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Büttner, Andreas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Der Weg zur Krone: Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 35,1: Ostfildern, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.34718#0251

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236

Herrschererhebungen des Spätmittelalters

Das Krönungsritual selbst bleibt ebenfalls weitgehend im Dunkeln. Der Krönungs-
tag wird häufig nicht vermerkt, der Koronator nur dreimal - davon einmal falsch - ge-
nannt, und auch die gemeinsame Weihe von König und Königin ist lediglich durch die
nicht unproblematischen Angaben bei Ottokar von Steiermark und Johann von Vik-
tring überliefert. In ähnlicher Weise fehlen jegliche zeitgenössische Nachrichten zu
Empfang, Einzug und Krönungsmahl, während die erste Nachricht über die Beanspru-
chung des königlichen Pferdes bei der Ankunft in Aachen auf einer mehr als ein halbes
Jahrhundert nach den Ereignissen aufgezeichneten Erinnerung beruht, die den Einritt
des Königs selbst wiederum nur streift. Auch Urkunden und Briefe der bei der Krönung
anwesenden oder involvierten Personen tragen nicht zur Ergänzung des Bildes bei, le-
diglich die finanziellen Aspekte der Krönung fanden in diesen Quellen ihren Nieder-
schlag.^ Die aus früheren Krönungen bekannten Elemente von Krönung, Salbung und
Thronsetzung tauchen dann auch weniger als sonst in der Sprachwahl der erzählenden
Quellen auf, jedoch immerhin in den aus der Zeit vor der Wahl beziehungsweise Krö-
nung stammenden königlichen Urkunden.
Vergleicht man die aus den Zeugenlisten erschließbare fürstliche Präsenz in Aa-
chen 1273 und 1292, so scheint Adolfs Krönung nur wenig hinter der seines Vorgängers
zurückgestanden zu haben: Mit mehreren Fürsten aus den umliegenden Landen, den
Bischöfen von Metz, Würzburg und Speyer und zahlreichen weiteren Grafen und Her-
ren war eine ansehnliche Menge an Großen des Reichs zusammen gekommen.^ An-
ders als 19 Jahre zuvor beendete die Wahl des nassauischen Grafen jedoch nicht eine
längere, als königslos wahrgenommene Zeit, und auch die Größe des königlichen wie
fürstlichen Gefolges dürfte bei Adolf sicher nicht die Ausmaße seines Vorgängers ange-
nommen haben. Die begrenzte eigene Machtbasis des neuen Königs, die Beteiligung
von nur vier statt sechs Kurfürsten an der Krönung und ihre getrennte Reise nach Aa-
chen führten dazu, dass Adolfs Königserhebung von Zeitgenossen wie Geschichts-
schreibern zwar bemerkt und verzeichnet, nicht jedoch besonders beachtet oder gewür-
digt wurde. Auch die Kurfürsten selbst hatten offenbar kein starkes Verlangen nach
einer möglichst feierlichen Krönung und den damit verbundenen Möglichkeiten der
Selbstdarstellung und Repräsentation. Sie zogen es stattdessen vor, überhaupt nicht an
den Feierlichkeiten teilzunehmen oder waren vor allem darauf bedacht, die ihnen dabei
entstandenen Kosten vom neuen König erstattet zu bekommen: Zumindest bei der Krö-
nung Adolfs von Nassau siegte das Verlangen nach realem über das Interesse an sym-
bolischem Kapital.

357 Hierfür könnte allerdings mitverantwortlich sein, dass die Wahl Adolfs anders als die seines
Vorgängers ohne die Missachtung des Stimmrechts eines der Kurfürsten vonstattenging, also
auf Seiten des Königs und der ihn unterstützenden Kurfürsten weniger Legitimierungsbedarf
bestand.
358 Zur Beteiligung an der Krönung vgl. die Zeugenliste bei Quix (Hg.), Codex Diplomaticus
Aquensis, Nr. 244, S. 166.
 
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