo
Der vom Trierer Weihbischof Daniel von Wichterich auf der Grundlage älterer Vorlagen
erstellte spätmittelalterliche Ordo offenbart an zahlreichen Stellen ein verändertes Ver-
ständnis des Königtums. Daniel knüpfte dabei in vielem an das Trierer Pontifikale des
14. Jahrhunderts an, führte manche Umgestaltungen wie die Formel zur Übergabe des
Ringes oder der Krone weiter und nahm, wie beim Krönungseid, auch Revisionen vor.
Vielfach ging er jedoch auch eigene Wege, sei es in der Gesamtstruktur der Krönung
und ihrer Einbindung in die Messe, sei es in den Bestimmungen über die Salbung und
das gemeinsame Aufsetzen der Krone oder in der komplett umgestalteten Thronset-
zungsformel.
Wie ein roter Faden zieht sich der endgültige Wandel des spätmittelalterlichen
Reichs zu einer Wahlmonarchie und der Aufstieg der Kurfürsten durch die am Ordo
vorgenommenen Umgestaltungen und Neuerungen. So wird jeglicher Bezug auf eine
Erbfolge im Reich vermieden, was sowohl durch die Änderung hierauf direkt Bezug
nehmender Formulierungen, wie ZMshhi pafruw zu ZMshcia predecessorMW, oder besonders
deutlich in der Thronsetzungsformel geschah: Ra rehne awodo locMW reg/nm non
znre /leredzhino necpaferna snccesszone, sed pnnczpnnr sen decfornnr in regno aUwanie hin nos-
cas ddegafMTn.^ Daniel von Wichterich knüpfte hierbei an Tendenzen des Trierer Ponti-
fikales an, in dem bereits nicht mehr die aus den Lenden des Königs hervorgegangen
Könige das ganze Reiche regieren sollen, sondern dieser Wunsch durch die Einfügung
eines Verbs auf den König selbst bezogen wurde. Diese und andere Umgestaltungen
zeugen von einer sehr bewussten Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Gebete. Nur
in den seltensten Fällen nahm Daniel dabei wie bei der Thronsetzung wirklich umfas-
sende Veränderungen vor, und selbst in diesem Fall geschah dies noch im Diskurs mit
den älteren Bestandteilen des Ordo. Insgesamt ist daher ein großer Respekt vor den
überlieferten Formen der Herrscherweihe zu konstatieren. Wo nötig, konnten und
mussten Modifikationen vorgenommen werden, doch bewegten sich diese stets auf der
Basis der Vorlagen und bemühten sich, die geforderten Aktualisierungen bei größtmög-
licher Beibehaltung des Textbestandes vorzu nehmend^

341 Siehe oben, Kapitel 4.4.4.
342 ScHMiDT, Politisches Handeln und politische Programmatik im Dienst der Luxemburger, S. 137
bringt die Betonung des Wahlprinzips fälschlich mit dem Krönungseid und nicht mit der
Thronsetzungsformel selbst in Verbindung.
343 Die große Beständigkeit der Formeln bei gleichzeitiger Anpassung lässt auch das erste Gebet
für die Königin erkennen. Bei diesem wird auch weiterhin auf die vier biblischen Frauen Sara,
 
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